50 Jahre auf der Bühne und immer noch gefragt: Der Ire Chris de Burgh hat am Dienstagabend den Mannheimer Rosengarten problemlos gefüllt. Seine großen Hits hat der Meister der Balladen zur Feier des Tages und seiner langen Karriere in ein besonderes Gewand gesteckt.
Mit der Familie auf dem Sofa „Wetten, dass..?“ schauen: Das gehört zweifellos zu den kollektiven Kindheits- und Teenagererinnerungen der Generation Golf, aber auch der Millennials. Und wenn man da damals so frisch gebadet, auf der Couch saß, war die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass Thomas Gottschalk irgendwann zu später Stunde Chris de Burgh ansagte. Stolze siebenmal war der irische Sänger und Komponist bei der liebsten Show der Deutschen zu Gast, es galt offenbar die Faustregel: Wenn Peter Maffay, Joe Cocker oder Rod Stewart gerade nicht greifbar waren, durfte der Ire ran.
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Joe Cocker ist leider nicht mehr, Peter Maffay hat gerade seine Abschiedstour gegeben, Rod Stewart will ebenfalls kürzertreten, Thomas Gottschalk ist unter die Literaten gegangen und nörgelt jetzt in Talkshows rum. Nur Chris de Burgh macht, was er schon immer gemacht hat: Er macht weiterhin Musik und wickelt sein Publikum mit seinen Balladen um den Finger. Auch und gerade live.
Noch sanfter als sonst
„Sanfte Radikalität“ heißt ein gerade erschienenes Buch der Heidelberger Schriftstellerin Jagoda Marinić , bei Chris de Burgh müsste es heißen: radikal sanft. Auf seiner aktuellen Tournee „50lo“ geht es bei dem 76-Jährigen sogar noch sanfter zu als sonst. Der Tour-Name ist nämlich tatsächlich Programm, zu seinem 50. Bühnenjubiläum ist de Burgh komplett solo unterwegs und verzichtet auf begleitende Musiker. Ein Klavier, eine Gitarre und Mikrofone, mehr braucht de Burgh nicht, um die Zuschauer zu unterhalten. Auch das Bühnenbild passt in dieses Minimalismus-Konzept, es gibt keine ausgefeilten Visuals, die über Leinwände flimmern. Hier und da leuchtet mal eine Zahl hinter de Burgh auf, je nach Song wird die Bühne in der zur Stimmung passenden Farbe ausgeleuchtet. Die Botschaft ist klar: Hier soll es heute allein um die Musik gehen.
Die Menschen, sagt de Burgh am Anfang des Konzerts, würden sich heute im Zusammenhang mit ihm vor allem drei Fragen stellen: Lebt er noch? Kann er noch singen? Und: Ist er glücklich? Am Ende des Konzerts lassen sich alle drei Fragen mit „Ja“ beantworten. De Burghs ist vollkommen vital, hält die knapp zweieinhalbstündige Show (ohne Pause) problemlos durch. Seine Stimme hat trotz seines fortgeschrittenen Alters nicht gelitten, selbst in höchste Höhen schwingt sie sich noch problemlos auf. Aufs Falsett muss der Mann an diesem Abend ja bei so manchem Refrain zurückgreifen.
Setlist mit den großen Hits
Knapp 30 Songs gibt de Burgh im ausverkauften Rosengarten zum Besten, dabei fällt nochmal auf, wie sehr die Hits des in Argentinien geborenen Iren das Formatradio der Achtziger und Neunziger mitdominiert haben. Irgendwo zwischen Tina Turner und Phil Collins/Genesis wurde da mit Sicherheit ein de-Burgh-Song gespielt. Hits wie „Sailing Away“ oder „Missing You“ kommen in ihrer Zartheit immer noch gut, sie gehören zu den stärksten Nummern des Abends in Mannheim. Die Setlist besteht natürlich aus den größten Hits, von „Don’t Pay The Ferryman“ bis hin zu „High On Emotion“, aber auch neuere Nummern bis hin zu Stücken aus dem Album „The Legend of Robin Hood“. Garniert wird der das Ganze mit ein paar Covern, de Burgh verneigt sich vor den Beatles („Let It Be“), Roy Orbison („Oh, Pretty Woman“) und gar Toto („Africa“).
Das alles in Akustik-Versionen. Nur bei seinem größten Hit „The Lady in Red“ gönnt sich de Burgh ein bisschen mehr Wumms, hier kommt die Musik vom Band, der Kontrast zum Rest des Sets lässt den Song, bei dem natürlich alle stehen, noch ein bisschen heller funkeln.
Nach drei Zugaben ist dann gegen 22 Uhr Schluss. De Burgh hinterlässt ein zufriedenes Publikum – und geht reich beschenkt nach Hause. Vom Blumenstrauß bis hin zum Kuschelkissen reichten die kleinen Präsente, die ihm Fans am Bühnenrand in die Hand drückten. Szenen, wie man sie aus den deutschen Musiksendungen früherer Zeiten kennt – und die ihren Teil zu diesem Fest der Nostalgie beigetragen haben.
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