„All you need is laav“: Beim dritten Studioalbum von Gringo Mayer dreht sich alles um die Liebe. Der Kurpfälzer Musiker zeigt sich auf „Laav“ dabei deutlich gereifter.
Keine Frage. Das rheinland-pfälzische Ludwigshafen gehört popkulturell nicht unbedingt zu den deutschen Hotspots. Mehr als „Tatort“ mit Lena Odenthal hatte die Chemiestadt lange Zeit nicht zu bieten, immer stand sie im Schatten von Mannheim und Heidelberg. Aber Ludwigshafen, das einst von der NDR-Sendung „Extra 3“ zur hässlichsten Stadt Deutschlands gekürt wurde, macht zuletzt einige Meter gut. Im Mainstream etwa durch den Rapper Apache 207, der Udo Lindenberg zu seinem ersten Nummer-eins-Hit in Deutschland verhalf. Und im Indie-Bereich beginnt gerade der Stern von Gringo Mayer so richtig hell zu strahlen.
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Liebeserklärung an die Heimatstadt
Zwei Jahre nach der Platte „Ihr liewe Leit“ haut Mayer nun also Studioalbum Nummer drei raus. In den zehn Songs beschäftigt sich der Gute mit der Liebe und all ihren Facetten. Kitschig oder zu zuckersüß wird es dabei aber nicht, keine Sorge. Auf Zuckerguss-Romantik steht der Liedermacher nicht. Für ihn ist das Thema „Liebe“ fast schon politisch. Gerade in Zeiten wie diesen. „Permanent ist die Rede von Spaltung und Entfremdung – und Liebe ist doch immer noch das beste Gegenmittel gegen Angst, Verzweiflung und Unsicherheit. Und damit meine ich nicht einfach die romantische Liebe, sondern eigentlich in aller erster Linie das Offenbleiben gegenüber Menschen.“ Mit den neuen Songs gehe es ihm vor allem darum, ein Gefühl von Frieden zu vermitteln, eine musikalische Atempause“, sagt Mayer.
Die Atempause hat sich Mayer selbst auch gegönnt. Ein großer Teil der neuen Lieder entstand nämlich Anfang 2024 auf Teneriffa. Die Natur der Insel stand für ihn in einem Gegensatz zu der chronischenÜberforderung, die er überall um sich herum beobachtete, und den immer schneller aufeinanderfolgenden Krisen.
In Sachen Stil breit aufgestellt
Produziert hat Gringo Mayer „Laav“ erneut mit dem Produzenten Mathias Greule sowie den Musikern der großartigen Kegelband, bestehend aus Jeremy Dhôme (Schlagzeug), Juri Schweizer (Bass) und Stephan Udri an der Trompete. Stilistisch fährt die Mannschaft auf der neuen Platte groß auf. Indie, Pop, Folk, Polka, Samba, Blues und vieles mehr werden hier gekonnt vermengt. Beliebig wirkt das Ganze trotzdem nicht.
Song-Perlen hat es auf „Laav“ so einige. Das emotionale „Pfütze“ gehört sicherlich dazu, der Song erinnert mit seinen warmen, psychedelischen Flächen ein bisschen an The War On Drugs. „Fabrigg“ (mit diesem wunderbaren Trompeten-Part) ist eine Musik gewordene Liebeserklärung an Gringos Heimatstadt. Er handelt vom Monte Scherbelino, einem bepflanzten Schutt- und Müllhaufen, mit 125 Meter über Null die höchste Erhebung Ludwigshafens. Seine gesamte Kindheit glaubte Mayer, es mit einem einmaligen Naturparadies zu tun zu haben, bis er eines Tages feststellen musste: Diese überwiegend nach dem Krieg aufgeschütteten und später begrünten Schutthaufen gibt es überall in Deutschland.
„Man konnte von dort oben bis zum Horizont gucken. Nur dass am Horizont BASF war und wir auf einem Haufen Müll standen und die vermeintlichen Sterne in Wirklichkeit die Lichter der Fabrik waren“, erinnert sich Gringo an seine Jugend und findet damit das perfekte Bild für geplatzte Träume in einer klassischen Arbeiterinnenstadt.
Keine Ausreißer nach unten
Zwar stechen diese beiden Nummern heraus, Ausreißer nach unten gibt es auf „Laav“ aber nicht. Es ist eine Platte, die man immer und immer wieder durchhören will, entdeckt man doch immer wieder neue Goldstücke. „Ewe longts“ etwa, das die Liebe eines Vaters zu seiner Tochter beschreibt. Ein Song über das Loslassen, getragen von rauen E-Gitarren und Bläsern. Man genießt die tanzbaren Momente, den Indie-Rock von „Niemand wie du“ (mit 80s-Keyboard-Melodie) oder „Wasn los“ ebenso wie das gospelige „Kä Beweise“ oder die Balladen „Laav“ (Country!) oder“Wahri Liebe dud weh“.
Übrigens: Es gibt jetzt die Gelegenheit, das Album live genießen zu können. Ab heute begibt sich Mayer nämlich auf große „Laav“-Tour, die 15 Konzerten umfassen und mindestens bis zum 21. Juni andauern soll.
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