Mit „Real Deal“ haben Honeyglaze nun ihr zweites Album vorgelegt. Darauf klingen die Briten deutlich gereifter als auf ihrem Erstling.
Honeyglaze – hinter diesem klangvollen Namen verbirgt sich ein Trio aus dem Süden Londons, das kurz vor der ersten Lockdown-Welle im Jahr 2020 zusammengefunden hat. Schon wenige Tage nach der ersten Probe hatten die Drei ihren ersten Auftritt, recht schnell stieg dann der Bekanntheitsgrad des aus Sängerin und Gitarristin Anouska Sokolow, dem Bassisten Tim Curtis und Drummer Yuri Shibuichi bestehenden Gespanns. 2022 erschien das erste Album der Kapelle, selbstbetitelt. Auf diesem hatten sich Honeyglaze noch mehr oder weniger ausprobiert.
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Ob sie sich jetzt gefunden haben? Der Album-Name „Real Deal“ deutet zumindest darauf hin, dass die Band mit der nun eingeschlagenen Richtung gut leben kann. Zu Recht. Die Platte sei „das akustische Äquivalent von weißen Knöcheln geballter Fäuste, knirschender Zähne und abgekauter Fingernägeln“, heißt es im Waschzettel der LP. Grund dafür seien eigene Ängste und Kämpfe, aber auch das Verhalten anderer. Auf „Real Deal“ widmen sich Honeyglaze eben diesen Themen, oft mit viel Wucht, aber auch mit ganz zarten Tönen. Es geht dabei um toxische Beziehungen, Lampenfieber, Instant Gratification, Eskapismus und Social Media.
Im Schlafzimmer erarbeitet
Den Grundstein für die neue Platte legten Honeyglaze in der Zeit nach ihrer Tour zum Debütalbum. Anouska hatte mit einer Trennung und einem Umzug zu kämpfen; die Platte wurde nicht in einem Studio, sondern in den vier vertrauten Wänden ihres Schlafzimmers geschrieben. Die Band traf sich jeden Mittwoch, um zu proben und ihr neues Material zu entwickeln, und genoss den Luxus der Zeit, sich in ihre Parts zu vertiefen und ihren Instinkten zu folgen. Das alles ohne Einmischung von außen.
Aufgenommen wurde das Album dann zusammen mit dem Grammy-nominierten Produzenten Claudius Mittendorfer in einem Wohnstudio auf dem Land. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Die elf Songs klingen durchaus gereifter, ja, erwachsener als das, was die Band noch auf ihrem Erstling angeboten hatte. Und sie weisen durch die Bank weg Qualität auf. Wirkliche Ausreißer nach unten gibt es nicht. Bemerkenswert dabei: Ab und an erinnert die Stimme von Anouska schwer an die der leider verstorbenen Cranberries-Frontfrau Dolores O’Riordan.
Man bedient sich bei diversen Spielarten des Rock, es wird mal folkig, mal grungig, mal punkig. Zu den Glanzlichtern gehört das wütende, anklagende „Don’t“, bei dem sich die Band aber Inspiration aus einer überraschenden Quelle geholt hat. Anouska: „Inspiriert von meinem Lieblingssong von Destiny’s Child ,bills, bills, bills‘, wurde ,Don’t‘ nach dem Ende einer besonders schlechten Beziehung geschrieben, und ich hatte diese Wut auf jeden Mann, von dem ich das Gefühl hatte, dass er mir jemals Unrecht getan oder mich schlecht behandelt hatte. Es macht wirklich Spaß, manchmal aggressiv und direkt zu sein, vor allem, wenn es unerwartet ist.“
Sonst geht es zwar die meiste Zeit energetisch (siehe: der Opener „Hope“), aber nicht ganz so wütend zu. Hier und da wird es sogar melancholisch. Etwa in den gefühligen Balladen „Movies“, „Ghost“ und „I Feel It All“. Oder in „Cold Caller“, einem wunderbaren Song über Einsamkeit und Isolation. Das ebenso eingängige wie sarkastische „Pretty Girls“ gefällt ebenfalls.
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