Sie hatte sich zurückgezogen in den vergangenen Jahren. Jetzt meldet sich Birdy mit einem neuen Album zurück. Fünf Jahre nach „Beautiful Lies“ hat die britische Singer-Songwriterin jetzt „Young Heart“ veröffentlicht, nachdem sie zuvor den Weg angetreten ist, den schon so viele Musiker*innen vor ihr gegangen sind: nach Nashville.
Ja, Nashville ist ja für Musiker so etwas wie der Jakobsweg für Normalsterbliche. Ein Ort, um Inspiration zu sammeln. Ein Sehnsuchtsort. Auch Birdy hat es nach Tennessee gezogen, die Heimat der großen Herzschmerz-Songs. Auch in Los Angeles war sie, um aus dem Spirit zeitloser Künstler wie Joni Mitchell und Nick Cave zu schöpfen. Und in Indien, wo ja schon selbst die Fab Four Ideen sammeln konnten. Magische Locations, die dafür sorgen sollten, die Schreibblockade zu lösen, die Birdy nach dem Release von „Beautiful Lies“ und den „Piano Sketches“ im Jahr 2016 verspürte. Und die ihr wohl auch geholfen haben, mit einer schmerzhaften Trennung klarzukommen. Kurzum: Nach all den Jahren des Schreibens, Veröffentlichens und des Tourens hat die Frau auch mal ein bisschen gelebt.
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Irgendwann ging es aber dann doch wieder ins Studio, klar, nach Nashville. Heraus kam dort ein waschechtes Herzschmerz-Album, an dem neben Birdy auch die Produzenten Daniel Tashian und Ian Fitchuk geschraubt haben, die schon mit Country-Größe Kacey Musgraves für deren Album „Golden Hour“ zusammengearbeitet hatten. Es ist ein Album ohne den ganz großen Popanz, ohne das ganz große Tamtam. Sehr stripped back, sehr chillig, sehr erwachsen. Joni Mitchell stand hier hörbar Pate. Die Songs wechseln zwischen Melancholie und (Zweck-)Optimismus, spiegeln den Konflikt zwischen dem Verlangen, sich einzuigeln und dem Zwang fortgehen zu müssen. Zu neuen Orten und neuen Erlebnissen, die einem über das Erlebte hinweghelfen.
Ein echtes Trennungsalbum
Zu den Glanzlichtern der pianolastigen Platte gehört etwa der Opener „Voyager“, ein eindringlicher Song über den Schmerz und die Gewissheit, die man zum Beenden einer Beziehung braucht, während man sich zugleich noch im Niemandsland befindet, dass der Partner von nichts weiß. Die Nummer ist nicht zufällig der Eröffnungstrack, das Album entwickelt sich thematisch geradezu chronologisch. Ab diesem Punkt handelt es von den Nachwehen einer Trennung. Von der Einsamkeit, dem Schmerz, die geliebte Person zu vermissen („Nobody Knows Me Like You Do“) oder letztlich der Akzeptanz der Trauer als zentralem Bestandteil von Liebe und Verlust („New Moon“).
Keine Frage: der erwachsenere Zugangs steht Birdy, mittlerweile 24, die ja immer einen gewissen Hang zur Theatralik und Dramatik hatte, ausgesprochen gut. Natürlich kommt hier das ewige Klischee des leidenden Künstlers zum Tragen, aber so authentisch wie hier wirkte die Musikerin aus Lymington/Hampshire noch nie.
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