Keine Frage: Tom Petty, 2017 verstorben, war ein Meister seiner Zunft. In seinem beeindruckenden Katalog ging das Album „Long After Dark“, das der Gute mit den Heartbreakers aufgenommen hatte, immer irgendwie unter. Dennoch wurde ihm nun mehr als 40 Jahre nach der Erstveröffentlichung eine Deluxe-Edition spendiert.
„Into The Great Wide Open“, „Fallin'“, „Breakdown“ – Tom Petty hat mit seinen Heartbreakers Songs für die Ewigkeit geschaffen. Der Durchbruch gelang dem Musiker aus Gainesville, Florida, mit seinem dritten Album „Damn The Torpedoes“ (1979) – Platin. Auch der Nachfolger „Hard Promises“ (1981) heimste das Edelmetall ein. Ebenfalls 1981 darf Petty mit der großen Stevie Nicks von Fleetwood Mac das Duett „Stop Draggin‘ My Heart Around“ singen. Viel höher geht es zu dieser Zeit nicht.
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Mit diesem Rückenwind ging es an die Arbeiten zu „Long After Dark“, dem fünften Longplayer von Petty und den Heartbreakers. Ron Blair hatte gerade die Band verlassen, dafür zupfte jetzt Howie Epstein den Bass. Der Mann war hernach maßgeblich für den Sound der Heartbreakers, die Position des Bassisten und Background-Sängers sollte er bis 2002 inne haben. Ehe die Drogen dann leider ihren Tribut forderten.
An „Long After Dark“ waren neben Epstein und Petty ansonsten noch die Ur-Heartbreakers Mike Campbell (Leadgitarre), Benmont Tench (Keyboards) un Stan Lynch (Schlagzeug) beteiligt. Rückblickend auf ihr drittes und letztes gemeinsames Album meint der legendäre Rockmusikproduzent Jimmy Iovine: „Long After Dark – wir dachten, wir hätten es geschafft. Wissen Sie, es klang wie Positively Fourth Street, klang wie eine dieser Platten. Ich glaube übrigens, dass es das ist!“
Das Original
MTV hat damals gerade das Musikbusiness in seinen Grundfesten erschüttert und zwang so manchen Act, sich zu modernisieren. Auch die Heartbreakers änderten ihren AOR-Sound etwas ab, ließen jetzt auch Synthesizer zu, waren damit in den Achtziger Jahren offiziell angekommen.
Das Album, das nicht so düster klingt wie es der Titel verspricht, enthält eine Sammlung von Rockballaden und Gitarrenhymnen, untermalt vom unverwechselbaren Sound der Heartbreakers. Mit „You Got Lucky“, „Change of Heart“ und „Straight Into Darkness“ hat das Machwerk drei Fan-Lieblinge zu bieten. Fast noch spannender sind aber eher die vergessenen Nummern. Das Riff bei „Deliver Me“! Der eingängige Refrain des Openers „A One Story Town“! Das so Heartbreakers-untypische Gitarrenspiel von „Between Two Worlds“ oder „We Stand A Chance“! Einzig „A Wasted Life“ kommt etwas eigentümlich daher, erinnert ungesund an Jimmy Buffet.
„Long After Dark“ war nach den üblichen Maßstäben ein Erfolg – Top 10 in den Billboard Charts, Goldstatus. Trotzdem bleibt es ein zu wenig beachtetes Juwel zwischen seinen Vorgängern „Damn the Torpedoes“ und „Hard Promises“. „Es ist eine gute kleine Rock’n’Roll-Platte“, aber auch „eine schwierige Platte, weil ich nie wusste, ob wir die richtigen Entscheidungen bei den Songs trafen“, reflektierte Petty einst in Paul Zollos Interview-Sammlung „Conversations With Tom Petty“.
Die neuen Formate
„Long After Dark“ (Deluxe Edition) enthält das neu gemasterte Originalalbum von den originalen analogen Masterbändern sowie zwölf wiederentdeckte Bonustitel, die von Pettys langjährigem Tontechniker Ryan Ulyate neu abgemischt wurden. Die Verpackung wurde von der Grammy-prämierten Designerin Jeri Heiden entworfen, die Linernotes stammen vom legendären Rockjournalisten David Fricke, mit Kommentaren von Jimmy Iovine und Cameron Crowe. Dazu gibt es ikonischen Archivfotos von Dennis Callahan, Neil Preston und Aaron Rappaport.
Das Set ist in einer Vielzahl von Konfigurationen erschienen, darunter ein 3-Disc-Set mit 2 CDs und einer Blu-ray-Audio-Disc mit zusätzlichen hochauflösenden Stereo- und Dolby-Atmos-Mischungen des Albums und Bonustracks, ebenfalls gemischt von Ulyate. Weiterhin gibt es eine 2LP auf schwarzem 180-Gramm-Vinyl; eine limitierte 1LP-Pressung auf türkisfarbenem 180-Gramm-Vinyl (nur das Hauptalbum) mit einer doppelseitigen Lithografie von Blaze Brooks‘ Illustrationen (ausschließlich in Indie-Plattenläden erhältlich).
Unveröffentlichte Songs dabei
Die neue Deluxe Edition von „Long After Dark“ enthält auch Songs, die in der Debatte um die ursprüngliche Ausrichtung des Albums nicht berücksichtigt wurden. Zu den Highlights gehören Pettys Version von „Never Be You“ – ein #1 Country-Hit von Rosanne Cash -, der Song „Don’t Make Me Walk the Line“ und die Up-Tempo-Version von „Ways To Be Wicked“, das zuvor von Lone Justice gecovert wurde. Viele der zusätzlichen Tracks stammen aus den französischen TV-Sessions, darunter die akustischen Perlen „Turning Point“ und das von den Everly Brothers beeinflusste „Keeping Me Alive“.
„Es gab Musik, die für Long After Dark aufgenommen wurde, die es aber nicht auf die Platte geschafft hat, von denen ich aber dachte, dass sie es zu einem besseren Album gemacht hätten“, sagte Tom Petty einmal. „Ich habe vier Sachen weggelassen, die ich sehr mochte. Und wahrscheinlich noch ein paar mehr, die gar nicht erst aufgenommen wurden”.
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