Ordentlich voll war er, der idyllische Palmengarten im Herzen Frankfurts beim Konzert von Neneh Cherry am Dienstagabend. Die Schwedin stellte in dieser paradiesisch anmutenden Szenerie ihr neues Album „Blank Project“ vor – und bewies dabei, dass sie nichts verlernt hat.
Wenn Neneh Cherry lächelt, dann scheint für einen Moment alles gut zu sein. Dann mag man kaum glauben, dass es bereits 25 Jahre her ist, seit die Musikerin mit ihrem Album „Raw Like Sushi“ „eine Brücke in die Neunziger Jahre“ baute, wie es das Fachmagazin „Musikexpress“ mal so schön formuliert hat. Und dass die Frau, die da wie zu besten Zeiten auf der Bühne herumwirbelt, bereits 50 Jahre alt ist. Dieses Lächeln, es strahlt eine gewisse Jugendlichkeit, eine große Lebensfreude aus.
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Das ist keineswegs selbstverständlich. Denn die Stockholmerin mit der wilden Mähne hatte in den vergangenen Jahren so einige Schicksalsschläge wegzustecken. Vor allem der Tod ihrer Mutter Moki im Jahr 2009 hatte ihr schwer zugesetzt. Er kam plötzlich, Moki wurde nur 66 Jahre alt. Neneh Cherry war nun Vollwaise. Ihr Stiefvater, der geniale Musiker Don Cherry, starb ja bereits 1995.
Der Tod ihrer Mutter sollte Neneh für Monate lähmen. Aber er war auch die Ursache dafür, dass Cherry wieder daran dachte, Musik aufzunehmen, nachdem sie sich nach dem Album „MAN“ (1996) mehr oder weniger aus dem Musikgeschäft zurückgezogen hatte. Der Familie wegen. Mit „The Cherry Thing“ machte sie schließlich 2012 – zusammen mit dem skandinavischen Avantgarde-Jazztrio The Thing – wieder auf sich aufmerksam. Mit „Blank Project“, das Anfang 2014 erschien, meldet sie sich nun auch als Solo-Künstlerin zurück.
„Blank Project“, das steht vor allem für avantgardistischen Minimal-Eletro-Pop, in den Cherry TripHop, HipHop, Rock, Soul, Jazz und sogar Tribal Drums einfließen lässt (siehe Rezension). Und es sind vor allem Songs aus diesem neuen Werk, die Cherry an diesem Abend im Musikpavillon des Palmengartens zu Gehör bringt. Mutig, mutig. Darin unterscheidet sie sich die Schwedin wohl von den meisten anderen Künstlern, die solch eine Comeback (nach 18 Jahren!) wohl eher mit einem Best-Of-Programm durchgezogen und hier und da mal vielleicht einen neuen Track eingebaut hätten. Das ist aber nicht das Ding der Neneh Cherry. Das zeugt von Selbstbewusstsein, das sie sich aufgrund des wahnsinnig guten Materials aber auch leisten kann.
Besonders gut klingen an diesem lauen Sommerabend „Across The Water“, der Opener ihres Albums, mit dem sie das Konzert konsequenterweise auch eröffnet. Auch „Blank Project“ oder „Weightless“ wissen an diesem Abend zu überzeugen. Unterstützt wird Cherry dabei von den Jungs von Rocketnumbernine, die mit ihr auch im Studio an dem neuen Album gewerkelt hatten und mit Neneh auch auf der Bühne prächtig harmonieren.
Nach knapp 70 Minuten ist die Show dann schließlich vorbei. Zugaben gibt es keine. Kein „7 Seconds“, kein „Manchild“, keine „Inner City Mamma“ und auch kein „Woman“. Das lässt den einen oder anderen im Publikum am Ende doch enttäuscht zurück. „Sorry, ich muss meinen Hals schonen, ich bin etwas angeschlagen“, beschwichtigt Cherry und packt zum Abschied wieder dieses Lächeln aus. Und man kann ihr nicht böse sein.
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