Die Prinzen (Foto: Benjamin Fiege)

Live: Die Prinzen in Mannheim – „Eo, Eo“

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Prinzen ihre Jubiläumstour zum 30-jährigen Bestehen erst mit Verspätung antreten konnten. Nun haben sie sie erfolgreich hinter sich gebracht: Am Sonntag feierte die Band das große Finale im Mannheimer Rosengarten – und mit dem Publikum die Reise in eine Zeit, in der irgendwie alles einfacher schien.  

Blühende Landschaften. Das war die Perspektive, die Bundeskanzler Helmut Kohl den Menschen in den neuen Bundesländern anlässlich der Wiedervereinigung aufzeigte. Die Zukunft als Verheißung? Für viele talentierte Ostbands war der Fall der Mauer eher mit einem Karriereknick verbunden, von dem sich die meisten nicht mehr erholen sollten. Abbruch statt Aufbruch. Klar: Silly, die Puhdys, City oder Karat waren noch nach der Wende leidlich erfolgreich, im Großen und Ganzen galt aber: der Sound des Ostens war im Westen kaum gefragt, er wurde vielmehr eher spöttisch belächelt. Die deutsch-deutsche Grenze blieb in der Musik nach 1990 noch lange bestehen. 

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Das muss man wissen, wenn man verstehen will, wie der Erfolg der oft unterschätzten Prinzen einzuordnen ist. Keine andere Ostband verkaufte in den 1990er Jahren so viele Tonträger wie die ehemaligen Thomanerchorknaben.

Nicht cool, aber unterhaltsam

Woran das lag? „Die Prinzen haben irre schnell gelernt, mit dem Kapitalismus umzugehen“, erklärte Produzentin Annette Humpe Mitte der Neunziger dem „Spiegel“, als die Gruppe gerade ihren Zenit erreicht hatte. Die legendäre westdeutsche Hit-Macherin verhalf der Band, die in der DDR 1987 unter dem Namen Herzbuben startete, in den 1990er Jahren zu ihren größten Erfolgen. Sie machte aus den Leipziger Kleinkünstlern gesamtdeutsche Popstars. Die witzigen Texte – mal frech, mal nachdenklich, dann und wann sogar politisch und gesellschaftskritisch, gern aber einfach auch mal albern -,  die eingängigen Melodien, der Satzgesang – diese exotische Kombination funktionierte seinerzeit prächtig, hüben wie drüben, bei Jung und Alt. Die Prinzen galten zwar nie als cool, immer aber als unterhaltsam. 

Dass daraus aber eine mehr als 30 Jahre währende Karriere erwachsen würde, hätten aber wohl selbst die Prinzen selbst nicht vorhergesehen. Klar auch, dass in drei Jahrzehnten jede Menge Songs zusammenkommen. „Wir haben in dieser Zeit mehr als 140 Songs geschrieben. Da wir aber nicht 140, sondern 30 Jahre feiern, mussten wir uns auf dieser Tour also einschränken. Wir mussten uns darauf einigen, was gespielt wird und was nicht“, erklärte Tobias Künzel dem Mannheimer Publikum, um dann augenzwinkernd hinterherzuschieben: „Es gab körperliche Auseinandersetzungen. Wir reden mittlerweile aber wieder miteinander.“

Gut gealtert

Die Song-Auswahl geriet wenig überraschend. Es waren die großen Hits, die die Band auf der Tour kredenzte, und die gab es nun mal eben vor allem in der frühen Phase der Kapelle. Die meisten Songs stammten dabei sogar aus dem Debütalbum „Das Leben ist grausam“ (1991): „Millionär“, „Mann im Mond“, „Gabi und Klaus“, „Wer ist der Typ“, „Ich will dich haben“, „Mein Fahrrad“ – Klassiker. Im Großen und Ganzen sind die Songs textlich ganz gut gealtert, manches (wie der Anti-Rassismus-Song „Bombe“) ist sogar leider immer noch schmerzhaft aktuell. Den größten Jubel gab es natürlich für „Alles nur geklaut“, den Titelsong des gleichnamigen dritten Albums der Kapelle, dicht gefolgt von „Küssen verboten“.   

Quantitativ gut weg kam übrigens auch das aktuelle Album „Krone der Schöpfung“ (2021), aus dem eine Handvoll Songs dargeboten wurde. Der Titelsong dieser zwölften Prinzen-Platte, aber auch „Dumme Ideen“ oder „Dürfen darf man alles“ funktionierten live prächtig und fielen neben den Klassikern nicht negativ auf.  

Die Band gab sich in Mannheim zum Tour-Abschluss viel Mühe, holte noch einmal alles aus sich heraus. Die Outfits wurden gefühlt häufiger gewechselt als bei einem Beyoncé-Konzert. Die Grafiken und Videos, die über die Leinwand flimmerten, gefielen. Stimmlich sind die 30 Jahre an der Band, die immer noch in der Originalbesetzung (Tobias Künzel, Sebastian Krumbiegel, Wolfgang Lenk, Henri Schmidt und Jens Sembdner, dazu kommen Bassist Mathias Dietrich und Drummer Ali Zieme) beisammen ist, mehr oder weniger spurlos vorbeigegangen. Auch wenn Krumbiegel gerne mit dem Alter der Band kokettierte: „Wir sind hier mit vier Trucks auf Tour, in einem ist unser ganzes musikalisches Equipment, in den vier anderen medizinisches Gerät“.

Die Prinzen im Rosengarten. (Foto: Benjamin Fiege)

Feier der eigenen Jugend

Das Publikum war an diesem Sonntagabend denn auch ausgesprochen gut drauf, es wurde viel mitgesungen, auf den Sitzen hielt es die wenigsten. Es war eine Feier der eigenen Jugend, eine Erinnerung an Zeiten, in denen alles einfacher schien, in denen Euphorie und Aufbruch-Stimmung herrschten. Für einen kurzen Moment schien die Welt Anfang der 1990er in Ordnung. 

Am Ende des Konzerts gab es noch drei Zugaben. „Wer ist der Typ“ (bei dem Künzel nochmal richtig glänzen konnte), „Mein Fahrrad“ und „Ich schenk dir die Welt“. Danach: Konfetti. Das Ende der großen Sause. Und die Rückkehr in die krisengeschüttelte Gegenwart, die ein bisschen mehr Prinzen-Optimismus gebrauchen könnte. Eo, Eo.

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