Für die KiWi-Musikbibliothek hat Musikjournalist Markus Kavka eine Liebeserklärung an die Band Depeche Mode verfasst. Am Donnerstag präsentierte er sie im Mannheimer Jugendkulturzentrum Forum. Und verriet dabei auch so manche peinliche Begebenheit, die er sich gegenüber der Band geleistet hat.
Markus Kavka windet sich auf seinem Stuhl, als hinter ihm der Ausschnitt seines verunglückten „Rock am Ring“-Interviews mit Depeche-Mode-Mastermind Martin Gore über eine große Leinwand flimmert. Der Clip, das merkt man, ist ihm sichtlich unangenehm. „Ich muss ihn mir auf dieser Lesetour 13, 14 Mal anschauen. Und es wird mit jedem Mal schlimmer“, sagt der Musikjournalist und lächelt dabei etwas gequält. Das Video, das Kavka hier zeigt, stammt aus dem Jahr 2006. Er ist damals das Gesicht des deutschen Ablegers von MTV und als solches natürlich auch gefragt, als es darum ging die dreitägige Liveübertragung von „Rock am Ring“ auf dem Musikfernsehsender zu moderieren. Zu seiner Aufgabe gehörte es damals bei diesem Festival auch, Bands zu interviewen. Und weil das eben alles live war und es exakt bemessene Zeitfenster gab, konnte die ganze Logistik dahinter durchaus für eine gewisse Hektik sorgen. Wie eben bei dem Interview mit Gore.
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Mitleidsvoller Martin Gore
Kavka musste in der laufenden Live-Sendung von der Pressetribüne über zwei Stockwerke in den Backstagecontainer von Depeche Mode sprinten, dabei noch das ganze Getümmel im Pressesektor, im VIP-Bereich vor der Bühne durchqueren, und das alles innerhalb von nur vier Minuten. So kam es, dass Kavka am Ende keuchend vor einem sichtlich irritierten und mitleidsvoll dreinblickenden Martin Gore saß – und komplett neben sich stand. „Ich wurde mit einem Mal total nervös und fahrig. In meinem Kopf rauschte es, ich stammelte irgendwas und stellte total beknackte Fragen. Vor lauter Aufregung konnte ich nicht mal mehr vernünftig Englisch sprechen. Es war ein komplettes Desaster“, las Kavka zuvor aus dem Buchkapitel vor, das sich um jenen Moment dreht. Als der Clip zum Kapitel dann gezeigt wird, leidet das Publikum entsprechend mit.
Nicht die einzige Peinlichkeit, an die sich Kavka in Zusammenhang mit seinen Begegnungen mit Depeche Mode erinnert. 2009 durfte er mal Alan Wilder zu Hause besuchen, um für einen Depeche-Mode-Beitrag bei „Number Ones“ auf Kabel eins zu drehen. „Alan hat’s ganz schön, muss man sagen. Er wohnt eine Stunde von London entfernt in einem herrlichen, historischen Anwesen mit schätzungsweise 20 Zimmern, einem Pool und einem Grundstück, das so groß ist wie mehrere Golfplätze, so richtig mit kleinem See und Waldstück“, berichtet Kavka. Das Drehbuch habe eine Begrüßungsszene mit Wilder vor dem Anwesen vorgesehen, für die Kavka mit dem Auto angefahren kommen sollte. „Wie das beim Fernsehen so ist, wird so eine Szene 20 Mal gedreht, aus verschiedenen Einstellungen“, so Kavka, der sich mit dem Wagen, ein britischer Rechtslenker, ohnehin schwer tat. Und so kam es wie es kommen musste: Kavka fuhr einen der Deko-Begrenzungssteine um, vor den Augen seines musikalischen Helden, und fügte dem Auto zu allem Überfluss auch noch einen Plattfuß zu.
Herrlich selbstironisch
Es ist erfrischend, mit welcher Selbstironie Kavka solche Anekdoten erzählt – sowohl schriftlich als auch mündlich. Das ist äußerst kurzweilig und unterhaltsam. Dabei kann man nachfühlen, was er damals wohl empfunden haben muss. Ausgerechnet vor den eigenen musikalischen Helden will man sich als Musikjournalist natürlich nicht blamieren. Und musikalische Helden waren (und sind) Depeche Mode für Kavka im wahrsten Sinne des Wortes. Depeche Mode seien eine Band, die ihn nie enttäuscht habe; eine Band, die ihn seit den frühen 1980er-Jahren begleitet hat und den Soundtrack zu seinem Leben liefert. Selbst biografische Parallelen teilt man sich: Hier die damalige Lack-und-Leder-Kapelle aus der britischen Provinz, dort der junge Goth aus dem bayerischen Manching, allesamt ihren Musikgeschmack, ihre Subkultur auch optisch auslebend und dafür von der Dorfjugend auch regelmäßig Prügel beziehend. Vereint im Leid unter der Intoleranz.
Stichwort Optik. „Der Schwarzanteil ist hier in Mannheim deutlich niedriger als bei meinen sonstigen Depeche-Mode-Lesungen. Ihr seid hier eher ein lustiges Völkchen“, meint Kavka, selbst überzeugter Schwarz-Träger, gleichermaßen belustigt und erstaunt vor rund 130 Zuschauern im Jugendforum im deutschen „Detroit“. So nennt er die Stadt Mannheim mit Blick auf die lokale Musikszene und die Popakademie. „Hier hat sich in Sachen Musik einiges getan. Die Stadt wird ein bisschen unterschätzt im Vergleich zu den üblichen Verdächtigen. Ganz wie Detroit eben“, findet Kavka.
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