Die Sex Pistols hauen eine neue Retrospektive heraus. Erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten werden insgesamt 20 Aufnahmen der Sex Pistols aus den Jahren 1976 bis 1978 zusammengetragen, um die Geschichte einer der einflussreichsten und polarisierendsten Bands der Welt zu erzählen. Unter dem Namen „The Original Recordings“ deckt das neue Album einen historischen Zeitraum ab, in dem die Band kaum aus den Nachrichten oder den Charts wegzudenken war.
Der eine oder andere mag sich verwundert den Kopf kratzen. Eine Karriere-Retrospektive? Ein Best-Of? Ein Greatest-Hits-Album einer Band, die nur ein einziges Studioalbum auf den Markt brachte?
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Nun, streng genommen war da ja nicht nur „Never Min The Bollocks“ (1977). Da war ja auch noch das Soundtrack-Album „The Great Rock & Roll Swindle“ (1980) zum gleichnamigen Film, einer Mockumentary, auch wenn die Band dort technisch gesehen schon nicht mehr existierte. Ein bisschen Material hat man also schon, um dem Hörer jetzt nicht einfach „Never Mind The Bollocks“ in Gänze als Best Of unterzujubeln. Dazu noch ein paar Cover, fertig ist die Laube.
Und dann ist da ja eben auch ein Anlass. Die neue Retrospektive begleitet die neue Disney+ Serie „Pistol“, in der die Songs des neuen Albums eben auch zu hören sein werden. Die sechs Folgen umfassende Serie startet am 31. Mai (vorerst exklusiv auf Hulu) und basiert auf dem Buch „Tales from a Sex Pistols“ von Sex Pistols-Gitarrist Steve Jones. Sie erzählt die Geschichte der Sex Pistols aus dem Blickwinkel der Band. Drummer Paul Cook und Steve Jones hatten gegen Sänger John Lydon gerichtlich die Rechte an der Musik für den Film erstritten.
Die Wegbereiter des Punk
Und so kann man nun noch mal entspannt in die Historie der Sex Pistols eintauchen. Die Band brachte in den 1970er Jahren die britische Musikszene zum Beben, als sie den Anstoß zu dem gaben, was später als Punk bekannt wurde. Ein Begriff, mit dem die Band selbst allerdings nie etwas anfangen konnte. Mit „Never Mind The Bollocks“ veröffentlichten die Sex Pistols 1977 ein Album, das mit „God Save The Queen“ eine Single beinhaltete, die durch ihren provokativen Text („God Save The Queen/She ain’t no human being“) und die Tatsache, dass die Veröffentlichung des Songs genau mit dem silbernen Thronjubiläum von Königin Elizabeth II. zusammenfiel, für ein Ausmaß an öffentlicher Empörung sorgte, das es in Großbritannien bis dahin nur selten gegeben hatte. Der Song wurde von negativer Presse geradezu überschüttet und von der BBC sogar aus dem Radio verbannt.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – erreichte „God Save The Queen“ Platz 1 der britischen NME-Charts. Es wurde in den offiziellen britischen Single-Charts allerdings nur auf Platz 2 gelistet. Das wiederum führte zu Anschuldigungen, dass der Song absichtlich von der Spitzenposition ferngehalten wurde und stellte somit das Establishment infrage. Auch deshalb gilt „Never Mind The Bollocks“ bis heute als eines der einflussreichsten Alben aller Zeiten. Von Musikern wie Kurt Cobain, Noel Gallagher, Green Day oder YUNGBLUD wurde es als Inspiration genannt.
„The Original Recordings“ bietet einen Überblick über die damalige Zeit. Die Compilation enthält etwa die Schlüsselsingles „Anarchy In The UK“, „God Save The Queen“, „Pretty Vacant“ und „Holidays In The Sun“, wichtige Titel von „Never Mind The Bollocks“, weitere Originale und Covers vom Soundtrack-Album „The Great Rock & Roll Swindle“ sowie einige B-Seiten mit „I Wanna Be Me“ (die Kehrseite von „Anarchy… „), ‚Satellite‘ (die B-Seite von „Holidays In The Sun“) und „Did You No Wrong“ (aus „God Save The Queen“). Die Sound-Qualität passt hier, nicht selbstverständlich, bei diesem alten Material.
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