Sich fallen lassen. Bedingungslos der Liebe hingeben. Mit Haut und Haaren. Darum geht es in „Water Made Us“, dem neuen Neo-Soul-Album der Chicagoer Musikerin und Dichterin Jamila Woods. Es ist das dritte, das die Gute für das Label Jagjaguwar aufgenommen hat. Und das bisher persönlichste.
Nein, das Thema „Liebe“ stand in den Songs von Jamila Woods bisher nicht in vorderster Reihe. Auf „Heavn“ (2017) ging es um die schwarze feministische Bewegung, auf “Legacy! Legacy!“ war jeder Song afro-amerikanischen Künstlern gewidmet. Nun wird Woods auf „Water Made Us“ persönlicher.
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Nach dem Ende ihrer Tour zu “Legacy! Legacy!“ und der Covid-19-Quarantäne im Jahr 2020 gönnte sich Jamila eine lange Schreib-Phase. Eine Herausforderung dabei: den roten Faden zu finden, der die Songs auf dem Album zusammenbinden sollte. In den ersten Liedern wie “Bugs” und “Thermostat” zeichnete sich dieser dann ab: Liebe, Beziehungen und die harten Lektionen, die sie in diesem Zusammenhang gelernt hatte. Durch Tagebuchführung, Therapie und Konsultationen mit einem Astrologen begann Woods, ihre eigenen Muster in Sachen Liebe und Intimität zu erkennen. „Ich war in der Lage, diese kleinen Dinge über mich selbst zu verstehen und zu sagen: ‚Okay, ich möchte über jedes dieser Gefühle, zu denen ich immer wieder zurückkehre, oder über Muster, die ich bemerke, schreiben und ihnen eine Sprache geben.'“
Die Liebe als roter Faden
In Los Angeles tat sich Woods dann mit dem Produzenten McClenney zusammen. Musikalisch schlagen die beiden auf den 17 Tracks (inklusive Interludes) einen weiten Bogen von autotuned R&B auf „Send A Dove“ über sanften Akustik-Folk-Rock auf dem herzzerreißenden „Wolfsheep“ bis hin zu sprudelndem Dreampop auf der Dance-Hymne „Boomerang“.
Die inhaltliche Idee: Die Tracklist sollte die unterschiedlichen Phasen einer Beziehung abbilden. Die ersten Tage, in denen man Kompromisse eingeht, kokettiert und Spaß hat; das vorsichtige Aushandeln von Momenten des Konflikts oder der Verletzung; die Trauer über etwas Verlorenes; und die zärtliche Erkenntnis am Ende von allem, dass die Person, die gegangen ist, einen nie wirklich verlässt, sondern bei einem bleibt, während man bereit ist, es noch einmal zu versuchen.
Zu den Glanzlichtern gehört dabei der perkussive Track „Tiny Garden“, bei dem Jamila Unterstützung durch Duendita erhält. Nicht die einzige gelungene Kollaboration auf der Platte. Saba etwa ist bei „Practice“ mit von der Partie. Auch das Spoken-Word-Intermezzo „I Miss All My Exes“ bleibt haften, eine feierliche und schmerzhafte Ode an die perfekten Momente, die Jamila mit ihren Liebhaber*innen verbracht hat. Im letzten Stück des Albums, „Headfirst“, scheint Jamila ihre eigenen Unvollkommenheiten mit sanfter Anmut über einem stetigen Groove aus schimmernder Gitarre und pochendem Bass zu akzeptieren.
Hommage an Toni Morrison
Übrigens: Der Titel des Albums ist einer Zeile des Tracks „Good News“ entnommen, in der Jamila mit beruhigender Gewissheit singt: „The good news is water always runs back where it came from/The good news is water made us.“ Die Zeile ist ein subtiler Verweis auf ein Zitat von Toni Morrison aus ihrem Vortrag in der New York Public Library im Jahr 1996. „Wissen Sie, sie haben den Mississippi an einigen Stellen begradigt“, sagt Morrison. „Um Platz für Häuser und bewohnbares Land zu schaffen. Gelegentlich überflutet der Fluss diese Orte. ‘Überschwemmungen’ ist das Wort, das sie benutzen, aber in Wirklichkeit ist es keine Überschwemmung; es ist eine Erinnerung. Der Fluss erinnert sich daran, wo er einmal war.” Jedes Wasser hat ein perfektes Gedächtnis und versucht immer, dorthin zurückzukehren, wo es einmal war. Es ist dieses Gefühl – der Erinnerung, des Ortes und der Rückkehr – das als Pfeiler für den Handlungsbogen des Albums dient.
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