Ungeheuer produktiv: 18 Monate nach ihrem Debütalbum legt das britische Duo ARXX schon den Nachfolger vor. Und trotz der kurzen Zeit ist bei den beiden Musikerinnen schon eine Weiterentwicklung zu beobachten.
Es war ganz schon was los bei ARXX in den vergangenen zwei Jahren. Vor 18 Monaten hauten die beiden Britinnen mit „Ride Or Die“ (2023) ihr Debütalbum raus, durften danach die Vorband für MUNA geben. Fletcher supporteten sie auf einer rein queeren Tour. Eine tolle Erfahrung für Sängerin Hanni Pidduck und Schlagzeugerin Clara Townsend. Und dann gab es ja auch noch ihre Charity-Single „ARXX & Friends“ – zugunsten des trans Kollektivs We Exist, bei dem Hanni und Clara gemeinsame Sache mit Freunden wie Phoebe Green, CLT DRP und Merpire machen konnten.
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Dennoch gab es in den zurückliegenden Monaten nicht nur Sonnenschein. Kurz vor der Fletcher-Tour musste sich Hanni wegen eines Polypen an den Stimmbändern einer Operation unterziehen. Zwei Wochen lang durfte sie nicht sprechen, und der erste Tag, an dem das Singen wieder möglich war, war der Eröffnungstag der Tour vor 2500 Menschen. Während all dem durchlebten sowohl Hanni als auch Clara tiefgreifende persönliche Veränderungen. Hanni outete sich als nicht-binär, und Clara – aufgewachsen in Dubai, wo Homosexualität noch immer illegal ist – begann ihre eigene queere Identität anzunehmen.
ARXX wollen queer joy verbreiten
Ihre ganz persönliche Achterbahnfahrt der Gefühle bildet sich nun in „Good Boy“, dem zweiten Album der Kapelle aus Brighton ab. Die Platte – benannt nach einem „queeren und frechen“ Slogan auf einem T-Shirt, das Hanni mochte – ist in einem kreativen Rausch entstanden, heißt es: schnell geschrieben und zusammen mit ihrem langjährigen Kollaborateur Steve Ansell (Blood Red Shoes) in Brighton produziert, gelenkt durch die Einschränkungen, die Hannis Stimmband-OP ihnen auferlegte.
Der Grundton der Platte: positiv. Optimistisch. ARXX haben es sich zur Mission gemacht, queer Joy zu verbreiten: die Art von Freude, nach der sie sich in ihrer Jugend gesehnt haben. „Dieses Album ist in seiner Natur queer; alles daran ist queer, und man kann dem nicht entkommen“, sagt Hanni. „Die Songs sind sehr persönlich und feiern, was du sein willst, egal auf welche Weise sich das manifestiert – Und das verdammt ehrlich. Wenn du in deinen Dreißigern bist, denkst du, du solltest dich inzwischen kennen. Aber tatsächlich lernst du die ganze Zeit über immer mehr über dich selbst.“
Das sind die Highlights
Zu den Glanzlichtern der Platte gehört zum einen der hymnische, energetische Opener. „Crying In The Carwash“ klingt, als wäre er der eröffnenden Szene eines typischen End-Neunziger/Frühe-Nulle-Jahre-Teenie-Flicks entsprungen. „Good Boy“ lehnt sich ganz ohrenscheinlich an Billie Eilish an. Das melancholische „Dublin“: eine wunderbare Ballade. „Like Hell“: Punk in Perfektion.
Auch das vorab als Single veröffentlichte „Swim“ ist ein Höhepunkt der Platte. Ein Song, den Hanni sozusagen als Brief an ihr jüngeres Ich formuliert hat, wie sie sagt. „Ich habe ihn geschrieben, nachdem ich mich als nicht-binär geoutet habe. Ich wünschte, ich hätte mehr Repräsentation sehen können, als ich jünger war, damit ich früher an den Punkt gelangen konnte, an dem ich mich selbst verstand. Die Welt fühlt sich derzeit nicht gerade wie ein sicherer Ort an, um trans zu sein, und aus diesem Grund ist ein Großteil des Dialogs über Trans-Themen wirklich beängstigend und traurig. Diese Geschichten sind notwendig, aber mit ,Swim‘ wollte ich mir eine Minute Zeit nehmen, um die Freude auszudrücken, die man empfindet, wenn man sich selbst kennenlernt und die Liebe der Gemeinschaft um einen herum spürt. Wir wollten schon immer, dass sich unsere Shows wie ein sicherer Ort anfühlen, an den die Leute kommen und ohne Angst ganz sie selbst sein können. Aber ich wollte sie auch wissen lassen, dass sie das Gleiche für mich tun”, sagt Hanni.
Auch „Trouble“ bleibt haften. Der Song klingt ein bisschen nach Charli XCX. Er erzählt davon, wie etwas Gutes schlecht wird; und wirkt wie ein Bewusstseinsstrom, der all die Gefühle durchläuft, die beim Zerbrechen einer Beziehung aufkommen. „Dieser Song fühlte sich an wie das instinktivste, was wir je geschrieben haben“, sagt die Band. „Die Klangpalette, die wir gewählt haben, soll sehr eindringlich und elementar wirken. Wir wollten, dass der Song die Veränderungen tatsächlich spürbar macht und nicht nur die Geschichte erzählt.“
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