Selbst ist die Frau: Die kalifornische Singer-Songwriterin Lael Neale hat die Songs für ihr zweites Album „Acquainted With Night“ komplett im Alleingang komponiert und arrangiert. Dabei sorgte die Gute für ein Revival eines fast vergessenen Instruments.
Nein, keine Frage: Das Omnichord ist nicht das Instrument der Stunde. In den 1980ern war das Ding mal angesagt, Trio verwendeten es gern, Brian Eno, Cyndi Lauper, ja, selbst David Bowie. Danach geriet es mehr oder weniger in Vergessenheit. Man liebt es, oder man hasst es. Lael Neale hat sich augenscheinlich für eine Seite entschieden. Auf ihrem zweiten Album „Acquainted With Night“ greift die Musikerin mit viel Lust auf dieses elektronische Plastik-Instrument zurück. Es bildet die Grundlage für die insgesamt zehn neuen Songs, die sich vornehmlich um Themen wie Isolation, Sterblichkeit, Sehnsucht und Transzendenz drehen. Lael Neale singt und säuselt dazu mit glasklarer Stimme, erinnert dabei hier und da an Mazzy Star.
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Es lohnt sich, sich die Songs mehrfach anzuhören. Die schepprigen, von Guy Blakeslee produzierten Lo-Fi-Tracks zeichnen sich durch ihre Poesie aus, sind oft doppelbödig, bieten viele Möglichkeiten, beim erneuten Hören Neues zu entdecken. Und sie sind trotz ihrer musikalischen Einfachheit emotional unheimlich fesselnd.
Idealisierung vs Realität
Zu den stärksten Nummern gehört dabei das betörende „White Wings“. Aber auch „For No One For Now“, das Neale als ersten Song aufnahm, gefällt. Letztgenanntes Lied beschwört geradezu die Bilder eines Road Trips herauf, man sieht sich einen Freeway im San Fernando Valley entlang brausen, während sich die Palmen leicht im Wind wiegen. Das Lied setzt dabei auf Kontraste: die romantische Protagonistin, die in eine Traumwelt entflieht, während sie dabei Bettlaken zusammenlegt oder Brot toastet. Hier stehen sich romantische Idealisierung und banale Realität wunderbar gegenüber.
Auch “Blue Vein” gefällt, wobei der Song aus dem Rahmen fällt. In seiner traditionelleren Machart erinnert er doch eher an Neales frühere Werke. Es ist der einzige Song, auf dem die Singer-Songwriterin zur Gitarre statt zum Omnichord greift. Die Nummer ist ein echtes Amalgam von Gedanken, Sorgen und Lehren. Mit einigen guten Zeilen. “Some say the truth springs for reservoir seekers, but I think the truth sings to whoever listens”. Wir hören hier sehr gerne zu.
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