Auf seinem gerade erschienenen Debütalbum „Sleepless“ setzt sich Thomas „Tom“ Brandt aka tinie creatures unter anderem mit Politik, aber auch mit dem Tod auseinander. Schwere Kost also, und doch versucht der gelernte Schauspieler, Musiker und Songwriter dabei auch eine gewisse Leichtigkeit zu behalten. Uns stand der Gute nun für unsere My-Soundtrack-Reihe Rede und Antwort. Und es fiel ihm gar nicht so leicht, sich auf fünf Tracks zu beschränken, wie er uns verriet: .“Natürlich ist es gaaanz schwer, fünf Sachen auszuwählen und nun sind es eben fünf sehr verschiedene Tracks und Artists geworden, weil eben auch mein Musikhören auf viele unterschiedliche Stile und Richtungen aufgefächert ist. Und dennoch fehlen natürlich mindestens 5 weitere (-: Nun gut …
Dire Straits – Brothers In Arms
So ganz klassisch mal für den Anfang. Gitarrentechnisch, wenn auch vielleicht eher in Tracks wie „News“, ist Mark Knopfler sicher eine Orientierung für mich. Die Form des Fingerpickings und vor allem seine Art, eine Gitarre „singen“ zu lassen, ihr etwas ganz Eigenes zu geben, empfinde ich schon immer als extrem inspirierend und berührend. „Brothers in Arms“ hat – abgesehen von seiner immer noch aktuellen Kriegsthematik – als Song einen wunderschönen Aufbau. Das Spiel aus Ruhe in der Stimme und den Klangflächen der verschiedenen Instrumente und der mal spielerisch ummalenden, mal schreienden Gitarre bewegt mich immer wieder neu. Und ja, ich habe auch eine gewisse Liebe für das Theatralische. (-:
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Karel Kryl – Veličenstvo kat
Bilingual aufgewachsen in Bremen, aber mit immer bestehender Verbindung nach Tschechien, war die dortige Kunst und Kultur für mich prägend. Karel Kryl verbindet für mich Poesie mit klarer Haltung, wunderbare Texte mit stabilem Widerstand gegen die damals bestehende Diktatur in Tschechien. Dabei waren die Texte nie platt. Sie suchten immer eher ein starkes Bild als eine stumpfe Message. Während viele andere ihre Karrieren auf dem Sich-Anpassen und Anbiedern aufbauten, blieb Kryl bei seiner Haltung und zahlte auch den entsprechenden Preis dafür. Diese Konsequenz ist für mich auch Teil seiner Dichtung und Musik und schafft es nach wie vor, mir eine gewissen Gänsehaut zu geben.
Justina – Pichak (feat. Toomaj Salehi)
Persisch spreche ich kaum, über den Iran weiß ich viel zu wenig. Aber die Dringlichkeit des Songs (dessen Namen ich mal in einem Leipziger Kiosk, wo er lief, erfragte) ist auch ohne Textverständnis (dem Untertitel natürlich trotzdem helfen) deutlich spürbar. Toomaj und Justina stehen neben stabilem Rap für einen klaren Protest gegen ein unmenschliches, unterdrückendes System und die im Track enthaltene Wut und Haltung machen eben spürbar: Hier geht es um etwas. Und das ist auch Kunst.
Mine und Orchester (live in Berlin) – Schminke feat. Allstars
Ich bin vor ein paar Jahren auf diesen Livemitschnitt gestoßen und der Song, insbesondere in dieser Version, verbindet einfach viele interessante Elemente für mich. Abgesehen davon, dass Mine sicher eine extrem versierte und spannende Musikerin ist, die meiner Meinung nach einen tollen Weg gefunden hat, doch auch oft spezielle Popmusik zu machen, vereint der Track auch mit den verschiedenen HipHop Acts, Tristan Brusch und Großstadtgeflüster, einige KünstlerInnen und Stile, die mich immer wieder begleitet haben.
Sophie Hunger – Spaghetti mit Spinat 2015 (Live)
Dieser Song, insbesondere in dieser Version, bringt eine wahnsinnige Verspieltheit, musikalische Variabilität und Witz mit. Vom Theater kommend, frage ich mich immer wieder: Wie kann man immer wieder verschiedene Wege finden, Dinge musikalisch und textlich auszudrücken. Sophie Hungers Song steht für mich hier symbolisch für diesen Ansatz. Sie spielt so leidenschaftlich die verschiedenen Register von Phrasierung und Wort- und Melodiesetzung durch, dass ich immer wieder gern mit viel Freude am Start bin. Und die so gar nicht lieblich angelegte Endeskalation in diesem großartigen Solo bringt dann noch die wohltuende Spur Dreck mit, die ich an Live-Musik liebe.
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