Niedeckens BAP - Alles fließt (foto: Universal Music)

Niedeckens BAP – Alles fließt

Erscheinungsdatum
September 18, 2020
Label
Universal Music
Unsere Wertung
8

Es ist ein Jahr, in dem alle Gewissheiten auf dem Prüfstand stehen. Die Corona-Pandemie hält einen im Atem. Umso schöner ist es doch, wenn sich das Vertraute in all dem Tohuwabohu dann doch zwischendurch Bahn bricht. Etwa, wenn Niedeckens BAP ein neues Album veröffentlichen. „Alles fließt“ ist soeben bei Universal Music erschienen – und wieder eine Rückkehr zum Rock früherer Tage.

Es wirkt fast wie ein Widerspruch: Eigentlich hat man ja das Gefühl, dass gerade alles stockt. Pandemiebedingt. Und jetzt veröffentlichen BAP eine Platte namens „Alles fließt“. Warum eigentlich? Nun, auf den zweiten Blick ist das alles gar nicht so weit hergeholt. Schon immer beschäftigte BAP-Chef Wolfgang Niedecken ein Thema: der Lauf der Zeit. Die Vergänglichkeit. Oft in Verbindung mit dem Fluss, an dem seine Heimatstadt Köln liegt: dem Rhein. Die titelgebende Zeile findet sich in „Alles zoröck op Ahnfang“: „Un weil alles fließt, kann ’ne Moment su lang wie zweidausend Johr sinn.“ Worte, die gut in die Gegenwart passen. Obwohl sie schon vor der Pandemie aufgeschrieben wurden.

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Inhaltlich geht es auf „Alles fließt“ um die großen Themen des Lebens: Euphorie, Trauer, Verzagtheit, Glück, Verzweiflung, Liebe, Hoffnung und Wut, das ganze Programm eben. Was vage klingt, wird oft aber auch sehr konkret. Und politisch, wie man es von BAP gewohnt ist. „Ruhe vor’m Sturm“ ist ein modernes „Kristallnaach“. Der Song handelt von der Gefahr von rechts. Von Populisten wie Donald Trump und seinen kleinen deutschen Epigonen. Es ist das erste Lied, das Niedecken für das neue Album geschrieben hat. „Es kommt eine Zeit, in der Schweigen Verrat wird„, singt er darin. Ein Aufruf an uns alle. Niedecken versucht gleichzeitig, auch die möglichen Beweggründe jener zu erforschen, die Zuflucht bei Populisten suchen. „Verraten und verkauft“ etwa handelt vom Schicksal eines arbeitslosen Familienvaters, der sich zu Recht abgehängt fühlt. 

Rock als Verjüngungskur

„Jeisterfahrer“ rechnet derweil mit einem Kulturverständnis ab, dass offenbar nur noch auf Massenkompatibilität abzielt. Stichwort Formatradio.„Exakt dieselben Beats per Minute, voraussehbare Refrains, harmlose, eunuchenhafte Schlagertexte, als hätte es all die großartigen Bands der 60’er und 70’er Jahre nie gegeben. Musik, die nicht weiter stört“, wie Niedecken sagt. BAP hingegen klingen unterdessen genau wie die Erben dieser 60er und 70er Jahre-Bands, bieten hier zum großen Teil laute Rocknummern mit kräftigen E-Gitarren wie in „Amelie, ab dofür“ oder „Besser du jehß jetz“ ab. Die Band klingt wieder jünger als zuletzt, sie ist wieder ganz in ihrem Element.

Dazu gesellen sich dann noch gefühlige Balladen wie „Wenn am Ende des Tages“, „Mittlerweile Josephine“ (an die Tochter gerichtet) oder „Für den Rest meines Lebens“ (der Ehefrau gewidmet). Und ja, auch Reggae-Beats („Huh die Jläser, huh die Tasse“) dürfen bei BAP seit „Müsli Man“ und „Aff un zo“ natürlich nicht fehlen. Das Konzept geht auch hier wieder auf.

Niedecken zeigt auf „Alles fließt“, dass er immer noch ein Gespür für eingängige Melodien und Refrains hat, keine Frage. Ein Trost in diesen Pandemiezeiten. Auch wenn Niedecken im kommenden Jahr 70 Jahre alt wird, ist ein Ende für BAP noch nicht in Sicht. Ein Rentnerdasein kann sich der gute Wolfgang zum Glück nicht vorstellen: „Mann, dat wöhr dä Horror, denn wie Ronnie, Keith un Bob, will ich leever rocken, bess dä Herrjott säht; „Kumm ropp!“ 

Anspieltipps
Hauptjewinn
Jeisterfahrer
Ruhe vor'm Sturm
Verraten un verkauft
8
Eines der besten BAP-Alben des neuen Jahrtausends.
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