OMD in Offenbach (foto: Fiege)

Live: Orchestral Manoeuvres in the Dark in Offenbach – Pioniere des Synthie-Pop

Sie gelten als Pioniere der elektronischen Musik und Wegbereiter des Synthie-Pop: Orchestral Manoeuvres  in the Dark. Das Duo ist mit seinem neuen Album „Bauhaus Staircase“ gerade auf Deutschland-Tour. Am Dienstag spielte es in Offenbach sein einziges Konzert in Südwestdeutschland.

„Du kleiner Bastard! Ich moderiere dich hier gerade mit den freundlichsten Worten an und du schaltest mir einfach das Keyboard aus.“ OMD-Sänger Andy McCluskey schüttelt den Kopf. Gerade haben er und sein Bandkollege Paul Humphreys ihren Hit „(Forever) Live And Die“ performt, ein Song aus dem Jahr 1986, der einen vorübergehenden Rollentausch verlangt.

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Humphreys, der bei OMD sonst eher in die Tasten greift und Backing Vocals beisteuert, nimmt hier ausnahmsweise den Platz im Rampenlicht ein,  vorn am Mikro. Frontmann McCluskey rückt dafür an den Platz hinters Keyboard. Das diesmal – mitten im Konzert – offenbar plötzlich ausgeschaltet war. Ein Versehen Humphreys? Oder doch ein kleiner Streich? Die Empörung McCluskey ist auf jeden Fall nicht echt,  wie sein breites Grinsen verrät. Humphreys, ebenfalls sichtlich amüsiert, klopft seinem Kollegen halb entschuldigend auf die Schulter, ehe er sich wieder hinter sein Instrument klemmt.

Eine Szene, die zeigt: Die Chemie zwischen Humphreys und McCluskey stimmt. Und  die Szene  belegt auch, was  Humphreys neulich im NEON-GHOSTS-Interview über die Beziehung zu seinem OMD-Kollegen gesagt hat. Die beiden Briten, beide Mitte 60, kennen sich zwar seit dem siebten Lebensjahr, haben aber natürlich auch schon so ihre Höhen und Tiefen miteinander durchlebt. Auch ohne einander. Nach rund zehn Jahren, in denen sieben Alben erschienen, verließ Humphreys 1989 die Band – die Älteren werden sich erinnern. 

Elektronischer Musik Leben eingehaucht

Bis dahin hatten Orchestral Manoeuvres in the Dark (die sich seinerzeit glücklicherweise im letzten Moment gegen den Bandnamen Margaret Thatcher’s Afterbirth entschieden) Hit um Hit geliefert, der bis dato eher roboterhaften elektronischen Musik Leben eingehaucht und dem Synthie-Pop den Weg bereitet. „Sie schrieben Songs über Telegrafen, Teleskope und  Schreibmaschinen und klangen dabei, als würden sie über Mädchen singen. Und wenn sie doch mal ein klassisches Liebeslied schrieben, war die Besungene  Jeanne d’Arc“, schrieb das Magazin „Pop Matters“. 

Zwar lieferte das Duo in den 1980ern reihenweise Hits ab, wirtschaftlich lief es am Ende aber nie so wirklich rund.  Die Band hatte am Anfang ihrer Karriere einen äußerst schlechten Plattenvertrag abgeschlossen, wie Humphreys sagte. Und nachdem die Band mit dem Album „The Pacific Age“ auch viele eingefleischte Fans verprellte, weil es nicht mehr nach OMD klang, ging es bergab, bis Humphreys für sich die Reißleine zog. „Wir verdienten nach unserer zwischenzeitlichen Trennung mehr als während des ersten Teils unserer Karriere“, so Humphreys zur RHEINPFALZ. 

Erst 2006 fanden das Duo wieder zueinander. Daran hatte ausgerechnet Oliver Geissen mit seiner „Ultimativen Chart Show“ einen großen Anteil. Die Anfrage des RTL-Formats brachte den Stein wieder ins Rollen. Allerdings haben Humphreys und McCluskey trotz der Teilnahme an dieser Sendung nicht den Fehler begangen, OMD zu einem Nostalgie-Act verkommen zu lassen. Tatsächlich sind seit 2010 schon wieder vier Studioalben erschienen, vor allem die letzten beiden – „The Punishment of Luxury“ (2017) und das aktuelle „Bauhaus Staircase“ (2023) – waren nicht nur Publikumserfolge, sondern auch Kritikerlieblinge.

Neue Songs überzeugen

Wie gut sich die Songs aus „Bauhaus Staircase“ in den Katalog von OMD einreihen, davon konnten sich die Fans am Dienstag in der gut gefüllten Stadthalle in Offenbach überzeugen. Gerade „Kleptocracy“, eine Abrechnung mit korrupten politischen Eliten, und „Anthropocene“, ein Stück darüber, wie sich die Menschheit mehr und mehr abschafft, kamen beim Publikum gut an. Insgesamt sieben Songs aus der neuen Platte brachten die Briten auf der Setlist unter. „Bauhaus Staircase“ mag die politischste Platte von OMD sein, politisch war die Band aber schon immer. In „Enola Gay“ etwa wird der US-amerikanische Atombombenabwurf auf Japan verhandelt – dass die Angst vor einem nuklearen Krieg 40 Jahre später wieder aktuell ist, konnte man in Offenbach spüren. Ein Song, zu dem man nachdenklicher tanzte als noch vor 10 oder 15 Jahren. 

Natürlich waren es die großen Hits, bei denen das Publikum besonders ausgelassen war. Kollektive Gänsehaut bei „(Forever) Live and Die“, „Maid of Orleans“, „Souvenir“ oder „Sailing on the Seven Seas“. Songs, zu denen man sich einfach bewegen muss – auch Jahrzehnte  nach ihrem Erscheinen. Das sieht augenscheinlich auch Andy McCluskey so, dessen Tanzmoves in ihrer Skurrilität zu einem Markenzeichen der Band wurden und die man auch auf der Bühne der Stadthalle bestaunen konnte. Energie hat die Band auch im fortgeschrittenen Alter offenbar noch.

Am Ende: drei Zugaben, das nach wie vor zu schlagerhafte „Look at You Now“, aber auch „Pandora’s Box“ und „Electricity“ – die Debütsingle von OMD machte also den Deckel drauf unter ein Konzert, das überaus gelungen war. Danach wäre es wirklich schade wenn „Bauhaus Staircase“ nun das letzte Album der Band gewesen sein sollte.

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