Max Herre - Athen (foto: universal music)

Max Herre – Athen

Erscheinungsdatum
November 8, 2019
Label
Universal Music
Unsere Wertung
7
Anspieltipps
Dunkles Kapitel
Sans Papiers
Villa auf der Klippe
7
Hörenswert.
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Max Herre lässt wieder von sich hören. Heute veröffentlicht der in Stuttgart geborene Rapper und Produzent seine vierte Solo-Platte „Athen“. Damit endet für seine Fans eine siebenjährige Wartezeit. Das Album ist dabei ein weiterer Beleg für Herres musikalische Bandbreite, aber auch keine „leichte Kost“. 

Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Ihren Anfang nahm Herres Karriere in den 1990ern. Mit dem Album „Die Quadratur des Kreises“ machte er sich mit seinen Freundeskreis-Kollegen einen Namen in der Deutschrap-Szene. Der erste kommerzielle Erfolg gelang 1997 mit „A-N-N-A“. Die Single wurde mehr als 250.000 Mal verkauft. Zwei Jahre später folgte mit der Platte „Esperanto“ der endgültige Durchbruch. Herres „MTV Unplugged Kahedi Radio Show“-Album“ wurde 2014 mit  dem Echo in der Kategorie „Künstler Hip Hop/Urban (national)“ honoriert. Nach den Fantastischen Vier und Sido war Herre erst der dritte deutsche Hip-Hopper, der zu Unplugged-Ehren kam.

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Athen als Sehnsuchtsort

Nun lässt der Gute nach den Alben „Max Herre“ (2004), „Ein geschenkter Tag“ (2009) und „Hallo Welt“ (2012) also „Athen“ folgen. Dass der 46-Jährige seine neue LP ausgerechnet nach dieser Metropole getauft hat, kommt natürlich nicht von ungefähr. Schließlich bezeichnet Herre die griechische Hauptstadt als eine Art Sehnsuchtsort: „Mein ältester Onkel ist dort in den 1920er Jahren geboren, mein Vater hat in den späten 1980ern in Athen gelebt. Ich selbst war als Kind dort, bin später immer in den Ferien nach Griechenland gereist. Meine Verbindung zu Athen ist also sehr stark, die Stadt ist wie ein zweiter Familienort.“

Herre wollte den Hörer mit dem Album nun auf einen Roadtrip dorthin mitnehmen, wie er im Interview mit NEON GHOSTS verrät. Man soll das Album also auch wie ein Album hören, am Stück, wie bei einer Reise. Eines vorweg: Das Vorhaben ist gelungen. „Athen“ ist wahrlich keine Platte, die man mal eben schnell nebenher hört. Man muss sich Zeit nehmen. Darauf einlassen. Denn die Lyrics sind – dafür ist Herre durchaus bekannt – tiefsinnig, vielschichtig und lassen hier und da viel Raum für Interpretationen und Gedanken. Herre schafft es, seine Gefühle, seine Erinnerungen, das, was ihn bewegt, ausdrucksstark zu artikulieren. All das verstärkt er mit viel Bass, häufig auch mit von ihm so bisher kaum gekannten psychedelischen, teils gar düsteren Beats.

Starke Features und ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte

Damit ist „Athen“  – wie beispielsweise sein 2004 erschienenes Debüt-Soloalbum „Max Herre“,  das viele Elemente aus Soul, Reggae und Rock beinhaltete – ein Beweis für die große musikalische Bandbreite und Offenheit des Produzenten, Verlegers und Regisseurs. Das zeigt sich auch in den starken Features mit Künstlern aus verschiedensten Genres. Darunter finden sich neben den Rappern Trettmann („Villa auf der Klippe“), Megaloh, Fatoni und Dendemann auch Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow und die Pop-Band OK KID.

Herre selbst sagt, seine Musik sei immer auch ein Spiegel seiner eigenen Persönlichkeit, der eigenen Weiterentwicklung und aktuellen Lebenssituation, aber auch seines politischen Interesses. All das findet sich in den „Athen“-Songs. Etwa wenn er in „Dunkles Kapitel“ über einen längst überwunden geglaubten Teil der deutschen Geschichte rappt: „Gestern noch Bilder in schwarz-weiß, jetzt übertragen sie es in Farbe, und ich frage mich, wie viele Seiten sind noch frei, im dunklen Kapitel, unserer Geschichte.“ Oder aber über die Lebensrealität der Menschen ohne Namen („Sans Papiers“). 

Mit den eigenen Lügen konfrontiert

Die Songs stimmen nachdenklich, sind sicherlich keine leichte, fröhliche Kost, die immer auch Teil der Vorgängeralben war. Herre beschäftigt sich mit den Ängsten der Menschen wie Mobbing und Zukunftssorgen („Alte Turnhalle“). Und blickt in „Siebzehn“ zurück in seine Jugend in den 1990ern, aber auf eine Art und Weise, die „im Jetzt stattfindet“. Denn in dem Song rückt er die Geschichte seines Sohnes in den Mittelpunkt. Ihm selbst ist es ohnehin wichtig, Erinnerungen im „Jetzt“ zu verarbeiten. Dabei schafft er einen ausdrucksstarken Wechsel zwischen der Sohn- und Vater-Perspektive, deren Sichtweisen und Sorgen: „Du willst nur deine Ruhe, und ich will nur, dass du dir es nicht verbaust.“ / „Und meine alten Lügen muss ich dir jetzt glauben.“

Wohl am eindrucksvollsten nimmt Herre den Zuhörer bei „Das Wenigste“ mit in seine eigene Gefühlswelt. Im Duett mit seiner Frau Joy Denalane gibt er 20 Jahre nach „Mit Dir“ einen tiefen Einblick in das Seelenleben des Paares, die gemeinsamen Tiefen und die wunden Punkte. Herre lernte Denalane kennen und lieben, als er auf der Suche nach einer Sängerin für eben jenes „Mit Dir“ war. Übrigens: Wie Herre im Interview mit Neon Ghosts verrät, dürfen sich Denalanes Fans wohl auch auf ein neues Album freuen.

Keine reine Rap-Platte

Wer eine „klassische“ Rap-Platte erwartet, dürfte enttäuscht werden. „Athen“ ist zwar eine Rap-, aber eben auch eine Gesangsplatte. Das beginnt mit der griechischen Sängerin Melina Kana im titelgebenden Song „Athen“, der Herres „Reise“ eröffnet, und zieht sich durch fast alle Tracks. Keine Frage: Das bereichert Herres Musik.

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