CrashTest Dummies (foto: band/pr)

Crash Test Dummies: Ellen Reid über Corona, „Mmm Mmm Mmm Mmm“ und Groupies

Sie gehören auf jede Compilation der 1990er Jahre: die Crash Test Dummies. Die kanadischen Folk-Rocker landeten 1993 mit „Mmm Mmm Mmm Mmm“ einen der großen Hits dieses Jahrzehnts. Und das lag natürlich auch an der markanten, tiefen Stimme von Sänger Brad Roberts. 2018 feierte die Band zum 25. Geburtstag ihres Erfolgalbums „God Shuffled His Feet“ eine Reunion und ging auf ausgedehnte Nordamerika-Jubiläumstour. Jetzt kann man die Gruppe auch endlich wieder in Deutschland erleben. Wir sprachen vorab mit CTD-Gründungsmitglied und Sängerin Ellen Reid über Corona, Cross Stitching, das CTD-Comeback – und Groupies.

Ellen, die wichtigste Frage vorab: Wie geht es Dir?

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Mir geht es sehr gut, danke!

Hast Du es bisher gut durch die Pandemie geschafft?

Ja, ich bin bisher verschont geblieben, zum Glück. Ich hoffe, das bleibt auch so. Ein paar Band-Mitglieder hatten Corona, aber es geht wieder allen gut. Wir sind auch alle geimpft, geboostered, tragen unsere Masken und sind ready to go.

In Deutschland und den USA wurden die Debatten über Corona und Schutzmaßnahmen sehr hitzig geführt. Wie lief das denn in Kanada?

Ich denke, diese Quertreiber und die entsprechenden Debatten gab es überall. Da unterscheidet sich Kanada nicht sehr von den USA oder Deutschland.

Wie seid ihr als Band denn in der ganzen Zeit in Kontakt geblieben? Gab es da CTD-Zoom-Meetings?

(lacht). Nein, Zoom-Meetings gab es nicht. Das ist nicht so unser Ding. We send texts. Da haben wir so eine WhatsApp-Gruppe. Da teilen wir dann News, Updates, besprechen alles Wichtige. Und schicken uns zur Not auch Katzenbilder. Wir sind gute Freunde.

Ich hatte gerade im ersten Moment „Fax“ statt „texts“ verstanden …

(lacht). Na, so old school sind wir dann doch nicht!

Being in a band

In einem Interview hat Sting neulich gesagt, er finde, dass Erwachsene nichts in einer Band verloren hätten: “A band is a teenage gang”. Stimmst Du ihm dazu?

Nein, überhaupt nicht. Das verstehe ich auch nicht. Was ist denn so schlimm daran, in einer Band zu sein? Was meint er denn damit? Bedeutet das, man darf als erwachsener Mensch keine Musik mehr genießen? Das ist eine seltsame Aussage.

War es für Euch denn früher einfacher als heute? Das Band-Dasein als solches?

Ja, klar, früher war das alles ein bisschen einfacher. Heute ist das alles etwas back to the basics. Wir pressen uns alle zusammen in einen Van, müssen vorher alles zusammenpacken und so weiter. Damals fuhren wir in einem Tour-Bus umher, konnten uns einfach reinlegen und sind dann in der nächsten Stadt aufgewacht. Immerhin schlafen wir heute nicht in Jugendherbergen und können uns echte Hotels leisten. (lacht)

Wer ist denn der Designated Driver in Eurem Tour-Van?

In Europa unser Tour-Manager. Das liegt daran, dass er als Einziger einen Führerschein hat, der hier bei Euch gültig ist. In Kanada oder den USA wechseln wir uns ab.

Und wie sieht es denn bei Euch rund um die Shows aus? Bei Dir stelle ich mir da viel Kreuzstich vor …

Oh, du hast echt Deine Hausaufgaben gemacht. Ich liebe das, das ist mein Hobby, seit langer Zeit. Das macht mir echt Laune.

Mehr als das. Du betreibst da sogar einen YouTube-Kanal! Wir müssen uns aber keine Sorgen machen, dass Du die Crash Test Dummies mal verlässt, um hauptberuflich Cross-Stitching-Influencerin zu werden?

(lacht). Nein, bisher ist es so, dass die Musik mein Cross-Stitching finanziert. Und nicht umgekehrt. Wahrscheinlich bleibt das auch so.

„Split“ und Reunion

Stichwort „verlassen“. Nach Eurem letzten Album „Ooh La La“ waren die Dummies im Grunde Geschichte. Habt Ihr Euch damals still und heimlich aufgelöst? Und was hat Euch am Ende wieder zusammengeführt?

Ich glaube, es hat da nie offiziell eine Auflösung gegeben. Jeder hat sein Leben gelebt, Familien wurden gegründet, es wurde geheiratet und dann waren plötzlich ein paar Jahre ins Land gezogen. Die Möglichkeit, wieder zusammenzukommen, haben wir aber nie ausgeschlossen. 2017 war es dann soweit, wir hatten das Angebot bekommen, mit dem Winnipeg Symphony Orchestra aufzutreten. Das war eine Riesenehre für uns. Uns hat das großen Spaß gemacht und wir haben beschlossen, zum 25. Geburtstag von „God Shuffled His Feet“ auf Tour zu gehen. Zu sehen, wie dann Fans mit ihren erwachsenen Kindern zu unseren Konzerten gab, hat uns ziemlich bewegt. Jetzt genießen wir das einfach. Man weiß ja nie, wie lange man das noch machen kann, noch machen darf. Wir sind alle über 50!

In den Nullen Jahren warst Du neben Dan Roberts das einzige CTD-Mitglied, das noch regelmäßig mit Brad unter dem Bandnamen musiziert hat. Wie würdest Du Euer Arbeitsverhältnis beschreiben?

Ich habe mit Brad schon immer sehr gut und sehr gerne zusammengearbeitet. Wir liegen da auf einer Wellenlänge, haben einen sehr ähnlichen Geschmack, einen sehr ähnlichen Stil, sehr ähnliche Vorstellungen. Bei Studioaufnahmen hat er, wenn ich an der Reihe war, meine Gesangsspuren aufzunehmen, manchmal das Studio verlassen und den anderen gesagt: Lasst sie einfach machen. Er hat mir immer sehr vertraut. Das habe ich immer sehr geschätzt.

Brad ist der Songwriter bei den Dummies. Seine Texte sind ja oft humorvoll, die Themenwahl nicht immer ganz Mainstream.

Das hat sehr gut zu uns gepasst. Es war und ist alternative Musik, die den Namen auch verdient hat. Und damals galt in der alternativen Musik, je abseitiger, desto besser.

Gab es mal Momente, in denen Du gesagt hast: Nein, Brad, das singe ich nicht?

Oh, ja, die gab es mit Sicherheit. (lacht). Aber die verrate ich nicht …

Ich habe Euch vor ein paar Jahren in Chicago gesehen, kurz vor der Pandemie. Damals habt Ihr hauptsächlich die „God Shuffled His Feet“-Songs auf die Bühne gebracht, garniert mit ein paar Songs der anderen Alben. Was erwartet uns diesmal?

Es wird wohl sehr ähnlich werden. „God Shuffled His Feet“ werden wir sogar in Gänze spielen, es ist das, was die Menschen hören wollen. Aber es werden auch Songs von den anderen Alben gespielt werden. Es wird niemand enttäuscht nach Hause gehen, hoffen wir.

Wenn wir die Zeiten berücksichtigen, in denen wir gerade leben, wären doch auch die Songs aus dem apokalyptischen „Songs of the Unforgiven“ ganz passend …

Das habe ich zu Brad auch schon gesagt! (lacht) Weißt Du, es sprechen mich immer wieder Fans auf dieses Album an. Den Menschen gefallen diese düsteren Songs offenbar. Ich würde sie gerne auf die Bühne bringen. Bisher konnte ich Brad noch nicht überzeugen. Ich arbeite aber daran. (lacht)

Was nach „Mmm Mmm Mmm“ kam

Hierzulande war Euer größter Hit “Mmm Mmm Mmm Mmm”. Wie steht Ihr heute zu der Nummer? 

Ich fühle vor allem eine große Dankbarkeit. Wenn man bei den Konzerten sieht, wieviel dieser Song den Menschen bedeutet, wenn man von ihnen nach der Show hört, was sie damit verbinden, wie wichtig er ihnen ist. Dann erfüllt einen das schon mit Stolz. Und eben Dankbarkeit. Ich denke, es wird daher nie langweilig für uns, ihn zu spielen. Auch nicht nach dem 1000. Mal.

Musstet Ihr damals mit dem Label in den Kampf ziehen, um den Song so zu nennen?

Ich denke, es gab natürlich die Sorge, ob ein Song mit diesem Titel vermarktbar ist. Am Ende hat das Label uns zum Glück aber vertraut und uns machen lassen.

Und zum Glück für das Label! ... Wenn man die Lyrics bedenkt, schien es mir immer rätselhaft, warum eine Käse-Firma hier den Song für eine TV-Werbung ausgesucht hat …

Oh, ich dachte immer, das wäre nur in Frankreich gewesen. War das auch in Deutschland zu sehen? Wir haben das damals auch am Rande mitbekommen, das war schon lustig. Mich hat dann vielmehr gewundert, dass Campbell’s Soup nie zugeschlagen hat, deren Slogan hieß ja seinerzeit „Mmm Mmm! Good!“. Eine verpasste Chance!

Ich höre raus, ihr seid da offenbar noch open for business …

Absolut. Mama muss Rechnungen bezahlen.

Wie seid Ihr damals denn mit dem plötzlichen Erfolg nach „Mmm Mmm Mmm Mmm“ umgegangen? Konntet Ihr ihn genießen? Oder habt ihr da eher Druck verspürt?

Es war natürlich schon eine aufregende Zeit, klar. Die Auftritte, TV, Radio, Fans, das war alles sehr turbulent. Sehr glamourös. Und das hat uns damals schon auch gefallen. Aber ich denke, Brad hat damals von uns allen den Druck am meisten gespürt. Denn wenn man so ein Erfolgssong und so ein Erfolgsalbum hat, dann steigt auch die Erwartungshaltung. Und dann heißt es: Schreib so etwas nochmal, nur anders. Brad war aber immer klar, dass er nie ein Album machen wollte, dass genauso klingt wie das vorherige. Das wäre ihm zu langweilig gewesen. Er wollte nur Musik machen, die ihm etwas bedeutet. Und wir haben ihn in dieser Vision voll unterstützt.

Hattet Ihr denn wenigstens etwas Rock’n’Roll-Lifestyle aufsaugen können? Ich musste sehr lachen, als ich von deiner Groupie-Geschichte gehört habe …

Wir waren nie die großen Partytiere, sondern sind da alle eher laid back. Aber ja, als wir damals auf unserem Höhepunkt waren, hingen da immer viele Mädchen herum, die Brad und die Jungs gerne kennengelernt hätten. Ich dachte mir damals: Hey, ich bin 25 Jahre alt und unsere Zielgruppe sind 18 bis 30-Jährige. Warum hingen da nie Jungs in dem Alter herum, die mich kennenlernen wollten? Also habe ich mir eines Tages gedacht: Jetzt oder Nie! Und ich habe unseren Tour-Manager gebeten, einen Kerl herauszusuchen und ihn backstage zu bringen. Er brachte dann diesen vielleicht 17-jährigen Jungen, komplett mit Akne übersät. Ich habe mich mit ihm hingesetzt, meinen Drink genommen – und er hat sich null für mich interessiert. Er wollte nur mit oder über Brad sprechen … Also: Mein Rat an alle jungen Künstlerinnen da draußen: Sucht Euch Eure Jungs selbst aus!

Das ist ein guter Ratschlag. Aber zurück in die Gegenwart, genauer: Die Zukunft! Plant Ihr denn, neues Material aufzunehmen?

Aktuell haben wir da keine konkreten Pläne. Brad schreibt aber unentwegt Songs. Vielleicht haben wir eines Tages das Gefühl, jetzt ist die Zeit reif. Momentan konzentrieren wir uns aber eher auf das Touren. So ein Album ist ja auch immer ein großes Risiko, gerade, wenn man kein Label im Rücken hat. Wir würden das ja alles aus eigener Tasche zahlen. Das kostet ja alles, das Studio, die Musiker, das Marketing …

Kommt ein neues Album, Ellen?

Aber heutzutage entstehen die meisten großen Alben doch in irgendwelchen Schlafzimmern am Laptop …

Oh, das klänge wohl nicht sehr nach den Crash Test Dummies. Aber wer weiß, auf was Brad da noch so kommt …

Und wie sieht es denn mit Ellen Reid der Solokünstlerin aus? Wird es irgendwann einen Nachfolger von deinem Debütalbum „Cinderellen“ geben?

Da gilt eigentlich genau dasselbe. Ich musste das Album damals unbedingt raushauen. Ich hatte so viel zu sagen. Das war mir damals wirklich wichtig. Auch hier spielt das Risiko natürlich eine große Rolle. Ich muss da langsam aufpassen, ich komme langsam in ein Alter, wo ich an einen Treppenlift oder einen Rollator denken muss, da sollte man nicht zocken, sondern sich etwas zur Seite legen …

CRASH TEST DUMMIES: Europa-Tour 2022

19.05.2022 Berlin • Hole
20.05.2022 Hamburg • Fabrik
21.05.2022 Worpswede • Music Hall
25.05.2022 Mainz • Frankfurter Hof
26.05.2022 Köln • Kantine
27.05.2022 NL-Roermond • ECI Cultuurfabriek
28.05.2022 BE-Waregem • Waregem-Music-Week
29.05.2022 NL-Breda • Mezz
31.05.2022 Nürnberg • Hirsch
01.06.2022 AT-Wien • Simm City
02.06.2022 AT-Graz • Orpheum
03.06.2022 AT-Linz • Posthof
04.06.2022 AT-Dornbirn • Conrad Sohm
07.06.2022 UK-Nottingham • Rescue Rooms
08.06.2022 UK-Manchester • Academy 3
09.06.2022 UK-Glasgow • St. Lukes
10.06.2022 UK-London • The Forum
11.06.2022 UK-Dover • Booking Hall
14.06.2022 NL-Utrecht • Tivoli Vredenburg
15.06.2022 NL-Groningen • Oosterpoort (small Hall)
16.06.2022 NL-Alkmaar • Victorie
17.06.2022 NL-Hengelo • Metropol
18.06.2022 LUX-Dudelange • Fete de la Musique

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