BAP (foto: Fiege)

Live: BAP in Mannheim – Auf Zeitreise

Die Welt hat sich in den vergangenen 40 Jahren weitergedreht. Dass auch nach vier Jahrzehnten aber die beiden Alben „Für usszeschnigge!“ und „Vun drinne noh drusse“ nichts von ihrer Magie verloren haben – das bewies das Konzert der Kölner Band BAP im Mannheimer Rosengarten.

Jens Bahlo hat ein schräges Hobby. Der Chef eines Bochumer Plattenladens besitzt 180 Exemplare des  BAP-Albums „Für usszeschnigge!“ Die Idee, die Platte zu sammeln,  kam ihm nicht etwa, weil er sie besonders schätzt. Er mag sie eigentlich gar nicht. Aber sie begegnet ihm in so gut wie jeder Sammlung, die er beim Plattenankauf unter die Lupe nehmen muss. Und so hat er sich daraus einen Sport gemacht, möglichst viele Exemplare  zusammenzutragen, wie in einer der jüngsten Ausgabe des „MINT“-Magazins nachzulesen war.

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Überraschend ist das stetige Aufploppen der Platte nicht. Immerhin landete sie 1981 auf Platz eins der deutschen Charts. Gemeinsam mit dem Nachfolger „Vun drinne noh drusse“ (1982)  bildet „Für usszeschnigge!“ den Grundstein für den Mythos BAP. Beide Alben  haben sich bis heute über eine Million Mal verkauft. Auf ihnen sind auch die großen Hits „Kristallnaach“ und „Verdamp lang her“ zu finden.

Idee in der Pandemie gewachsen

Die Wurzeln der Entscheidung, die beiden Alben nun in Gänze wieder auf die Bühne zu bringen, reichen in die Pandemie zurück. Corona machte die Tour-Pläne zum „Alles fließt“-Album (2020) zunichte. Auch der 70. Geburtstag von BAP-Chef  Wolfgang Niedecken konnte nicht wie geplant gefeiert werden. „Zum 71., als wir dann endlich spielen konnten, habe ich etwas gemacht, was man eigentlich nicht tun sollte: Ich habe von den 30 Songs, die wir bei BAP bei einem Konzert spielen, zehn neue auf die Setlist gesetzt. Das bestraft das Publikum, denn es will vor allem Sachen hören, die es kennt. Um das zu überbrücken, hab ich viele Songs aus den frühen 1980ern dazwischen gepackt“, sagte Niedecken im RHEINPFALZ-Interview.

Da waren dann also Songs auf der Setlist, die die Band  seit 35 Jahren nicht mehr gespielt hatte. Niedecken: „Da habe ich gemerkt: Es passiert was im Publikum. Die Leute haben teilweise Freudentränen geweint,  waren  fassungslos. Das hat bei mir  im Kopf gearbeitet. Die Idee war dann: Eigentlich müssten wir mal eine Tournee spielen, bei der wir das Material aus dieser Zeit, aus den Alben ,Für usszeschnigge!’ und ,Vun drinne noh drusse’ auf die Bühne bringen.“ Das haben sie denn auch gemacht, vier Auftritte wurden in den Kölner Sartory-Sälen angesetzt. Bei diesen Auftritten ist  das in diesem Jahr erschienene Live-Album „Zeitreise (Live im Sartory)“ entstanden, das jetzt  1:1 auf den deutschen Bühnen aufgeführt wird. Auch in Mannheim.

Kein Song jünger als 40 Jahre

Es ist kein Geheimnis, dass Wolfgang Niedecken  mit Bruce Springsteen befreundet ist. Und wie auch beim Boss sind BAP-Konzerte  längere, aber dennoch kurzweilige Angelegenheiten. Etwas mehr drei Stunden dauerte der Gig im Rosengarten an diesem Sonntag. 31 Songs standen auf der Tagesordnung. Die  21 Lieder aus den beiden Klassiker-Alben wurden ergänzt um Songs aus dem Album „Affjetaut“ und dem  Live-Album „Bess demnähx“. „Kein Song ist hier heute jünger als 40 Jahre“, sagte Niedecken.  Abgesehen vom Bläser-Einsatz ist man dicht an den Album-Versionen geblieben. „Den Fehler, zu ambitioniert umzuarrangieren, hatten wir beim ,Dreimal zehn Jahre’-Livekonzert gemacht. Da habe ich dann im Publikum lauter Fragezeichen in den Gesichtern gesehen. Den Fehler mache ich nicht nochmal“, verriet Niedecken.

Die Zeichen standen also komplett auf Nostalgie. Das Bühnen-Design trug dem entsprechend Rechnung, war von den ikonischen Artworks der beiden Fokus-Platten inspiriert und zeigte zum Beispiel einige der perforierten Figuren aus „Für usszeschnigge“. Ganz hübsch. Davor tobten sich BAP   aus und legten dabei eine so hohe Energie an den Tag, dass es das Publikum schon nach dem zweiten Song („Südstadt, verzäll nix“) aus den Sitzen riss. Ob den Zuschauern wie  in Köln die Freudentränen in den Augen standen, ließ sich ob der Saalbeleuchtung  nicht repräsentativ feststellen. Dass das Publikum eine gute Zeit hatte, war aber offensichtlich. Die Kurpfälzer waren dabei text- und dialektsicher.

Auf Zugabe verzichtet

Natürlich war die Stimmung vor allem beim größten Hit „Verdamp lang her“ am Siedepunkt. Der Reiz des Konzerts lag aber auch darin, vor allem die sonst vernachlässigten Nummern wieder- oder neu zu entdecken. Das gefühlige „Ahn ’ner Leitplank“ etwa, inspiriert von einer Gedenkstätte an einer Unfallstelle, an der Niedecken mal  vorbeikam. Auch das gediegene „Fuhl ahm Strand“ ist so ein Geheimtipp.

Zu den Stammgästen auf BAP-Konzert-Setlisten gehört  „Waschsalon“, ein Song, der auch an diesem Abend hervorragend funktionierte.  Niedecken erzählte hier auch die Entstehungsgeschichte: launig, humorvoll, wie man es von dem charismatischen Frontmann gewohnt ist. Der Mann ist ein fantastischer Storyteller, einer, der im Alter, er ist immerhin schon 73 Jahre alt, an Ausstrahlung  noch gewinnt. Die Stimme ist sowieso noch über jeden Zweifel erhaben. Eine Pause benötigt der kölsche Meister nicht, nicht einmal vor den Zugaben. „Wir verzichten einfach darauf, dass ihr uns herausklatscht, wir spielen unsere 31 Lieder am Stück durch“, kündigte Niedecken zu Beginn an – und hielt Wort.

Nach gut drei Stunden war  dann Schicht im Schacht. Und wenn man dann gesehen hatte, wie der Merch-Stand nach der Show geplündert wurde, wäre man nicht überrascht, wenn die Nachfrage nach dem „Für usszeschnigge!“-Album mal wieder steigt. Es reicht ja erst einmal ein einziges Exemplar im Plattenschrank.

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