Es war ein letztes Hurra der vielleicht besten Ultravox-Besetzung: „Lament“, Studioalbum Nummer sieben der britischen New-Wave-Legenden, erschien am 19. April 1984. Zum 40. Geburtstag der Platte hat Chrysalis Records ihr nun mehrere Deluxe-Editionen spendiert.
Am Anfang stand der Glam. Denn der hatte es den Mitgliedern der 1974 gegründeten Band aus London angetan. Die nannte sich zunächst nicht Ultravox, sondern firmierte erst unter Namen wie Tiger Lilly, The Zips, Fire of London, London Soundtrack und sogar kurz mal The Damned. Nach mehreren Umbenennungen nannte sich die Band dann Mitte der Siebziger Jahre Ultravox!, noch mit Ausrufezeichen, als Hommage an die deutsche Krautrock-Band Neu!. Nachdem die Band 1976 bei Island Records unterschrieb, griffen ihr Brian Eno und Steve Lillywhite unter die Arme. Die Presse ordnete das Frühwerk seinerzeit als Muffe zwischen Glamrock und Punk ein, so richtig wusste man mit dem Sound der Band aber nichts anzufangen.
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1979 wurden dann die Weichen für das nächste, erfolgreichere Karriere-Kapitel gestellt: Nach dem dritten Album und dem Aus bei Island Records warf Sänger John Foxx die Brocken hin, um eine Solo-Laufbahn einzuschlagen. Den Namen „Ultravox“ überließ er den Kollegen, das Ausrufezeichen war mittlerweile auch Geschichte. Für Foxx stieß der junge Midge Ure zur Band, der zeitgleich mit Steve Strange und Rusty Egan das Projekt Visage („Fade To Grey“) aus der Taufe hob und die New-Romantics-Bewegung so richtig ins Rollen brachte. Er wird fortan der kreative Kopf von Ultravox sein.
Das Album
„Lament“ ist das siebte Album von Ultravox, das vierte, das mit Midge Ure eingespielt wurde. Das 1984 erschienene Machwerk ist ein emotionales, dunkles, melancholisches Zeugnis des Kalten Krieges, der sich damals auf seinem Höhepunkt befand. Es behandelt Themen wie Paranoia, die Angst vor nuklearer Vernichtung und schleichenden Kommunismus.
Ultravox hatten die Platte im Alleingang produziert, nachdem man beim Vorgänger „Quartet“ (1982) noch auf die Dienste von George Martin (The Beatles) zurückgegriffen hatte. Die Aufnahmen fanden dabei in Midge Ures eigenem Tonstudio statt, was der Band mehr Freiheiten und Zeit einräumte. Dabei griff die Kapelle auch auf die damals brandneue MIDI-Technologie zurück. Bei allen Songs kamen auch Drumcomputer zum Einsatz.
Der Anker des Albums: natürlich der Überhit „Dancing With Tears In My Eyes“. Kein anderer Song der Achtziger Jahre fasste die apokalyptische Grundstimmung so berührend zusammen wie diese Nummer, in der der Protagonist und seine Liebe sich im Angesicht des unmittelbaren Weltuntergangs noch ein paar bitterschöne Momente machen. Die Lyrics sind natürlich einerseits von der damals aktuellen weltpolitischen Nachrichten- und Gemengelage inspiriert, aber auch durch das Buch „On The Beach“ von Nevil Shute, das hierzulande unter dem Titel „Das letzte Ufer“ auf den Markt kam. Auch in diesem geht es, man ahnt es, um einen mit Atomwaffen geführten Krieg.
Und sonst? „One Small Day“ trug dem Zeitgeist Rechnung und war für Ultravox-Verhätnisse recht rockig. Bei „White China“ setzten die Jungs dann aber wieder ausgiebig auf Synthesizer, um dann bei „Man of Two Worlds“ (mit Gastsängerin Mae McKenna) Elemente aus der Kelten-Musik aufzugreifen. Vielfältiger geht es kaum, ohne beliebig zu werden. Der Titeltrack: in seiner Schwermut wundervoll. „When The Time Comes“ ist der perfekte Trennungssong. “A Friend I Call Desire“ wirft die Frage auf, inwiefern man Herr seiner Gefühle und Gelüste ist – oder ob sie umgekehrt eher die Kontrolle über einen haben.
Die Formate
Nun also die Neuaflage zum 40. Wiegenfest der Pkatte, die seinerzeit auf Platz acht der UK-Charts landete und Platz 25 in Deutschland erreichte. Die neue 7-CD+DVD-Box enthält insgesamt 72 Tracks, darunter 45 bisher unveröffentlichte Aufnahmen. Die CDs 1-6 enthalten das ursprüngliche Produktionsmaster des Albums von 1984, einen neuen Stereo-Mix von Steven Wilson (Porcupine Tree), einen neu abgemischten Extended Re-Mix des Albums mit neuen Remixen von Moby, Blank & Jones, Steven Wilson und Midge Ure, A-Seiten, B-Seiten und Raritäten, während die CDs 7-8 das bisher unveröffentlichte Konzert von Ultravox im Hammersmith Odeon von 1984 enthalten.
Die Audio-DVD enthält einen neuen 5.1 Surround Sound Mix des Albums und der B-Seiten von Steven Wilson sowie 24/96 Hi-Res Audio der neuen Mixe und der originalen Master/B-Seiten von 1984. Die neue 2 LP-Vinyl wurde von den originalen ½“-Mastern von Phil Kinrade gemastert und von Barry Grint in den AIR Studios, London, mit halber Geschwindigkeit geschnitten. Diese limitierte Pressung enthält 2 LPs mit zwei Ätzungen, untergebracht in einem ¾-langen Schuber und mit einem 4-Panel-Insert.
Das neue 5 LP Limited Edition Clear Vinyl Box Set enthält insgesamt 34 Tracks, darunter eine bisher unveröffentlichte Aufnahme. LP 1 ist das Originalalbum in remasterter Form. Die LPs 2+3, präsentieren den neu abgemischten „Lament“ Extended Album Re-Mix und neue Remixe von Moby, Blank & Jones, Steven Wilson und Midge Ure, während die LPs 4 & 5 das 1984 im Hammersmith Odeon aufgenommene Konzert enthalten.
Alle Formate wurden in Anlehnung an das Original-Artwork des Designers Peter Saville (schwarzer Druck auf schwarzer Karte) gestaltet.
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