Miley Cyrus, Joe Bonamassa, Jeff Beck, Eric Clapton: Die Liste der prominenten Bewunderer der Blues-Röhre Beth Hart ist lang. Die Anwesenheitsliste bei ihrem Konzert in der Mannheimer SAP-Arena am Samstagabend hingegen leider eher kurz. Warum es dennoch ein magischer Abend war.
Beth Hart macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. In der Vergangenheit sprach die kalifornische Musikerin immer wieder offen über ihre mentale Gesundheit, darüber, wie sie schon in jungen Jahren den Drogen und dem Alkohol verfiel, wie ihr Vater einst das Haus der Familie verspielte, wie Einbrecher ihre Mutter und Schwester einen ganzen Tag festhielten, wie sie ihre Schwester an AIDS verlor und über ihre bipolare Störung. Das Leben von Beth Hart liest sich in manchen Interviews wie eine Aneinanderreihung an Traumata, die andere längst aus der Bahn geworfen hätten. Das Klischee des leidenden Künstlers, auf Beth Hart trifft es zu.
anzeige
Auch in Mannheim öffnet sich Hart. Spricht zu dem Publikum wie zu einer Runde von guten Freunden. Und sagt, unter großem Applaus: „Ich habe mich noch nie so gut gefühlt wie im Moment“. Dass sie ihre Dämonen im Griff hat, dafür sind dem Vernehmen nach der Glaube und ihr Ehemann Scott mitverantwortlich. Beiden Faktoren widmet Hart an diesem Abend in Mannheim Songs. „Spirit of God“ lässt die SAP-Arena zum Gottesdienst werden, dem geliebten Gatten sind unter anderem Songs wie „You Still Got Me“ gewidmet. Die Nummer im Speziellem fußt auf einer Unterhaltung, die Hart mit ihrem Ehemann einmal hatte und auf einem romantischen Zitat seinerseits. Als Hart die Anekdote dazu erzählt, bricht sie fast in Tränen aus, bewahrt am Ende aber gerade noch die Contenance. Da haben sich offenbar zwei gefunden.
Nur 3000 Zuschauer in der großen Arena
Die Emotionen der Sängerin übertragen sich an diesem Samstagabend ohne Umschweife auch aufs Publikum. Gerade mal 3000 Zuschauer haben den Weg in die SAP-Arena gefunden, sträflich wenig für eine Künstlerin dieser Qualität und Güteklasse, aber das überschaubare Publikum sorgt immerhin für einen intimen Rahmen, in dem die Gefühle besser verfangen können. Hart läuft sogar durchs Publikum, verteilt Umarmungen, ist den Zuschauern nah.
Es sind nicht nur die Themen und das Storytelling, die Texte, die dem Publikum an diesem Abend unter die Haut gehen. Natürlich bewegt einen diese Stimme. Blues-Größe Joe Bonamassa, mit dem Hart ja auch schon ein Album aufgenommen hatte, sagt über sie, sie sei die neue Janis Joplin. Ein Vergleich, den viele schon gezogen haben, der auch auf der Hand liegt, wenn man diese umwerfend raue Kontra-Alt-Stimme hört. Tina Turner und Melissa Etheridge würden einem als Vergleichsgrößen ebenfalls in den Sinn kommen. Auch als kettenrauchende Schwester von Céline Dion könnte sie durchgehen.
Geboten wird an diesem Abend ein rund zweistündiger Ritt durch Harts Backkatalog, von „Broken & Ugly“ (2003) über „Bang Bang Boom Boom“ (2012) oder „If I Tell You I Love You“ und „I Love You More Than You’ll Ever Know“ (2013) bis hin zu Liedern aus dem bis dato neuesten Album „You Still Got Me“ (2024). Letztere bestehen den Live-Abgleich mit den Hart-Klassikern problemlos. Ein Neuling, „Wonderful World“, ist sogar die stärkste Nummer an diesem Abend.
Die weiteren Glanzlichter: „I’ll Take Care of You“, bei dem sich Beth das erste Mal ans Klavier setzt und ein furioses Gitarren-Solo von Jon Nichols alle daran erinnert, dass dieses Element in der heutigen Musik viel zu kurz kommt. „Sugar Shack“ begeistert dann später auch wegen des Schlagzeugspiels von Bill Ransom. Hart lässt ihre Mitmusiker gern glänzen. Auch „Mechanical Heart“ oder „Bad Woman Blues“ bleiben ebenfalls hängen.
Am Ende gibt es noch zwei Zugaben. „Thankful“ und das bereits erwähnte „Wonderful World“. Zwei Songs, die den Zuschauer optimistisch nach Hause schicken – und einen perfekten Schlusspunkt unter eine ebenso intensive wie magische Show setzen
anzeige