Lieblingsgruppe der Party-People und der Bildungsbürger gleichermaßen: Die Beastie Boys haben Crossover-Maßstäbe gesetzt. Mit „Ill Communication“ wird zum 30. Geburtstag nun ihr eklektisches 1994er Meisterwerk in einer Deluxe-Edition neu aufgelegt.
Eine Gruppe junger Weißer, die HipHop macht? Ehe die Beastie Boys auf der Bildfläche erschienen, war das noch eine befremdliche Vorstellung. Das Debütalbum der New Yorker Band, das 1986 erschienene „Licensed To Ill“, markierte daher durchaus eine Zeitenwende. Ohne die Beastie Boys kein Eminem. Auch Rage Against The Machine, Sublime und ja, Blur, zählen die Band zu ihren großen Einflüssen.
anzeige
Die Beastie Boys gingen 1981 aus den Young Aborigines hervor, bewegten sich zunächst im Punk- beziehungsweise Hardcore-Punk-Bereich. Erst als Adam „Adrock“ Horovitz 1983 zur Band stieß, wagte sich die Gruppe mehr und mehr daran, HipHop-Elemente in ihren Stil zu implementieren. Ihr HipHop-Track „Cooky Puss“ sorgte schließlich in der New Yorker Underground-Szene für so viel Furore, dass sich die Gruppe endgültig vom Punk verabschiedete. Rap sollte fortan fester Bestandteil in den Sets von Adam „MCA“ Yauch, Michael „Mike D“ Diamond und Adam „Adrock“ Horovitz sein. Ein Strategiewechsel, der sich in klingender Münze auszahlte. Das von Rick Rubin produzierte „Licensed To Ill“ wurde das erste Rap-Album, das Platz eins der US-Charts erklimmen konnte.
Im Streit um das liebe Geld verließen die Beasties Def Jam Records und wechselten zu Capitol. Dort erschien 1989 das zweite Album „Paul’s Boutique“, das nicht ganz so steil ging (immerhin Platz 14 der US-Charts) wie der Vorgänger, aber nach und nach zum Kritiker-Liebling mutierte. Der auf dem bandeigenen Label erschienene Nachfolger „Check You Head“ (1992) knackte wieder die Top 10, obwohl die Band hier durchaus experimenteller unterwegs war und vermehrt Instrumente einband, mit Funk- und Jazz-Elementen flirtete, aber auch wieder härte Rock-Klänge zuließ und damit auch den Weg für die Nu-Metal-Bewegung ebnete, die Ende der 1990er ihren großen Auftritt haben sollte.
Große stilistische Bandbreite
Soweit die Vorgeschichte. Im Jahr 1993 machten sich die Beasties an die Arbeit zu ihrem vierten Studioalbum. Wie schon bei „Check Your Head“ nahm die Band die Dienste des Produzenten Mario Caldato Jr. in Anspruch. Die Richtung war klar: Die Beastie Boys entfernten sich noch weiter vom ursprünglichen Konzept des Samplings und setzten noch stärker auf echte Instrumente. Dafür gewährte man dem Hardcore Punk früherer Tage wieder Einlass (siehe Songs wie „Tough Guys“ oder „Heart Attack Man“). Die stilistische Bandbreite des Albums ist aber insgesamt erstaunlich groß, umfasst neben (Hardcore) Punk unter anderem (Alternative) HipHop, Jazz, Funk (das explosive „Sure Shot“ oder „Root Down“ – eine Jimmy-Smith-Hommage) und Rock sowie auch Instrumental-Stücke („Sabrosa“, „Ricky’s Theme“).
Die Q-Tip-Kollaboration „Get It Together“ bleibt haften. Das absolute Glanzlicht aber, klar, das mittlerweile ikonisch gewordene „Sabotage“. Ein echter Rapcore-Banger, eine aggressive Mixtur aus Punk, Alternative Rock und HipHop. Von vielen wird der Titel als bester Beastie-Boys-Song überhaupt betrachtet. Mit dem Song einher ging ein mittlerweile ebenso ikonisches Video, das von Regisseur Spike Jonze stammt, und klassische Cop Shows der 1970er parodiert, darunter etwa „Hawaii Five-O“, „The Streets of San Francisco“ oder „Starsky and Hutch“.
Dass die Zeiten des rotznäsigen Pennäler-Humors mehr oder weniger vorbei sind, unterstreichen dann Nummern wie das vor Weltschmerz triefende „The Update“ oder „Bodhisattva Vow“. Adam Yauch hatte damals zum Buddhismus gefunden, diese Songs trugen diesem Umstand Rechnung. Und auch auf „Shambala“ hört man tibetanische Mönche singen.
Die Konfigurationen
Zum 30. Geburtstag erscheint das unangepasste „Ill Communication“ nun als 3LP Deluxe-Edition, die eine seltene Version des Albums aus dem Jahr 2009 wieder aufleben lässt. Diese lange vergriffene und von Fans und Sammlern hoch gehandelte Version von „Ill Communication“ wird jetzt in Form der Deluxe-Edition mit „Wackelbild“-Cover und einer dritten LP mit 12 Bonustracks erhältlich sein (mit Raritäten wie einer Live-Version von „The Maestro“ vom 1992er Album „Check Your Head“,die Pogo-Nummer „Mullet Head“ und zehn weiteren Remixen, B-Seiten und diversen Kuriostäten), die in einem stabilen Schuber unterbracht sind und mit 180g Vinyl vervollständigt werden. Außerdem ist die Platte als limitierte Tape-Edition erhältlich.
anzeige