Fünf Jahre nach ihrem letzten Album „Neintology“ legen die Punkrocker von Adam Angst ein neues Album vor. „Twist“ heißt der dritte Streich der Band und versammelt elf Songs, die gnadenlos das deutsche gesellschaftliche Jetzt beschreiben.
Huch, das sind ja ganz neue Klänge bei Adam Angst. Wo kommt denn da plötzlich das Piano bei den Punkrockern her? Nun, in der Pandemie brachte sich Sänger Felix Schönfuss anhand von YouTube-Tutorials das Klavierspielen bei, was dem Sound seiner Band ganz neue Möglichkeiten bietet. Mutig, weil damit natürlich auch klar ist, dass einige Punk-Puristen und Adam-Angst-Fans der ersten Stunde damit wohl endgültig vertrieben werden.
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Musikalisch schlagen Adam Angst auf „Twist“ also einen überraschenden Haken. Das Album beginnt überraschend ruhig. Die Band eröffnet mit „Die Lösung für deine Probleme“ – einer Klavierballade, die sich gegen die AfD und ihre unterkomplexen Lösungen richtet. Der Partei wird sogar mit Hilfe eines großen Orchesters eingeschenkt. Klare Kante. Bei „Unangenehm (feat. Wutgruppe 0)“ nimmt die Band dann grölend Deutschrock-Bands aufs Korn. Die Lyrics sind dabei gewollt stumpf. Es geht um Wir-gegen-die-Mentalität und Heimatliebe. Die Band will mit dieser Onkelz-Persiflage ein Schlaglicht auf ein Genre werfen, das ein Nährboden für rechte beziehungsweise rechtsextreme Gesinnungen biete. Dass so ein Song aber auch schief gehen kann und von den falschen Leuten gekapert werden kann, ist der Band bewusst. In den letzten Sekunden bezieht sie daher nochmal deutlich Stellung.
„Unter meinem Fenster“ ist überraschend poppig. Ein tanzbarer Beat, unverzerrte Gitarren, Schnipsen. Der Inhalt ist größtenteils autobiographisch. Kennt man von Adam Angst so bislang nicht. Sänger Felix Schönfuss ist der Kölner Großstadt seit dem letzten Album entflohen, um sich von „all dem Krach und all dem Lärm“zu erholen. Doch in der vermeintlich ruhigen Vorstadt angekommen sieht er mit unerwarteten Herausforderungen konfrontiert: Bürgermeister-Kandidaten, Vertreter, Postboten, die ihren Job nicht so ganz ernst nehmen, und viele mehr machen jegliche Idylle zunichte. First World Problems, warum nicht.
„Mindset“macht sich über ausbeuterische Selbstoptimierungs-Gurus lustig. Im Dating-App-Song „Eau de Toilette“gibt es eine brachiale Metalcore-Attacke, das luftig-misanthropische „Mord“ erinnert an „First Of The Gang To Die“. „Wir sind zusammen“ kann man als Prequel zum 2015er-Song „Ja Ja, ich weiß“, der allerersten Adam-Single überhaupt, lesen. Dass der Country-Song „Schmerz“ nicht an Aktualität verliert, ist dem Umstand geschuldet, dass Friedrich Merz, um den es hier geht, sich alle paar Wochen verlässlich mit unglaublichen Äußerungen vergaloppiert. Die in „Range Rover“beschriebenen Szenen kennt jeder, der einfach bezahlbar in einer deutschen Stadt leben möchte. Beim düsteren Abschluss „Dass du bleibst“, erneut fast komplett vom Klavier bestimmt, bleibt einem dann plötzlich das Lachen im Halse stecken. Vielleicht das einzige Lied auf „Twist“ ohne doppelten Boden.
Keine Frage: Auf „Twist“ muss man sich einlassen wollen. Adam Angst entscheiden sich dafür, den Hörer herauszufordern, haben keinerlei Angst, Fans der ersten Stunde zu verprellen. Und auch keine Angst vor Ironie, die ja bekanntlich nicht jeder versteht. Das spricht für sowohl für den Mut und die Originalität der Band. Nicht den einfachen Weg zu gehen – das ist schon mal mindestens sympathisch. Und weil die Band auch klare Statements setzt, ist das Album obendrein auch wichtig. Gerade in diesen Zeiten.
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