Er gilt als Meister der Schnulze: Chris de Burgh. Der in Argentinien geborene Ire hat in seiner 50-jährigen Karriere mehr weit mehr als 300 Songs geschrieben. Vor seinem Konzert im Mannheimer Rosengarten stellen wir Ihnen die zehn Songs von ihm vor, die man kennen sollte.
10. Spanish Train
Subversiv. Blasphemisch. Worte, die man mit dem unangefochtenen König der Schnulze nun nicht unbedingt verbinden würde. Und doch hat Chris de Burgh für den Titelsong seines zweiten Albums „Spanish Train & Other Stories“ 1975 mächtig Feuer bekommen – und zwar in Südafrika. In dem Lied wird beschrieben, wie ein Zug die Seelen der Toten in die Unterwelt transportiert. Wer in der Hölle oder im Himmel landet, entscheiden Gott und Luzifer ausgerechnet beim Glücksspiel. „Gotteslästerung“, befand man seinerzeit in Südafrika. Das Album wurde in dem Land damals daher zeitweise verboten.
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09. A Spaceman Came Travelling
Es muss nicht immer Wham! sein: Auch Chris de Burgh hat in seinem Oeuvre einen Weihnachtssong geschrieben, der durchaus zu den besseren Vertretern dieses mit Kitsch und Zuckerguss überladenen Genres zählt. „A Spaceman Came Travelling“, ebenfalls auf „Spanish Train & Other Stories“ erschienen, wurde ausgerechnet durch die Lektüre von „Erinnerungen an die Zukunft“ (1968) des Schweizer Autors Erich von Däniken inspiriert. In de Burghs eigenwilliger Interpretation der Weihnachtsgeschichte wird der Stern von Bethlehem zum Raumschiff. Ursprünglich war der Song für de Burgh gar kein Hit. Nach dem Erfolg von „Lady in Red“, ein Jahrzehnt später, gönnte de Burgh ihm aber eine Überarbeitung, die seither zur Weihnachtszeit im englischen Radio zum festen Inventar gehört.
08. Flying
Wer hätte gedacht, dass Chris de Burgh seinen ersten veritablen Hit ausgerechnet in Brasilien? War aber so: „Flying“, 1974 veröffentlicht, stand im Land des Samba 17 Wochen lang auf Platz eins der Charts. Die Nummer stammt aus seinem Debütalbum „Far Behind These Castle Walls“, auf dem der Ire noch deutlich folkiger unterwegs war. Die Ballade erschien im Rest der Welt kurioserweise unter dem Titel „Turning Around“.
07. Borderline
Eine Nummer, mit der sich Chris de Burgh in die Herzen der Deutschen spielte. Als im deutschen Fernsehen 1990 nämlich die Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung übertragen wurden, wurde zu einem De-Burgh-Auftritt geschaltet, in der dieser gerade eine emotionale Version der Ballade zum Besten gab. Schon vor dem Mauerfall dachten viele, de Bugh hätte den Song für sie geschrieben. Gleichzeitig dachten die Nordiren, der Song handele vom Nordirland-Konflikt. Im Interview mit „Prisma“ stellte de Burgh aber vor ein paar Jahren klar: „Ich wollte mit dem Song eine Blaupause liefern (…). In Wirklichkeit war er über jedes Land, das von einem Konflikt zerrissen wird. In jedem dieser Konflikte geht es aber am Ende um Menschen, um Individuen.“
06. Missing You
Auch einer dieser de-Burgh-Hits, die im Radio der achtziger und frühen neunziger Jahre rauf und runter gespielt wurden. Die Midtempo-Ballade ist aus heutiger Sicht eigentlich gar nicht so speziell, auf der Insel ging de Burgh damit aber so richtig steil: Top fünf im Vereinigten Königreich, sogar Platz eins in Irland. Erschien 1988 auf „Flying Colours“.
05. Where Peaceful Waters Flow
Vielleicht war Chris de Burgh mit diesem Lied ein bisschen zu früh dran. Im Oktober 1983 veröffentlicht, hatte diese opulent orchestrierte Nummer eigentlich alles im Angebot, was einen Weihnachtshit ausmachen würde. Einen gemischten Chor und irische Flöten inklusive. Ziemlich viel Kitsch, ziemlich wenig Tempo, selbst für einen Chris-de-Burgh-Song. Erschien 1982 auf „The Getaway“.
04. Sailing Away
Keine Frage: Chris de Burgh war ein Meister der Schnulzen. Auch diese Ballade passt da ins Schema. Sie erschien auf dem 1988 veröffentlichten Album „Flying Colours“, war da sogar der Opener. De Burgh besingt hier das Fernweh und erinnert dabei doch stark an Dire Straits.
03. High On Emotion
Wer „Lady in Red” sagt, sagt als Nächstes normalerweise „High On Emotion“, wenn es um Chris de Burghs größte Hits geht. Gerade in Deutschland war die 1983 veröffentlichte Ballade erfolgreich, landete hier auf Platz zwölf der Single-Charts. Sie landete auch auf de Burghs siebtem Studioalbum „Man on the Line“ (1984). Eigentlich ein typisches Liebeslied, wurde sie im Kontext der Zeit oft anderes wahrgenommen. „Eher unfreiwillig streute der unnahbare Nerd und Diplomatensohn Chris De Burgh den Soundtrack für die 80er-Jahre Kokain-Exzesse der Yuppies bei. Natürlich bezieht sich der Hit von Chris De Burgh keinesfalls auf Drogen, sondern auf die Hormonausschüttung der Verliebtheit. Aber das „High“ wurde in den Discos der Zeit ganz anders interpretiert“, schreibt Formel-Eins-Moderator Peter Illmann in einem Beitrag auf „80s80s.de“.
02. Don’t Pay The Ferryman
Art Rock ist eine Bezeichnung, die man im Zusammenhang mit Chris de Burgh nicht so häufig hört. Bei diesem Hit aus dem Jahr 1982, erschienen auf dem Album „The Getaway“, schien er aber ob des geheimnisvollen Texts durchaus treffend. In dem Track wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der eine Fähre nimmt. Als ein Sturm aufkommt, verlangt der Fährmann bezahlt zu werden. Der Erzähler in dem Song warnt dann den Passagier: Er solle den Fährmann nicht bezahlen, ehe das Ufer erreicht wurde. Viel wurde in den Song hineingeheimst. War er mythologisch aufgeladen? Handelte es sich bei dem mysteriösen Fährmann um den Sensenmann? Beziehungsweise um den finsteren Charon, der die Toten gegen einen Obolus über den Styx führt, den Fluss der Unterwelt, also von der Welt der Lebenden ins Totenreich Hades?
Auch hier ließ de Burgh 1983 in einem Interview mit Steve Newton die Luft raus: „Der Song war eine Übung für mich. Da ging es darum, Spannung und Drama zu erzeugen. Wenn der Mann den Fährmann bezahlen würde, würde dieser ihm die Kehle durchschneiden und über Bord werfen.“
01. The Lady In Red
Der größte Hit von Chris de Burgh spaltet. In einer Umfrage von Dotmusic (2000) landete der Song unter den zehn nervigsten Songs aller Zeiten, in einer des „The Observer“ wurde er zum viertmeistgehassten Song des Vereinigten Königreichs gekürt und Leser des „Rolling Stone“-Magazins wählten ihn zum drittschlechtesten Lied der 1980er Jahre. Neil Norman schrieb 2006 im „The Independent“: „Nur James Blunt ist es gelungen, einen noch ärgerlicheren Song als Chris de Burgh zu schreiben“.
Nun ja. Die Nummer, die auf „Into The Light“ (1986) erschien und Ehefrau Diane gewidmet war, ist zum Evergreen geworden. Immer wieder taucht „Lady in Red“ in Film-Soundtracks auf, etwa in „American Psycho“, „Dodgeball“ oder zuletzt in „Deadpool & Wolverine“. Den „Salzburger Nachrichten“ gestand de Burgh, das er zu dem Song, der die Charts in 47 Ländern stürmte, ein eher zwiespältiges Verhältnis habe: Es sei ein „Monster-Song“, sagt er: „Das ist ein Hit, den ich … ich werde nie das Wort „bedauern“ sagen, aber Tatsache ist, dass ich ein viel, viel größerer Künstler bin“.
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