Gringo Mayer (foto: Fiege)

Live: Gringo Mayer in Kaiserslautern – So viel „Laav“

Gut, Kaiserslautern ist nicht Ludwigshafen. Aber trotzdem kann man den Auftritt des Kurpfälzers Gringo Mayer in der Kammgarn schon irgendwie als Heimspiel bezeichnen. Denn der Mundart-Indie-Musiker ist längst nicht mehr nur in der Pfalz unterwegs, sondern schickt sich an, ein bundesweites Phänomen zu werden.

Nein, es ist nicht alltäglich, dass Mundart-Musiker mit ihrer Kunst ein Publikum finden, das über den Kreis jener hinausgeht, die im selben Dialekt zu Hause sind. Zumindest, wenn wir hier über Rock und Pop sprechen und nicht über volkstümliche Musik. 

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Den Rodgau Monotones aus Hessen war die Erweiterung ihrer Hörerschaft ins Überregionale mal kurzzeitig gelungen, auch der Spider Murphy Gang aus Bayern. Österreichische Bands haben irgendwie prinzipiell ein Händchen dafür, Mundart gewinnbringen einzusetzen. Und klar, dann sind da natürlich die Kölsch-Rocker von BAP. Auf die Band um Wolfgang Niedecken  konnte man sich schon früh bundesweit einigen, auch wenn außerhalb der Dom-Metropole die Texte nicht immer verstanden wurden.

Die Chancen stehen heuer gar nicht so schlecht, dass man in diese Phalanx an überregional erfolgreichen Mundart-Künstlern auch ganz selbstverständlich Gringo Mayer einordnen wird. Denn auf den Ludwigshafener, der nun in Mannheim lebt, ist man mittlerweile bundesweit aufmerksam geworden. 

Pälzer Sprooch endlich salonfähig

Kollegen wie Olli Schulz, Kettcar oder Thees Uhlmann zählen zu seinen Fans. Mayer durfte nicht nur Ina Müllers „Schellfischposten“ in Hamburg bespielen, sondern Spielstätten in der ganzen Republik. Die aktuelle Tour führte und führt den Pfälzer unter anderem nach Berlin, Stuttgart, Ulm, Erfurt, Freiburg oder Köln.

„Laav“, so heißt das neue Album, is everywhere. Und für den Otto Normalpfälzer bedeutet das natürlich einen gewissen Selbstbewusstseinsschub. Denn wie oft wurde dieser andernorts für seinen Heimatdialekt verlacht. Noch heute trägt der eine oder andere das Trauma einer „Playboy“-Umfrage aus dem Jahr 2010 mit sich herum, in der das Pfälzische zum unerotischsten Dialekt der Republik gebrandmarkt wurde.

Gringo Mayer zeigt jetzt − besser spät als nie −, dass man sich für seinen Dialekt nicht schämen muss, dass das pfälzische Idiom sogar mit der Popkultur kompatibel ist. Dass man auf Pfälzisch nicht nur über Weck, Worscht un Woi singen kann, sondern, ja, auch über die Liebe.

Geballte Liebe von der Bühne und zurück

Am Freitagabend kehrte Mayer nun mit seiner geballten Liebe  in die Kammgarn in Kaiserslautern ein.  Und stieß dort auch auf jede Menge Gegenliebe. Das zeigte sich nicht nur ganz generell am Besucheraufkommen − das Haus war ausverkauft, klar −, sondern auch in der Art und Weise, wie die Fans die Songs aus Mayers neuem Album „Laav“ aufnahmen. Oft ist es ja so, dass Künstler die Tracks von gerade erschienenen Alben eher verschämt in ihren Konzert-Setlisten verstecken, um dem Publikum nicht zu viel Unbekanntes zuzumuten. 

Mayer hatte diese Scheu am Freitagabend nicht. Von den zehn Songs seiner neuen Platte spielte er: einfach mal alle. Das zeugt zweifellos von Selbstbewusstsein, von Vertrauen ins eigene Material. Aber dieser Glaube an sein neues Album ist auch gerechtfertigt. Es ist ein echtes Brett, das Mayer da abgeliefert hat. 

Dass der Autor dieser Zeilen diese Meinung nicht exklusiv hat, beweist die Tatsache, dass Mayer mit „Laav“ auf Platz 57 der deutschen Charts gelandet ist, zwischen Eminem („The Eminem Show“) und Nirvana, deren Klassiker „Nevermind“ sich offenbar immer noch wie geschnitten Brot verkauft. 

Unter den Zuschauern in Kaiserslautern waren offenbar auch so einige Käufer des neuen Mayer-Tonträgers zu finden. Denn obwohl das dritte Gringo-Machwerk gerade mal rund zwei Wochen auf dem Markt ist, zeigte sich das Publikum erstaunlich textsicher. 

Das wurde schon direkt beim Opener „Fabrigg“ offenkundig. Gringos Hymne an die BASF wurde von den Zuhörern direkt lautstark mitgesungen. Da war von Sekunde eins Energie im Raum, Mayer hatte die Kammgarn vom ersten Moment an im Sack. Man musste  kein Prophet sein, um einen magischen Abend zu erahnen. 

Zwischen Ironie und Tiefgang

Und das wurde er auch. Mayer kredenzte seinen Hörern Indie-Pop vom Feinsten. Die Texte mögen dann und wann mit einem Augenzwinkern daherkommen, gerade bei den früheren Sachen, aber es schwingt auch eine große Ernsthaftigkeit mit. Da darf man sich vom Bühnen-Look des Künstlers, der an den eines 1970er-Jahre-Schlagerbarden oder Heiratsschwindlers angelehnt ist, nicht täuschen  lassen.  Die Gringo-Ästhetik mag ironisch-kitschig sein, seine Songs sind es nicht.

Zu den Glanzlichtern an diesem Abend gehört „Pfütze“, das, wenn es denn auf Englisch gesungen werden würde, durchaus auch auf einer „The-War-on-Drugs“-Platte Verwendung finden könnte. Eine Nummer, die unter die Haut geht und dabei im starken Kontrast zu Hymnen wie „Oh Jesses“ oder „Äni raache“ steht, die vom Publikum immer noch dankbar mitgegrölt werden. Songs wie „Pfütze“ zeigen, welche Entwicklung Mayer in den vergangenen Jahren hingelegt hat.

Am Ende darf er nicht ohne einen ausgiebigen Zugabenblock von der Bühne, die vier geplanten Bonus-Tracks („De Deifel sollse hole“, „Niemand wie du“, „Underdogs“ und „Allää“) reichten dem Publikum nicht aus. So gab es zum großen Finale noch mal „Laav“ obendrauf. Zuviel Liebe hat schließlich noch keinem geschadet.  

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