Eine gefühlte Ewigkeit: Seit 19 Jahren haben The Cardigans kein neues Album mehr auf den Markt gebracht. Und neues Material ist von der Band auch nicht mehr zu erwarten. Für neue Veröffentlichungen muss die Band also das Archiv plündern. Und genau das haben die Schweden nun getan und mit „The Rest Of The Best Vol. 1“ und „The Rest Of The Best Vol.2“ parallel gleich zwei Kompilationen rausgehauen.
Die 1990er Jahre erleben eine Renaissance. Mode und Musik werden wiederentdeckt, sogar Oasis stehen bald wieder gemeinsam auf der Bühne. The Cardigans reiten schon seit 2012 wieder die Nostalgiewelle. Wir erinnern uns: Aus dem südschwedischen Jönköping heraus eroberte die 1992 gegründete Gruppe die Welt, entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Pop-Exporte des Landes. Die Kapelle um Sängerin Nina Persson kam aber nicht nur im Mainstream, sondern auch beim Alternative-Publikum gut an. Der Sound, eine Mixtur aus Pop, Rock und Indie, verfing. Der Erfolg drückte sich natürlich auch in Zahlen aus: 15 Millionen Alben hat die Gruppe weltweit abgesetzt. Auch in Kultserien und -filmen wie Baz Luhrmanns „Romeo & Julia“, „Beverly Hills 90210“, „The Office“ und „The Crown“ fand die Musik der Cardigans Verwendung.
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Mit „Super Extra Gravity“ erschien das letzte Album der Band im Jahr 2005. Und ein Neues wird es wohl auch nicht geben, wie Nina Persson neulich im Interview mit uns preisgab: „Der Hauptgrund ist, dass Peter Svensson, der Gitarrist und Hauptsongschreiber der Band war, nicht mehr mit uns arbeitet. Wir alle machen Musik außerhalb der Cardigans, sind in der Lage, gute Musik zu machen. Aber der typische Sound der Cardigans, dafür war Peter verantwortlich. Wir müssten ohne ihn einen ganz neuen Sound erfinden. Und dann kann man eigentlich auch gleich was anderes machen.“
In den Archiven gestöbert
Die Cardigans gehen daher seit Jahren ausschließlich mit altem Material auf Tour, zuletzt waren sie nach langen 18 Jahren übrigens auch mal wieder in Deutschland zu erleben. Zum Trost für die Fans hat die Band nun aber mal in den Archiven gewühlt und dabei so Einiges zutage gefördert. Gleich zwei Doppel-LPs an Material haben die Schweden dabei geschürft, parallel veröffentlicht unter dem Titel „The Rest Of The Best“, Vol. 1 & 2. Diese umfassen nun einige der Aufnahmen der Band, die zwischen 1994 und 2006 als B-Seiten auf Singles, Soundtracks und als Bonustracks auf japanischen, französischen und britischen Versionen ihrer Alben veröffentlicht wurden. Beide Bände wurden von der Gruppe selbst zusammengestellt und von Ryan Smith bei Sterling Sound remastered. Das Artwork basiert auf Fotos des Fotografen Martin Bogren, der von Anfang an mit der Band zusammengearbeitet hat.
Und es ist schon die eine oder andere Perle dabei. Die frühen Versionen von „For What It’s Worth“ oder „Communication“ (in dieser Demo-Variante bis dato unveröffentlicht) etwa aus dem Jahr 2001 verzaubern schon, zwei Jahre bevor dann die fertigen Stücke auf dem Album „Long Gone Before Daylight“ erschienen sind. Den Überhit „Lovefool“ gibt es in einer launigen Puck-Version, also mit Akustik-Gitarren-Begleitung zu hören, die aber natürlich mit dem bekannten Version nicht mithalten kann.
Das bis dato unveröffentlichte Demo von „Great Divide“ präsentiert die Ballade in ihrem ursprünglichen, nackten Zustand – und berührt auch in diesem. Eine der wenigen Nummern, die tatsächlich bis dato noch nirgendwo veröffentlicht waren. Auch das epische Instrumental-Stück „Cocktail Party Bloody Cocktail Party“ gehört dazu, kommt aber eher als atmosphärische Fingerübung rüber. Hier wird auch klar, warum es das länger als 15 Minuten dauernde Stück nie auf eine Platte geschafft hat, fällt es doch tatsächlich allzu sehr aus dem Rahmen. Dank Perssons Akzent ganz niedlich geraten: das Kraftwerk-Cover „Das Model“.
Die Band sagt: „Wir freuen uns sehr, diese Compilations zu veröffentlichen. Songs, die aus verschiedenen Gründen nicht auf unseren Studioalben zu finden waren. Jetzt kann unser Publikum alle B-Seiten in chronologischer Reihenfolge durchhören, und es ist eine reine Freude, in Erinnerungen an 1993 zu schwelgen. Es ist fast wie eine vergessene Platte, oder besser gesagt vier. Wir hoffen, dass ihr die 13-jährige Reise genießen werdet!“
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