2025 steht im Zeichen von Motörhead. Die Briten feiern 50-jähriges Bestehen, haben dazu einige Feierlichkeiten und Sonderveröffentlichungen in petto. Dazu gehören auch spezielle, limitierte Neuauflagen von wegweisenden Alben. Eines davon: „Bomber“.
Mit dem Release ihres zweiten Albums „Overkill“ im März 1979 hatten Motörhead erstmals Erfolgsluft geschnuppert. Die Platte war der kommerzielle Durchbruch der Band und brachte ihr in Großbritannien Silber und Platz 24 der Charts ein. Noch im selben Monat brachen Lemmy Kilmister (Bass/Gesang), Eddie Clarke (Gitarre) und Phil Taylor (Drums) auf, um auf Tournee zu gehen. Die begann im März 1979, als Vorband hatten Motörhead Girlschool mit dabei. Während eines Tour-Stopps in Finnland im Juni 1979 wurden Lemmy und Kollegen dann ihrem Ruf als wildeste und gefährlichste Band ihrer Zeit gerecht.
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Beim Punkaharju-Festival ärgerte sich die Band so sehr über ihren Auftritt, dass sie die Bühnentechnik zerstörte. Auch ein Wohnwagen, der ihnen als Umkleide diente, musste dran glauben, er wurde am Ende sogar angezündet und – in einer Art Wikinger-Begräbnis – in einem See versenkt. Und weil das alles nicht genug war, zertrümmerten Motörhead auch das Mobiliar ihres Hotelzimmers. Am Flughafen in Helsinki wurden die Musiker und ihre Tournee-Crew folgerichtig verhaftet. Nach vier Tagen im Gefängnis wurden die Metal-Rabauken schließlich des Landes verwiesen. Eine Anekdote, die sich zunächst mal schlecht auf die Tourkasse auswirkte, aber langfristig aufs Image-Konto der Briten einzahlte.
Jimmy Miller und das Heroin
Nach Ende der Tour kehrte die Band ins Roundhouse Studio in London zurück, um am „Overkill“-Nachfolger „Bomber“ zu basteln. Wieder arbeitete die Band mit Produzent Jimmy Miller zusammen. Weil der sich aber mehr und mehr im Heroin verlor, standen die Aufnahmen zunächst unter keinem guten Stern. Teilweise war der Mann komplett arbeitsunfähig. „Overkill sollte so etwas wie ein Comeback-Album für Jimmy Miller werden, und genau das ist es dann auch geworden. Er war sehr stark heroinabhängig (was wahrscheinlich begann, als er mit den Stones arbeitete) und hatte sich für ein paar Jahre im Rausch verloren … Monate später, als wir mit ihm an ,Bomber‘ arbeiteten, war leider klar, dass er wieder auf Smack war“, schrieb Lemmy über diese Phase in seiner Autobiografie. Die Enttäuschung über die Performance ihres Produzenten verarbeiteten die Jungs in ihrem giftigen Anti-Heroin-Song „Dead Men Tell No Tales“, dem Opener der Platte.
Millers Zustand war nicht das einzige Problem, das die Band bei den Aufnahmen hatte. Man stand unter Zeitdruck, hatte auch nicht zuvor wie bei „Overkill“ Gelegenheit, on the road an Songs zu feilen und sie live auszutesten. So geriet der Sound – nach Geschmack der Band – am Ende zu poliert. Rückblickend, sagt Lemmy, hätten sie es gerne roher und dreckiger gehabt.
Eddie „stiehlt“ das Mikro
Sind wir ehrlich: Die Probleme merkt man dem Album an. Zwar gibt es auch hier Perlen zu finden, insgesamt aber kann die Kapelle die Qualität nicht konsistent aufrecht erhalten. „Stone Dead Forever“, danach als einer der wenigen „Bomber“-Songs auch noch oft live gespielt, und das sträflich unterschätzte „Poison“ gehören zu den Lichtblicken. Der Rest ist maximal solide, oft aber auch arg uninspiriert.
Der Vogel wird dann mit der faden Blues-Nummer „Step Down“ abgeschossen, bei der nicht Lemmy, sondern Eddie singt. Der hatte sich beschwert, dass Lemmy die ganze Aufmerksamkeit erhielt – und hier den Beweis angetreten, warum das auch besser so war. Auch das fernsehkritische „Talking Head“ ist ein Fehlgriff. Zwei Songs. durch die man sich quälen muss, um am Ende versöhnlich mit dem Titelstück aus der Platte entlassen zu werden. Ein Klassiker, laut, kraftvoll, krachend. Der Schlusspunkt unter einem Album, das auch von der Band später korrekt als Übergangsplatte betrachtet wurde.
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