Es gibt nur wenige Bands, die so sehr mit den Achtziger Jahren verknüpft werden, wie die Hooters. Sie haben den Soundtrack dieses musikalisch ebenso außergewöhnlichen wie sonderbaren Jahrzehnts maßgeblich mitgeprägt. Kein Wunder also, dass trotz sengender Hitze am Freitagabend beim Neuleininger Burgsommer ausverkauftes Haus gemeldet wurde.
Nein, Mitleid muss man mit den Hooters nicht haben. Klar, der Burgsommer ist nicht Live Aid, wir schreiben 2015 und nicht 1985, und der Erfolg der Jungs aus Philadelphia war gerade in den Vereinigten Staaten auch schon mal größer. Auf ihre deutschen Fans, und das ist keine leere Phrase, können sich die Rocker allerdings verlassen. Irgendwann, es muss in den Neunziger Jahren gewesen sein, wurde Good Ol’ Germany zum wichtigsten Markt für die Hooters. Warum, wieso, das weiß die Band selbst nicht so genau, wie uns Sänger Rob Hyman kürzlich im Interview verriet. Es ist wohl auch egal, die deutschen Fans lassen auf jeden Fall die Kasse klingeln. Und das vor allem, weil sie diese unbändige Energie spüren wollen, die die Hooters gerade live versprühen, und die sie auch nach all den Jahren nicht eingebüßt haben. Und sie wollen die überlebensgroßen Hymnen hören, die einst, in Pre-YouTube-Zeiten, auf dem damaligen Musiksender MTV rauf und runter liefen. „All You Zombies“, „Johnny B“, „500 Miles“ (ursprünglich ein Folk-Song, der erstmals von den Journeymen veröffentlicht wurde), „Satellite“. Die modernen Klassiker. Die Evergreens. Das war auch in Neuleiningen nicht anders. Wahrscheinlich hätte es der Stimmung keinen Abbruch getan, hätte sich die Band dazu entschieden, diese fünf Tracks alternierend in Dauerschleife anzubieten. Dass sich das Publikum vor allem auf die großen alten Hits stürzt, ist jetzt nicht wahnsinnig überraschend, zumal die Hooters in den vergangenen Jahren kein neues Material nachlieferten. Dafür streuten sie die eine oder andere interessante Coverversion in ihre Burgsommer-Setlist. Don Henleys „Boys of Summer“ beispielsweise. Ein Titel aus der Ära, in der die Band ihren großen Durchbruch schaffte. Wir erinnern uns: Die Geschichte der Hooters, sie beginnt im Jahr 1980. Über Live-Auftritte erspielt sich die Rock-Kapelle schon vor ihrem ersten Major-Release eine ansehnliche Anhängerschaft. So ansehnlich, dass die beiden Band-Chefs Eric Bazilian und Rob Hyman den Gedanken fassen, auf eigene Faust Platten aufzunehmen und unters Volk zu bringen. Erfahrungen in dem Bereich haben sie zwar nicht, das Debüt „Amore“ verkauft sich 1983 jedoch auch ohne großes Marketing-Tamtam wie geschnitten Brot. 100.000 Exemplare wechseln den Besitzer. „Zombie“ ist hier bereits in einer ersten Fassung zu hören.
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Danach überschlagen sich die Ereignisse: Die großen Plattenfirmen klopfen ab, Cyndi Lauper lässt sich von Bazilian und Hyman ihre Platte „Time After Time“ produzieren. 1985 wird „Nervous Night“ ein Riesen-Hit, „All You Zombies“ folgt. Der gar nicht mal so krude Mix aus Pop-Rock mit Wave-Zitaten trifft den Geschmack des Publikums. Das Live-Aid-Konzert, bei dem die Band in Philadelphia den Opener gibt – und Organisator Bob Geldof dabei aufgezwungen wird – bringt schließlich den großen Durchbruch.
Nach 1987 wendet sich die Band dem Folkrock zu, mit dem religionskritischen „Satellite“ und vor allem „Johnny B“ meißeln sich die Hooters ins kollektive Gedächtnis all jener, die in den Achtzigern nicht unter einem Stein gelebt haben.
Der Erfolg lässt sich in den USA allerdings nicht in die Neunziger Jahre retten, in Europa geht die Band aber weiter ab wie Schmitz‘ Katze. Dennoch legt die Band ab eine Pause ein.
2001 wiedervereinigt sich die Gruppe und ist seither bei den Burgsommern dieser Welt unterwegs. Neues Material wird zunehmend rarer, das letzte richtige Studioalbum datiert von 2007, die letzte EP von 2010. „Zu wenig Zeit“, meinte Hyman im Neon-Ghosts-Gespräch, auch wenn ein neues Album immer eine Option zu sein scheint.
Aber sie wissen ja ohnehin, dass man vor allem die alten Sachen hören möchte. Das Publikum ist eben mitgealtert, das merkte man auch in Neuleiningen ganz deutlich, wo sich der Song „Silver Lining“ auch durchaus auf die Strähnchen so manchen Besuchers beziehen konnte. Die meisten jubelten der Band wohl schon in den Achtziger Jahren zu. Und sie werden verzückt gewesen sein, dass sich die Hooters eigentlich immer noch so anhören wie damals, dass Frontmann Eric Bazilians Stimme ewig jung zu sein scheint – und die Songs der Hooters auch.
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