Ziemlich genau ein Jahr nachdem sie ihre beiden bemerkenswerten Auftritte im Londoner Wembley-Stadion hinlegten, machen Blur nun den Mitschnitt zugänglich. „Live at Wembley Stadium“ ist soeben erschienen.
Es mag sich heute seltsam anfühlen, aber: In den 1990er Jahren musste man sich tatsächlich noch entscheiden. Blur oder Oasis? Eine Frage, die unter Britpop-Fans mit ähnlich viel Leidenschaft diskutiert wurde wie: Beatles oder Stones? Blur gaben sich damals einen etwas intellektuelleren Anstrich, zitierten Bowie, Pink Floyd und Madness, während die Lads aus Manchester eher hemdsärmelig herüberkamen. Letztere klangen dann eher, als wollten sie den Beatles-Sound in die Moderne übersetzen. Der „Battle of Britpop“ war ein Medienereignis, nicht wenige träumten davon, Oasis und Blur könnten eine neue British Invasion anführen. Wie in den 1960er Jahren eben die Stones und die Beatles.
anzeige
Neun Studioalben haben Blur seit ihrem Debütalbum “Leisure” im Jahr 1991 veröffentlicht, sieben davon gingen davon auf Platz eins der UK-Charts – und das übrigens in Serie: “Parklife” (1994), “The Great Escape” (1995), “Blur” (1997), “13” (1999), “Think Tank” (2003), “The Magic Whip” (2015) und zuletzt “The Ballad of Darren” (2023). Ein Querschnitt ihres Schaffens präsentierte die Band im Juli 2023 im legendären Londoner Wembley-Stadion – vor sage und schreibe insgesamt 150.000 Fans. Die Arena ist immer noch ein popkulturelles Mekka. Die ganz Großen haben hier gespielt, unter anderem Queen beim legendären „Live Aid“-Konzert.
Kein Song aus „The Magic Whip“ dabei
Für Blur waren die beiden Gigs am 8. und 9. Juli 2023 die ersten in Wembley. Für Damon Albarn, Graham Coxon, Alex James und Dave Rowntree waren die Konzerte also etwas Besonderes. Etwas Emotionales. Entsprechend motiviert gingen sie zu Werke, das war seit ihrem jüngsten Comeback ja nun auch nicht immer so. Stichwort: Coachella.
Das nun vorliegende Album – das vierte Live-Album der Band insgesamt – enthält die Glanzlichter der beiden Abende in der englischen Hauptstadt. Live-Aufnahmen von „The Narcissist” (kommt live sehr gut!) und „St Charles Square” aus dem aktuellen Album „The Ballad of Darren” fanden sich dabei ebenso auf der Setlist wieder wie die großen Hits der Band. „There’s No Other Way“, „Popscene“, „Beetlebum“, „Trimm Trabb“, „Villa Rosie“, „Coffee & TV“, „Under the Westway“ (ein emotionales Glanzlicht!), „Out of Time“, „To the End“, „Song 2“, „This is a Low“, „Girls & Boys“, „Tender“ (unterstützt vom stimmgewaltigen London Community Gospel Choir) und „The Universal“. Hach.
Ein Wermutstropfen: Songs aus dem famosen Comeback-Album „The Magic Whip“ finden sich unter den insgesamt 24 Tracks leider nicht. Man gönnt dem Publikum stattdessen die musikalische Zeitreise in die eigene Jugend. Von magischen Nächten ist oft die Rede, wenn es um die beiden Blur-Konzerte in Wembley geht. Das ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen, dafür ist Damon Albarn Stimme nun doch nicht mehr ganz das, was sie mal war. Dennoch kann man durchaus spüren, dass die Atmosphäre an diesen beiden Abenden durchaus etwas für sich hatte. Wem das aber noch nicht ausreicht: Ergänzend wird im September noch der Film zum Konzert erscheinen.
„Live at Wembley Stadium“ kommt in diversen Varianten daher, insgesamt sind es 13, die auf der Webseite der Band feilgeboten werden. Uns lag die Doppel-LP vor.
anzeige