Mit „Die Firma“ landete der Schriftsteller John Grisham einen weltweiten Bestseller. Das Buch geriet zum meistverkauften Roman im Jahr 1991, blieb stolze 47 Wochen auf der Bestsellerliste der altehrwürdigen „New York Times“. Mehr als 30 Jahre später gönnt Gisham seinen Fans ein Wiedersehen mit dem „Die Firma“-Protagonisten Mitch McDeere. Eine echte Fortsetzung ist „Die Entführung“ aber trotzdem nicht.
Nein, Anwälten wird gemeinhin nicht nachgesagt, sonderlich sympathisch zu sein. Im Gegenteil. Und so kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass John Grisham wohl nicht so viele Herzen zugeflogen, wenn er denn Rechtsanwalt geblieben wäre. Ab 1991 konzentrierte sich der gute Mann aus Jonesboro, Arkansas komplett auf die Schriftstellerei. Zu diesem Zeitpunkt hatte er auch schon zwei echte Bestseller gelandet: „Die Jury“ (1988) und „Die Firma“ (1991).
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In „Die Firma“, 1993 mit Tom Cruise verfilmt, ging es um den jungen Harvard-Absolventen Mitch McDeere, der schon vor Ende seines Studiums ein Jobangebot bei einer renommierten Anwaltskanzlei in Memphis erhält. Nach der ersten Euphorie aber stellt er fest, dass irgendwas in der Firma nicht mit rechten Dingen zugeht. Zwei seiner Anwaltskollegen sterben während eines Aufenthalts in den Ferienappartements der Firma. Das FBI steckt ihm, dass in der Firma etwas gehörig schief läuft. Die Kanzlei gehört nämlich einer Mafia-Familie aus Chicago. McDeere versucht, der Kanzlei das Handwerk zu legen …
Eine Fortsetzung, die keine ist
Grishams neuer Roman „Die Entführung“ setzt nun 15 Jahre nach diesen Vorkommnissen an. Protagonist Mitch McDeere arbeitet mittlerweile in der größten Anwaltskanzlei der Welt in Manhattan. Da holt ihn das Verbrechen wieder ein. Als ihn ein Mentor in Rom um einen Gefallen bittet, findet sich Mitch schnell im Zentrum eines mörderischen Konflikts wieder. Er soll durch eine immense Lösegeldzahlung eine Geiselnahme beenden, doch die Umstände sind dramatisch. Schon bald ist nicht nur er selbst in Gefahr, sondern auch die, die ihm nahestehen …
Wie das Fortsetzung nun mal so ist: An Teil eins reichen sie meistens nicht heran. Das ist auch bei „Die Firma“ und „Die Entführung“ nicht anders. Wobei erster Teil natürlich die Messlatte auch ziemlich hoch gelegt hat. Und dann ist der Begriff Fortsetzung auch etwas hochgegriffen, da es bei den beiden Geschichten – abgesehen des Protagonisten und seiner Frau – kaum Berührungspunkte gibt. Mitch hat es nicht mehr mit Mafiosi, sondern Terroristen zu tun. Wirklich Vorkenntnisse braucht der Leser also nicht. Das ist ein bisschen schade, weil schnell das Gefühl aufkommt, dass man mit „Die Entführung“ einfach noch mal eben ein bisschen Kasse auf dem Rücken von „Die Firma“ machen wollte. Wahnsinnig viel Spannung kommt leider auch nicht auf, das Werk gehört sicher nicht zu den besten Grishams. Zu oft verliert sich der Autor in Nebensächlichkeiten, die die Story nicht vorantreiben. Und dass Grisham sein natürliches Revier, den Gerichtssaal, in diesem schleppend erzählten Machwerk außen vor lässt, ist unverzeihlich.
Lesezeichen
John Grisham – Die Entführung. Aus dem Amerikanischen von Imke Walsh-Araya, Bea Reiter. Originaltitel: „The Exchange“, Originalverlag: Doubleday. Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten, ISBN: 978-3-453-27429-7, Heyne Verlag.
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