Joan Wasser aka Joan As Police Woman (foto: Fiege)

Live: Joan as Police Woman in Heidelberg – Fast das Konzert verpasst

Die Violine hat die New Yorker Musikerin Joan Wasser alias Joan as Police Woman längst an den Nagel gehängt, sie entstaubt das Instrument nur dann und wann (etwa wenn Iggy Pop ruft). Vielmehr ist mittlerweile das Songwriting und der Gesang der Amerikanerin gefragt. Am Freitagabend zeigte sie im Heidelberger Karlstorbahnhof bei einem von nur zwei Deutschland-Konzerten ihr Können.

Es hätte nicht viel gefehlt, und die Zuschauer im Heidelberger Karlstorbahnhof hätten unverrichteter Dinge wieder den Heimweg antreten müssen. Zumindest, wenn man Joan Wasser alias Joan as Police Woman Glauben schenken darf. Diese betritt mit leichter Verspätung die Bühne in der schmucken Konzert-Location und hat auch eine Erklärung dafür parat. „Wir sind heute aus Schottland angereist, hatten gestern in Edinburgh noch ein Konzert. Am Frankfurter Flughafen war dann aber plötzlich unser reservierter Mietwagen nicht da“, berichtet Wasser. Wirklich helfen konnte das Personal des Autoverleihers dabei offenbar nicht. „Offenbar hatten da viele heute ihren ersten Tag“, witzelt Wasser. Statt des gewünschten Vans wollte man sie und ihre Crew dann in zwei Kleinwagen stecken – was aber ob des Gepäcks (Instrumente, Merch) natürlich nicht funktioniert hat. Am Ende fand man zwar eine Lösung, aber Wasser und ihre Mannschaft tauchten „48 Sekunden vor Showbeginn“ erst in Heidelberg auf. „Full-Time Heist“ wird den Frankfurtern gewidmet,

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Keine Frage: Joan Wasser ist eine unterhaltsame Geschichtenerzählerin. Das merkt man in solchen Momenten, das wussten aber natürlich schon jene, die ihr jüngstes Album bereits im Plattenschrank stehen hatten. Oder eines der  neun Vorgänger. Der neueste Wurf heißt „Lemons, Limes & Orchids“ und ist im vergangenen September auf den Markt gekommen. Eine Platte, die in diese chaotische, schnelllebige Zeit passt, in der wie leben. Eine Platte, die gleichermaßen das Durchhalten, aber auch das Loslassen propagiert. 

Wer wie Joan Wasser schon einen umfangreichen Katalog sein Eigen nennt, mutet dem Publikum bei Konzerten meist nicht allzu viel Neues zu, meist verlegen sich solche Künstler beziehungsweise Künstlerinnen auf eine Greatest-Hits-Show und garnieren diese mit ein, zwei neuen Nummern. Man will seine Zuschauer schließlich nicht überfordern.

Neue Songs mit Selbstbewusstsein vorgetragen

Wasser geht da mit mehr Selbstbewusstsein zu Werke. Von den 17 Songs, die sie an diesem Abend in Heidelberg zu Gehör bringt, stammen sechs aus dem neuen Machwerk. Kann man mal so machen. Geschadet hat es nicht. Die neuen Lieder müssen sich keineswegs hinter den Klassikern im Repertoire verstecken. Eines, der Titelsong „Lemons, Limes & Orchids“, ist unbestritten sogar die stärkste Performance des Abends. Eine Musik gewordene Reminiszenz an Wassers früheres Leben in der New Yorker West Side, als diese noch ein raueres Pflaster war. Ein Song, der einen direkt gefangen nimmt.

Eine raue New Yorker Schale hat man auch lange Joan Wasser nachgesagt, aus dieser hat sich die Musikerin aber schon längst befreit. In Heidelberg führt die 54-Jährige charmant und humorvoll durch den Abend, den sie ganz alleine bestreitet. Auf der Bühne: nur sie, ein Klavier, ein Mikro, eine Gitarre und eine Flasche Wasser. Falls doch mal ein Zusatzinstrument gebraucht wird, kommt es vom Band. „Ich habe noch nicht gelernt, Klavier und Geige gleichzeitig zu spielen“, scherzt Wasser. Man würde ihr auch das zutrauen.

Wasser schlägt ruhige Töne an

Klar, dass durch diese Solo-Bühnen-Show der eine oder andere Song etwas anders daher kommt, als man ihn von der jeweiligen Platte gewohnt ist. Die „rowdy friday night in Heidelberg“, diese wilde Nacht also, die Wasser zwischenzeitlich ankündigt, ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Es geht an diesem Freitag eher ruhig zu, gediegen, bei dieser Künstlerin, die am liebsten zwischen Indie Rock, Punk Rock, Pop, Soul, R&B und ja, auch Jazz changiert.

Wenn man Joan da so meisterhaft musizieren sieht, bemerkt, wie ihr das Publikum aus der Hand frisst, kommt man nicht umhin sich zu freuen für diese Musikerin, die sich erst einmal emanzipieren musste. Die zu Beginn ihrer Karriere noch als „Freundin von Jeff Buckley“ gesehen wurde, der in den 1990ern die Hörerschaft mit einem „Hallelujah“-Cover in seinen Bann zog und dann tragischerweise im Mississippi ertrank. Lange hat Wasser auch im Schatten der Musiker gestanden, für die sie gearbeitet hat. Lou Reed. Sheryl Crow. Dave Gahan. Elton John. Antony and the Johnsons. Rufus Wainwright. Dass ihr das Rampenlicht jetzt alleine gehört, und das in Heidelberg auch ganz buchstäblich, ist mehr als verdient.

Gegen Ende des Sets gibt es ein Cover, „Guiltiness“, das einzige an diesem Abend,  eine gelungene Verneigung vor Bob Marley & The Wailers. Die Zugabe gehört dann einem der Songs, mit dem alles begann. „Real Life“, aus dem Debütalbum, auch schon fast 20 Jahre alt. Mit Standing Ovations geht der Gig nach fast zwei Stunden zu Ende. Eine rowdy night in Heidelberg.

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