Ein Klassiker im neuen Gewand: Manic Street Preachers haben eine überarbeitete Version ihres sechsten Longplayers „Know Your Enemy“ aus dem Jahr 2001 veröffentlicht. Diese Albumfassung wurde neu abgemischt und erscheint nun – genau wie im ursprünglichen Konzept der Band vorgesehen – auf zwei separaten Alben.
Es lief, wie es im Alternative-Bereich eben mal gerne läuft. Eine Band erspielt sich über Jahre recht mühsam eine Gefolgschaft. Aber sobald der Mainstream-Durchbruch ansteht, wenden sich viele Fans der ersten Stunde ab. Das war auch bei den Manic Street Preachers so. Album Nummer fünf, „This Is My Truth Tell Me Yours“ war 1998 kommerziell ein Riesenerfolg für die Band. Und so wurden schnell die Ausverkauf-Rufe laut.
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Als Replik auf die Kritik ihres harten Kerns planten die Manic Street Preachers ein ambitioniertes Nachfolgewerk – und die Rückkehr zu dem Stil, der ihnen die Herzen der Alternative-Fans zufliegen ließ. Der Clou: Es sollten zwei verschiedenen Alben sein. Eine LP mit dem Titel „Solidarity“ sollte die Rückkehr der Band zu ihren musikalischen Wurzeln markieren. Auf ihrer Titelliste sollten aggressive Uptempo-Songs platziert werden. Die zweite LP namens „Door To The River“ sollte eher die zurückhaltenden, nachdenklicheren Lieder versammeln. Während der Aufnahmesessions verwarf Trio dieses Konzept aber und entschied sich gegen die Idee zweier separater Alben. So entstand „Know Your Enemy“, auf dem die unterschiedlichen Soundideen Seite an Seite umgesetzt wurden.
Ein unterschätztes Album
„Know Your Enemy“ wurde im Februar 2001 während eines Konzerts im Teatro Karl Marx in Havanna vor den Augen von Fidel Castro präsentiert, stieg in der Folgewoche auf Platz zwei in die UK Charts ein und verkaufte schließlich weltweit ein halbe Million Tonträger. Die Album-Singles: ‚So Why So Sad‘, ‚Found That Soul‘, ‚Ocean Spray‘ und ‚Let Robeson Sing‘ erreichten alle die Top 20 der englischen Charts. Die Fans liebten das Machwerk, die Kritiker eher weniger, da so ein bisschen der rote Faden fehlte und das Konzept irgendwie nicht ganz schlüssig schien. Dabei hat die Platte durchaus einige Perlen zu bieten. Das raue „The Year of Purification“ etwa, das hier als Opener nun viel besser zur Geltung kommt. Oder „Intravenous Agnostic“. Und das gefühlige „Ocean Spray“, das ja auch den test of time überdauert hat und immer noch ein beliebter Song der Kapelle ist. Das Album wurde seinerzeit unterschätzt, keine Frage.
Dennoch hat es geholfen, ein bisschen Ordnung in das Ganze zu bringen. Durch die Überarbeitung wirkt das Album logischer. Sinniger. Aufgeräumter. Der eine oder andere Titel wirkt wie wachgeküsst. Zu verdanken ist das dem Geistesblitz von Nicky Wire. Während dieser das Archiv der Band durchforstete, um eine Jubiläumsfassung von „Know Your Enemy“ zusammenzustellen, fand er die Originalbänder von „Solidarity“ und „Door To The River“, die er während der Aufnahmen im Studio fertig gestellt hatte. Als er die Idee präsentierte, die ursprünglich geplanten Longplayer zu realisieren, stimmte James Dean Bradfield unter der Bedingung zu, die Songs mit dem langjährigen Studiopartner der Band, Dave Eringa, zu remixen. Die neuen Mixe würden den beiden Alben bessere Struktur verleihen. Außerdem sollten die „Solidarity“-Songs von überflüssigen Studioeffekten und digitalem Rauschen befreit werden und aus den „Door To The River“-Tracks würde man unnötige Orchestrierung und andere musikalische Effekte entfernen. Das Konzept ist aufgegangen.
Autor Robin Turner, der viele Jahre ins Bandgeschehen involviert war, erklärt in seinen ausführlichen Liner Notes: „Diese Veröffentlichung ist der Director’s Cut von ‚Know Your Enemy‘. Das Bild wurde mühsam restauriert, gesäubert, aufgehellt. Man zielt nicht darauf ab, das Original zu ersetzen, verbessert es aber definitiv.“
Release in mehreren Varianten
„Know Your Enemy“ ist digital sowie als 3-CD-Bookset, Doppel-CD und Doppel-LP erhältlich sein. Der Deluxe-Release enthält zwei bisher unveröffentlichte Songs: „Studies in Paralysis“ und „Rosebud“. „Rosebud“ startet mit einem stotternden Hammond-Orgelriff und entwickelt sich zu einem rhythmischen Track, über dem die nachdenklichen Lyrics “most things I never finished” schweben.
Die Vinyl-Edition von „Know Your Enemy“ präsentiert „Solidarity“ und „Door To The River“ in der Reihenfolge, die die Band 2000 vorgesehen hatte. Jedes CD-Package enthält die Longplayer in voller Länge, dazu kommen Outtakes, nicht verwendete Mixe von Tom Lord-Alge sowie die Songs von ‚Know Your Enemy‘, die nicht für die zwei-Alben-Idee vorgesehen waren.
Alle Formate featuren bisher ungesehene Fotos von den Aufnahmesessions, die von Mitch Ikeda aufgenommen wurden.
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