Unknown Mortal Orchestra - V (foto: Jagjaguwar)

Unknown Mortal Orchestra – V

Erscheinungsdatum
März 17, 2023
Label
Jagjaguwar
Unsere Wertung
7

Irgendwo zwischen den trockenen Autobahnen von Palm Springs, Kalifornien und den üppigen Küsten von Hilo, Hawai’i ist die neue Platte von Unknown Mortal Orchestra entstanden. „V“ heißt es – und das passt, ist es doch das fünfte Album der Band. Darauf schöpft die von dem hawaiianisch-neuseeländischen Künstler Ruban Nielson angeführte Kapelle aus den reichen Traditionen von West Coast AOR, klassischen Hits, schrägem Pop und hawaiianischer Hapa-Haole-Musik.

Die Wurzeln von „V“ reichen vier Jahre zurück. Ins Jahr 2019. Unknown Mortal Orchestra traten damals beim Coachella-Festival auf und Ruban Nielson buchte für sich und die Familie ein Airbnb in Indio, Kalifornien. Zwischen den Auftritten stellte er fest, dass ihn die von Palmen gesäumten Straßen des Wüstenresorts an seine Kindheit erinnerten, in der er mit seinen Geschwistern an den Swimmingpools der Hotels spielte, während seine Eltern als Entertainer in Showbands quer durch den Pazifik und Ostasien auftraten. 

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Ein Jahr später dachte Ruban wieder über Palm Springs nach, als sich die Pandemie am Horizont abzeichnete. Nachdem er sich zunächst zu Hause in Portland einschließen wollte, kaufte er ein Haus in Palm Springs. Nach einem Jahrzehnt auf Tour wusste Ruban, dass er mit gesundheitlichen Problemen und Burnout zu kämpfen hatte. Unter den Palmen hatte er den nötigen Raum zum Nachdenken. Fühlte eine gewisse Dankbarkeit. Und: Das warme, trockene Wetter löste seine lebenslangen Asthma-Probleme, er sang besser als je zuvor, und in seinem Heimstudio begannen neue Lieder aus ihm herauszusprudeln. 

Warum Geschmack gefährlich ist

Als er sein drittes Album “Multi-Love” aufnahm, integrierte Ruban Disco-Elemente in die Lo-Fi-Funk-Rock-Traumlandschaften seiner ersten beiden Platten. Aus einem Punk-Hintergrund kommend, in dem der Ausspruch „Disco sucks“ beiläufig in den Raum geworfen wurde, fand er ein subversives Vergnügen daran, das Konzept umzukehren. Auf “V” kann man so eine Fortsetzung dieses Impulses im trockenen Disco-Funk von “Meshuggah” hören. „Es gibt zwei Arten von Musikgeschmack: konstruiert und instinktiv“, sagt Ruban. „Geschmack als Machtmittel ist meiner Meinung nach gefährlich für die Kunst. Dann gibt es Musik, die dir einen Schauer über den Rücken jagt. Diesen Schauer hat man nicht beabsichtigt. Es passiert einfach.“

In den Anfangstagen der Pandemie war Rubans Bruder Kody aus Neuseeland nach Palm Springs geflogen, um ihm bei den Aufnahmen zu helfen. Als sie über Platten sprachen, die sie so bewegten, dachte Ruban an die 70er-Jahre-AM-Radio-Rock- und 80er-Popsongs, die er als Kind hörte, während seine Eltern als Entertainer arbeiteten. Er wollte seine eigene Version dieser Platten schreiben. So entstanden die beiden Uptempo-Singles „Weekend Run“ und „That Life“, die Unknown Mortal Orchestra 2021 veröffentlichten.

Zwischen Portland und Hawaii

Als einer seiner hawaiianischen Onkel gesundheitliche Probleme bekam, wurde Ruban klar, dass er sich immer stärker mit der drohenden Sterblichkeit konfrontiert sah. Er legte seine Aufnahmen beiseite und half seiner Mutter und einem anderen ihrer Brüder von Neuseeland und Portland nach Hawaii zu ziehen, um bei ihm zu sein. Als sie sich eingelebt hatten, begann Ruban, seine Zeit zwischen Palm Springs und Hilo im Nordosten der großen Insel aufzuteilen. 

Er wusste, dass seine Verbindung zu Palm Springs zum Teil daher rührte, dass es Aspekte seiner Kindheit wachrief. Für Ruban hatte Hawaii eine ähnliche Assoziation. Aber die Insel brachte auch verblasste Erinnerungen an die dunkleren Seiten des Lebensstils seiner Entertainer-Eltern zurück. Auf diesen Reisen hörte er überall diese klassischen AM-Rockplatten, über die er mit Kody gesprochen hatte. Sie waren untrennbar mit den Palmen, den Swimmingpools und dem glamourösen Hedonismus verbunden, die er seit seiner Kindheit verinnerlicht hatte. 

UMO bringen hawaiianische Tradition auf die große Bühne

Auf Hawaii gibt es eine Musikrichtung, die Hapa-haole (Halbweiß) genannt wird. Man kann sie im typischen UMO-Stil in der feuchten, gitarrengeführten Atmosphäre des vorletzten Songs von “V”, „I Killed Captain Cook“, hören. Obwohl die Lieder in traditioneller hawaiianischer Manier präsentiert werden, sind sie größtenteils auf Englisch gesungen. Da Ruban seit dem ersten Album von Unknown Mortal Orchestra von hawaiianischer Musik beeinflusst wurde, sah er einen Platz für sich in dieser Tradition.

Nach einem Wiedersehen mit Kody bei der Hochzeit eines Cousins in Hawaii reisten die Brüder nach Palm Springs. Dort brachten sie mit Unterstützung ihres Vaters Chris Nielson (Saxophon/Flöte) und des langjährigen UMO-Mitglieds Jake Portrait alles, worüber Ruban gegrübelt hatte, in den insgesamt 14 Tracks, aus denen “V” besteht, zusammen.

Die Highlights

Zu den Glanzlichtern der neuen Platte gehören die sommerlich-verspielte Mid-Tempo-Nummer „That Life“, in der die Traumwelt des Protagonisten mit der harschen Realität konfrontiert wird. „Girl in the bathroom, Florida key … Certainties all away … Brother of cocaine, a tequila son-in-law
… End of the world today … How do the clouds get as pink as a peach?“, singt Nielson da. Auch das eingängige „Weekend Run“ (vor allem wegen der herausragenden Melodie) sowie das bereits erwähnte „I Killed Captain Cook“ bleiben haften.

Insgesamt ist die Platte recht entspannt, wie geschaffen dafür, sie unter tropischer Sonne zu hören, während man auf dem Liegestuhl so vor sich hin schwitzt und gedanklich wegdriftet. Ein bisschen kompakter hätte sie aber durchaus sein können.

Anspieltipps
That Life
Weekend Run
I Killed Captain Cook
Nadja
7
Voller Ideen, aber einen Tick zu lang.
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