Zucchero (foto: Fiege)

Live: Zucchero in Schwetzingen – Der Retter des Italo-Blues

Es gibt nicht mehr viele europäische Blues-Musiker, die die Menschen noch zu Tausenden auf ihre Konzerte locken. Zucchero ist aber einer dieser Ausnahme-Künstler. Am Mittwochabend machte der Italiener bei „Musik im Park“ in Schwetzingen  Station – und 4500 Menschen wollten dabei sein.

Alle Kunst braucht Schmerz. Aber ob Zucchero ihn immer noch gerne singt? Seinen größten Hit? „Senza Una Donna“. Das Lied war sein internationaler Durchbruch damals, 1991, ein wunderbares Duett mit dem britischen Kollegen Paul Young. Ein Riesenerfolg im zweiten Anlauf. Denn entstanden war die Nummer schon 1987, sogar schon einmal (ohne Duettpartner) veröffentlicht, auf Zuccheros Album „Blue’s“. Als der Italiener den Song schrieb, machte er gerade die schmerzhafte Trennung von seiner damaligen Ehefrau Angela durch. Für ihn eine schlimme Zeit. Dem „Spiegel“ erzählte der italienische Musiker später, er habe damals seine Gefühle, seinen ganzen Schmerz in dieses Lied gepackt: „Es wurde so was wie der Soundtrack zu meiner eigenen Scheidung. Ich war ziemlich down und blieb drei Jahre solo, der Schock saß sehr tief – ,without a woman, no more pain and no sorrow…’“.

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Der Song ging damals weltweit steil. Es muss sich komisch anfühlen, wenn das eigene, in Musik gegossene Leid andere Menschen so sehr in Ekstase versetzt. Vielleicht lässt Zucchero den Song bei Live-Auftritten auch deshalb manchmal einfach weg. Muss man sich natürlich als Künstler auch erstmal trauen, ist aber auf der nun auch schon  seit April 2022 laufenden Welttournee des italienischen Musikers durchaus schon passiert.

Kein zweites Wacken

In Schwetzingen aber: aufatmen. „Senza Una Donna“ ist auf der Setlist, Zucchero hat den Song in den Zugabenteil gepackt. Als großes Finale und klar, da hielt es die 4500 Zuhörer nicht mehr auf den Sitzen. „Ausverkauftes Konzert“, meldete der Veranstalter noch am Abend. Eine stramme Leistung. Da gibt es nicht mehr viele europäische Blues-Musiker, die die Massen so mobilisieren können. Zumal der Regen tagsüber ja schon Schlimmstes befürchten ließ. Der Auftakt zur „Musik im Park“-Konzertreihe am Mittwoch wurde dann aber doch zu keinem zweiten Wacken. Das  Heavy-Metal-Festival in Schleswig-Holstein machte ja dieser Tage bundesweit Schlagzeilen, weil es nach starken Niederschlägen geradezu im Schlamm versank. In Schwetzingen hörte der Regen zum Glück pünktlich zum Konzert auf.  

Und so konnten die Zuschauer trockenen Hauptes und schlammbeschmutzten Fußes ein rund zweistündiges Konzert genießen, das neben „Senza Una Donna“ jede Menge Glanzlichter aus der rund 50 Jahre währenden Laufbahn des Bauernjungen aus Reggio Emilia aufbot. Das alles immer noch vorgetragen mit diesem rauen Bariton, der über die Jahre nichts von seiner Magie verloren hat. Zu den Highlights zählten an diesem Abend „Diamante“, ein Lied, das Zucchero einst seiner Großmutter widmete und vom Leben im Nachkriegsitalien erzählt, „Dune mosse“, „Il Volo“ und das wunderbare „Iruben Me“. Zeitlose Klassiker.

Unwahrscheinlicher Superstar

Keine Frage: Zucchero hat nicht den Sex-Appeal wie ein Eros Ramazzotti, er ist nicht so eine Charisma-Bombe wie seinerzeit ein Adriano Celentano, er spricht auf der Bühne auch nicht wahnsinnig viel, nur das Nötigste, ist dabei aber  sympathisch. Nein, der Mann singt lieber, ist das, was man gerne einen Vollblut-Musiker nennt. Ein Multiinstrumentalist, der einst den Blues nach Italien brachte und immer noch am Leben hält.  Mehr als 60 Millionen verkaufte Platten sprechen eine deutliche Sprache, zwischenzeitlich setzte er in seinem Heimatland mehr Tonträger ab als Madonna oder Michael Jackson, die ja in den 1980er und 1990ern, Zuccheros Hochphase, ja nun auch keine Laufkundschaft waren.

Dass es der mittlerweile 67-Jährige aber auch außerhalb Italiens zum Superstar gebracht hat, liegt auch an seiner Kompatibilität. Der Gute arbeitete in der Vergangenheit unter anderem mit Paul Young, Eric Clapton, Sting, Bono, Ray Charles und Miles Davis zusammen, ist uneitel, lässt auch andere neben sich glänzen. In Schwetzingen etwa seine Band, allen voran Background-Sängerin Oma Jali. Die aus Kamerun stammende Sängerin führt mit der Gospel-Nummer„Oh, Doctor Jesus“ nicht nur in den Abend ein, sondern darf dann auch in einem  Duett mit Zucchero funkeln („Facile“) und  später auch noch solo Tina Turners „Nutbush City Limits“ schmettern. Ein Gänsehaut-Moment, aber nicht der einzige gefühlige Tribut an einen verstorbenen Kollegen in dieser Nacht. Zucchero huldigt auch seinem Freund Luciano Pavarotti, indem er beim Vortrag  ihres gemeinsamen Hits aus dem Jahre 1990 ein Video seines 2007 verstorbenen Kumpels über die großen Bildschirme flimmern lässt.

Die gehörten übrigens zu einer neueren, größeren Bühne, in die die Macher eigens für das Festival investiert hatten. Machte auf jeden Fall was her.

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