Pe Werner (foto: brauerphotos/bmc-dominik_beckman)

Pe Werner über das „Kribbeln im Bauch“

Wenn Pe Werner am 27. Oktober im Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg Station macht, dann hat sie auch ihren größten Hit natürlich mit am Start: „Kribbeln im Bauch“. Benjamin Fiege wollte von der Wahl-Kölnerin wissen, welches Verhältnis sie heute zu der Nummer hat, ob es ihr auf den Senkel geht, darauf reduziert zu werden, und was sie von deutschsprachiger Musik der Gegenwart so hält.

Frau Werner, Sie haben mal gesagt, dass kein Song der Pop-Geschichte so missverstanden wurde wie „Kribbeln im Bauch“. Warum?

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Ja, das ist so. Denn es geht ja eigentlich genau darum, dass dieses Kribbeln im Bauch nicht mehr da ist. Ich singe ja zum Beispiel: „Die Zeit hat uns die Leidenschaft abgewöhnt. Sie steht wie das schwarze Paar Schuhe irgendwo unten im Kellerregal. Wartend auf ein Begräbnis.“ Die Konzertbesucher hören aber nur auf den Refrain und liegen sich dabei verliebt in den Armen.

 

Amüsiert das einen Künstler?

Nein, gar nicht. Ich habe gelernt: Wenn ein Song mal in der Welt ist, hat er seine Eigendynamik und jeder Zuhörer seine persönliche Interpretation. Für mich hat der Song eine besondere Intensität, weil ich, als ich ihn geschrieben habe, mit 30 selbst in der Liebeskummerfalle saß.

 

Welches Verhältnis haben Sie heute zu diesem Song? Nervt es Sie, immer noch auf ihn angesprochen zu werden?

Nein, es nervt mich nicht. Ich scherze immer, dass er mir die Rente sichert. Er ist ein wichtiger Teil meines Lebens und ich singe ihn gerne und es ist zum Glück kein doofes Lied. Es wächst mit mir mit, hat schon unzählige Arrangements kennen gelernt, mit Symphonieorchester und Bigband, wie auf meinem Best of Album „von A nach Pe“, mit Jazzquartett, in Rockbesetzung, oder mit Flügelbegleitung. Als Künstler kann man sich glücklich schätzen, wenn es gelingt einen Evergreen zu schreiben und das Kribbeln hat sich zu einem solchen gemausert.

 

Als der Song rauskam, war deutschsprachiger Pop eigentlich gerade nicht wirklich angesagt. Hat Sie der Erfolg damals überrascht?

In der Tat war, nachdem die Neue Deutsche Welle abgeebbt war, im Pop eher wieder Englisch angesagt. Ich schreibe ja Songs seit ich 16 bin und hatte meine ersten Demos auch auf Englisch eingespielt, wie das ja viele junge Musiker so machen. Aber noch bevor mein Debütalbum „Weibsbilder“ erschien, hatte ich mich für meine Muttersprache Deutsch entschieden, in der ich mich einfach am besten ausdrücken kann. Der Erfolg hat dann tatsächlich sowohl mich als auch die Plattenfirma überrascht. Verantwortlich war vor allem das Radio, weil Hörer sich die Nummer immer gewünscht hatten.

 

Heute ist deutschsprachige Musik wieder ziemlich en vogue. Wie erklären Sie sich diesen neuen Hype?

Ich denke unser Fußball-Sommermärchen 2006 hat etwas in Bewegung gebracht. Das Verhältnis zum Deutschsein, zur deutschen Sprache hat sich seither verändert. Damals war Xavier Naidoos Song der Lieblingssong unserer Nationalmannschaft und fortan sang jeder mit und fand deutschen Gesang partytauglich. Seitdem läuft wieder vermehrt deutschsprachige Musik im Radio und das war notwendig. Wir leben ja in Zeiten, in denen das sogenannte Formatradio nur ein bis zwei deutsche Songs pro Stunde spielt, ansonsten nur englischsprachiges Antiquariat. Es gibt Leute, die mich fragen, ob ich noch Musik mache, im Radio hören sie immer nur die ollen Kamellen.

 

Eine Zeit lang haben Sie ja an der Popakademie in Mannheim unterrichtet. Gefällt Ihnen das, was da im Liedermacher-Bereich nachkommt?

Es gibt sicher viele talentierte Nachwuchskünstler. Allerdings hört man sie in der Regel nicht im Formatradio, sondern findet sie eher über das Internet. Über YouTube beispielsweise.

 

Wenn ich mir die Songs der jüngeren Generation so anhöre, habe ich immer das Gefühl: Das klingt irgendwie alles gleich. Alles von der Stange. Haben Sie da nicht ein paar Tipps parat?

Mir fehlt bei den deutschsprachigen Neuerscheinungen oft das Einzigartige. Ich möchte der Fantasie der Songwriter folgen, mich überraschen lassen von Sprachbildern. Da geht es oft aber nur darum, auf ’ner Erfolgswelle zu schwimmen, um Geld zu verdienen. Man kopiert die Sounds der Charthits, dadurch klingt alles gleich, egal wer da singt. Es gibt aber zum Glück auch Ausnahmen. Gregor Meyle beispielsweise, ein fantastischer Musiker. Der brennt wirklich und ist voller Leidenschaft für das, was er da tut und ein Unikat.

 

Als „Kribbeln im Bauch“ erschien, waren Sie schon als Kabarettistin schwer aktiv. Stand irgendwann mal zur Debatte, die Kleinkunst für die ganz große Popkarriere aufzugeben?

Meine Plattenfirma hätte das damals gut gefunden. Sie fand, das Kabarett schade meiner Vermarktbarkeit. Für mich stand das aber nie wirklich zur Debatte, vielleicht auch, weil ich kein junger Hüpfer war, als ich den Plattenvertrag unterschrieb. Ich war 29 und hatte schon 10 Jahre Kabarett gemacht.

 

Aber bereut haben Sie die Entscheidung nicht?

Nein, überhaupt nicht! Mich nur dem Mainstream-Pop zu widmen, das wäre mir auf Dauer zu langweilig.

 

Sie sind gerade 58 Jahre alt geworden. Warum gibt es so wenige Frauen Ihren Alters im deutschen Pop? Außer Nena fallen einem da ja kaum welche ein.

Eine gute Frage. Es liegt zum einen sicherlich an der TV-Präsenz. Nena ist ja beispielsweise schon lange bei „The Voice“ zu sehen und ist so medial präsent. Es ist aber tatsächlich auch in 2018 immer noch so, dass Männern altern dürfen, Frauen nicht.

 

Geboren sind Sie in Heidelberg. Haben Sie denn heute noch Verbindungen in die Region, vielleicht auch in die Pfalz?

Meine Familie lebt im Odenwald, daher bin ich regelmäßig hier. Ich mag die Pfalz, natürlich auch den Wein. Aber ich bin tief im Inneren kein Landei und immer froh, wenn ich zurück in der Stadt, in Köln, bin.

 

Nach Eisenberg kommen Sie nun mit ihrem Programm „Von A nach Pe“. Was können die Zuschauer denn von Ihrem Auftritt erwarten?

Eine bunte Mischung aus Konzert und Kabarett beziehungsweise satirischer Moderation. Begleitet werde ich dabei von Peter Grabinger am Flügel, er ist ein ganz wunderbarer Pianist und Sänger. Der Abend verspricht jede Menge Spaß aber die Pe-typischen Balladen haben wir natürlich auch im Gepäck.

 

Und was steht nach der aktuellen Tour an? Ist ein neues Album geplant?

Zunächst einmal steht dann meine Weihnachts-Tournee mit dem Programm „Ne Prise Zimt“ an und für das neue Jahr plane ich ein neues Album. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf mein erstes Mal in Eisenberg.

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