Weezer haben Grund zu feiern. Die mit mehreren Grammys ausgezeichneten Kalifornier blicken auf drei Jahrzehnte zurück, die seit der Veröffentlichung ihres bahnbrechenden Debütalbums „Weezer“ a.k.a. „The Blue Album“ vergangen sind. Dieses Wiegenfest begehen die Jungs nun mit dem Release einer „30th Anniversary Edition“.
„Buddy Holly“ ist für Weezer das, was „Friday I’m In Love“ für The Cure war. Ein Song, der zum Riesenhit wurde, und der für diese in Sachen Sound eigentlich eher untypisch ist. Weezer-Frontmann und Songwriter Rivers Cuomo wollte den Song eigentlich erst gar nicht auf das Debütalbum der Band packen. Er war ihm zu cheesy. Am Ende war es Produzent Ric Ocasek (The Cars) zu verdanken, dass die Nummer dann doch auf dem selbstbetitelten Album landete.
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Dass sie am Ende so ein großer Hit wurde, lag unter anderem am Musikvideo. Spike Jonze (der zuvor schon für den Clip zu „Undone“ mit der Band zusammengearbeitet hatte) führte hier Regie. Er verpflanzte dabei die Band ans Set der legendären US-Fernsehserie „Happy Days“, ließ sogar das Cast-Member Al Molinaro darin auftreten. Heavy rotation auf MTV. Und auch der Umstand, dass der Song auf der „Windows 95“-Installations-CD-ROM Verwendung fand, hat ihm eine Rakete auf den Rücken geschnallt.
„Buddy Holly“ trug seinen Teil dazu bei, dass man es bei „Weezer“ mit einem der wichtigsten Debütalben aller Zeiten zu tun hatte. Die Platte, wegen des Artworks auch „The Blue Album“ genannt, kam am 10. Mai 1994 auf den Markt. Die Kapelle – zu der neben Rivers Cuomo auch Drummer Patrick Wilson, Bassist Matt Sharp und Gitarrist Jason Cropper gehörten – kam zwei Jahre zuvor in Los Angeles zusammen, hatte mit „The Kitchen Tape“ schon eine EP auf den Markt gebracht, ehe sie bei Geffen unterschrieb.
Gleich den Gitarristen ausgetauscht
Im August und September 1993 machte sich die Band dann an die Aufnahmen für das Debütalbum. Im Laufe der Aufnahmen wurde Jason Cropper durch Brian Bell ersetzt, Cuomo selbst spielte fast alle bereits aufgenommenen Gitarren-Parts neu ein. Trotz dieser ungeplanten Turbulenz gelang der Band mit „Weezer“ ein Album, das den Zeitgeist traf. Nirvana-Frontmann Kurt Cobain war kurz vor dem Release des Albums gestorben, doch der Spirit des Alternative Rock lebte damals weiter. Weezer waren mehr als nur geeignete Vertreter dieses Geists. Auch sie machten Musik für Außenseiter, wenngleich weniger düster. Weezer setzten zwar auch auf verzerrte Gitarren und ein Laut/Leise-Konzept, waren aber melodischer und eingängiger als etwa Nirvana. Kurzum: Sie waren ein bisschen zuckriger und nerdiger als die Grunge-Fraktion, trugen weniger Weltschmerz, dafür etwas mehr Humor in sich. Der frühere Cars-Frontmann Richard Ocasek sorgte dann dafür, dass das Ganze dann entsprechend klang.
Das Album hat neben „Budy Holly“ so einige Perlen zu bieten. Das liegt auch am Storytelling. Einige der Songs sind inhaltlich miteinander verwoben. In „No One Else“ etwa darf ein eifersüchtiger, besitzergreifender Protagonist sein krudes Frauenbild proklamieren, um dann in „The World Has Left And Turned On Me“ als Jetzt-Wieder-Single mit dem Konsequenzen seines Handelns konfrontiert zu werden. „In The Garage“ feiert derwei die Nerdiness der Comicheft-Geeks, „My Name Is Jones“, das an Lois Lowrys Roman „The Giver“ angelehnt ist, ist bis heute ein echter Fanliebling. Das gezupfte Akustik-Intro stammt übrigens noch vom ausgeschiedenen Jason Cropper – der einzige seiner Beiträge, der im Album blieb.
Zwischen Einstein und Metallica
Bei „Undone – The Sweater Song“ hat sich Cuomo bewusst an Albert Einstein und unbewusst an Metallica (das Riff!) angelehnt. Das großartige „Say It Ain’t So“ verhandelt die schwierige Kindheit, die Cuomo hatte, und zeigt, dass es auch ernst geht. Cuomos Vater hatte ein Alkoholproblem und verließ die Familie. Als er Jahre später im Kühlschrank des Stiefvaters ebenfalls Alkohol entdeckt, kam dieses Trauma wieder hoch. Ein Song, der unter die Haut geht. Und eine echte Perle, genauso wie der achtminütige Album-Closer „Only In My Dreams“. Dessen dreiminütiges Crescendo, dieses furiose Gitarrensolo: ein echtes Meisterwerk.
Die Neuauflage
Zum Geburtstag erscheint die Platte in mehreren Konfigurationen. Das Super Deluxe Vinyl-Boxset präsentiert einen tiefen Einblick in die Aufnahmen des Blue Albums. Es enthält den Album-Klassiker, der von den originalen analogen Bändern neu gemastert wurde. Auf vier 12“-LPs mit 180 Gramm, einer 10“-EP und einer 7“-Single gibt es insgesamt 50 Songs – mit 36 bisher unveröffentlichten Tracks (darunter acht „Kitchen Tape Demos“), 22 frühen Probenaufnahmen und Live-Mitschnitten, sechs BBC-Radiomitschnitten – zwei davon bisher ungehört – und vier Titel aus ihren LMU-Sessions.
Der langjährige Freund und De-facto-Bandhistoriker Karl Koch bietet in Ausgabe #18 des „Weezine“ neue Einblicke in die Bandgeschichte mit neuen Liner Notes und einer Vielzahl bisher unveröffentlichten Fotos. Neben der 18. Ausgabe des „Weezine“ erhalten sowohl das CD-Set als auch das Vinyl-Boxset außerdem noch vier Lithografien, ein Poster, einen Stickerbogen mit Song-Motiven, einen zwölfseitigen Würfel und eine Emaille-„Bokkus“-Anstecknadel.
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