Suzi Quatro (foto: tina k)

Suzi Quatro über Corona, Gender und warum sie Elvis absagte

Sie gilt als eine der einflussreichsten Rockmusikerinnen aller Zeiten: Suzi Quatro. Vor ihrem Auftritt in Neuleiningen sprach Benjamin Fiege mit ihr über Corona, ihre Vorbildrolle und ob sie es bereut, mal ein Treffen mit Elvis abgelehnt zu haben.

Suzi, die in der Pandemie wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gut durch die Krise gekommen?

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Mir geht es gut, danke. Ich genieße es, endlich wieder auf der Bühne zu stehen. So lange Pausen, keine Auftritte – das gab es in meiner Karriere so bisher nicht. Ich habe aber versucht, auch in den zwei Jahren kreativ zu bleiben, habe unter anderem ein Album aufgenommen und auch an einem Buch gearbeitet.

Sind Sie denn gesund geblieben?

Mich hat es direkt 2020 erwischt. Und ziemlich umgehauen, ich hatte kaum Energie, keinen Appetit, hatte auch meinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren. Aber mittlerweile ist zum Glück alles wieder in Ordnung.

Die Pandemie hat ja auch dafür gesorgt, dass Sie Ihren Mann nicht so häufig sahen. Er lebt in Hamburg, sie in Großbritannien.

Das war tatsächlich das Schwierigste an der ganzen Sache. Als die Grenzen dicht waren, konnten wir uns nicht treffen. Das war wirklich schlimm.

Und wie ging das dann?

Mit Skype – und ganz viel Tränen.

Nicht nur Ihr Mann, auch die deutschen Fans haben Sie sicherlich vermisst. Wie erklären Sie sich, dass sie in Europa und Australien immer erfolgreicher waren als in Ihrem Heimatland, den USA?

Japan, nicht zu vergessen! Es ist ja auch nicht so, dass ich in den USA nicht auch sehr bekannt und erfolgreich wäre. Alleine schon durch meine wiederkehrende Rolle in der TV-Show „Happy Days“. Aber auch durch die Musik. Warum aber manche Märkte heftiger auf einen reagieren als andere, das weiß man oft nicht. Vielleicht hatte es mit meinem Umzug nach England in jungen Jahren zu tun. 

Tränen im Kino

Das Rock-Geschäft war ja immer von Männern dominiert. Fiel es Ihnen da schwer, sich gegenüber Promotern, Kollegen oder der Presse durchzusetzen und von ihnen ernst genommen zu werden?

Ich habe tatsächlich nie über Gender-Themen nachgedacht, sondern einfach immer mein Ding gemacht. Ich wusste lange gar nicht, was jüngere Musikerinnen meinten, wenn sie mir ihre Dankbarkeit ausdrückten, weil ich Ihnen den Weg bereitet hätte. So richtig wurde mir das erst 2019 klar, als ich bei der Premiere meines Dokumentarfilms „Suzi Q“ heimlich im Publikum saß, und sah, wie auf der Leinwand Kolleginnen wie Joan Jett, KT Tunstall oder Debbie Harry von Blondie darüber sprachen, wie sehr ich sie beeinflusst hatte. Da musste ich sogar im Kino weinen, das hat mich so berührt. Vorher hatte ich nie das Gefühl, irgendwelche Türen eintreten zu müssen, weil ich die Türen gar nicht gesehen hatte. Man hat mich damals respektiert, weil ich mein Ding gemacht habe und immer sehr selbstbewusst auftrat. Aber mit dem Gender-Thema hatte ich das vorher nicht in Verbindung gebracht.

Sie sagten mal, sie hätten nie versucht, sexy zu sein. Hat da seinerzeit nicht das Label versucht, sie da irgendwie dazu zu überreden?

Ich war immer das Jeans-und-T-Shirt-Girl. Mein Ziel war es wirklich nie, sexy zu wirken. Mein Produzent Mickie Most hat es damals aber clever gemacht, „Can the Can“ sollte bald rauskommen und mein erster großer Photo-Shoot stand an. Mickie fragte mich, was ich dazu tragen wollte – und ich sagte: Leder! Er fand das erst ziemlich altmodisch, aber ich bestand darauf. Mickie schlug dann einen Jumpsuit vor – und ich dachte nur, dass das ganz schön praktisch wäre, weil ich ja auf der Bühne viel hin und her springe. Erst als dann die Bilder zurückkamen, fiel mir auf, dass das eigentlich ein ziemlich sexy Outfit ist. Mir ging es aber eher um die praktische Komponente – und klar, ich wollte immer wie Elvis sein, der ja bei seinem 1968er Comeback-Special auch so ein Leder-Outfit trug. Ich war immer ein Riesen-Elvis-Fan.

Ein Korb für Elvis

Stichwort Elvis. Der gute Mann wollte sie ja mal unbedingt treffen. Warum haben Sie „Nein“ gesagt?

Damals war gerade mein Cover von „All Shook Up“ auf dem Markt, das Elvis wohl sehr gut gefallen hat. Er ließ mich wissen, dass meine Version nach seiner die beste sei und lud mich zu sich nach Graceland ein. Ich habe damals aber abgelehnt, weil ich mich einfach noch nicht bereit dazu fühlte, ich fühlte mich als Künstlerin nicht auf einem ähnlichen Level. Also habe ich „Nein“ gesagt. Zu einem Treffen kam es dann nie, wenige Jahre später ist er ja gestorben.

Bereuen Sie das heute?

Nein, ich bin überzeugt, dass solche Sachen immer aus einem gewissen Grund passieren. Hätte ich Elvis getroffen, hätte ich wohl nie den Song „Singing With Angels“ über ihn geschrieben, der ja ein sehr großer Erfolg für mich wurde. 

Wo wir es von Absagen haben: Stimmt es, dass sie der Plattenfirma Elektra einst einen Korb gegeben haben, weil diese sie zu einer zweiten Janis Joplin machen wollte?

Ja, ich war damals in einer sehr komfortablen Situation. Vertreter von Elektra, aber auch der Musikproduzent Mickie Most haben mich als Sängerin von The Pleasure Seekers/Cradle erlebt und wollten mich als Solokünstlerin unter Vertrag nehmen. Elektra sagte mir, wir holen dich nach New York und machen eine zweite Janis Joplin aus dir. Mickie Most sagte: Ich hole dich nach England und mache die erste Suzi Quatro aus dir. Und das sagte mir deutlich mehr zu, auch wenn ich Janis sehr schätze.

Sie haben offensichtlich die richtige Entscheidung für sich getroffen. War es schwierig, als junger Mensch mit dem plötzlichen Erfolg umzugehen?

Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen und war da eigentlich immer sehr geerdet. Dafür hat mein Vater auch gesorgt. Wahrscheinlich habe ich mich mal für 24 Stunden besonders wunderbar gefühlt, aber ansonsten habe ich mir nie etwas auf meinen Erfolg eingebildet. Warum auch? Auch andere haben in ihrem Beruf Erfolg, sie werden dadurch vielleicht nur nicht so bekannt. Meine Bekanntheit macht mich aber nicht besser oder schlechter als andere.

In der Doku „Suzi Q“ sagen Sie: Wenn der Erfolg kommt, muss man zu einer bis dahin perfekten, bequemen Existenz „goodbye“ sagen.

Das ist klar. Sobald die Bekanntheit dann mal da ist, ist es dann eben so. Dann ist ein normales Leben nicht mehr möglich, das geht dann einfach nicht mehr. Aber ich bin damit immer gut klargekommen.

Gerade die Siebziger Jahre waren ja wild, vor allem im Showbusiness. Sind Sie froh, dass es damals nicht schon überall Handykameras gab? Kein Social Media?

Man ist ja immer ein Produkt seiner Zeit und lernt, mit den Gegebenheiten umzugehen. Ich hätte mich damals sicher nicht vor dieser Technik verschlossen, ich bin niemand, der Social Media verteufelt.

Könnten Sie sich vorstellen, heutzutage als junger Mensch eine Karriere in der Musik zu starten?

Ich bin ein Mensch, der gerne kreativ ist. Ich könnte mir nicht vorstellen, nicht kreativ zu sein, nicht etwas schaffen zu wollen. Daher würde ich auch heutzutage sicherlich in einem kreativen Beruf arbeiten. Sehr wahrscheinlich in der Musik, aber nicht zwangsläufig. Musik machen würde ich aber auf jeden Fall.

Der Teufel in ihr

Sie sind ja nie zu einem Nostalgie-Act verkommen, sondern haben immer wieder neues Material nachgelegt. Auf dem neuen Album gefällt mir „The Devil in me“ sehr gut, mit der Zeile: „Wenn Dir dein Heiligenschein verrutscht, wird er zur Schlinge“ („When your halo slips, it becomes a noose“). Wann verrutscht Ihnen denn der Heiligenschein, beziehungsweise wann entdecken Sie den Teufel in sich?

Die Textzeile ist gut, oder? Sie stammt eigentlich von meiner Mutter, die hat mir das als Kind immer gesagt. (lacht). Zum Thema Teufel: Ich bin kein boshafter Mensch. Aber ich kann durchaus ein bisschen spitzbübisch sein. Wenn ich Lust und Gelegenheit habe, jemand zu ärgern, dann mache ich das auch gerne mal. Aber nie auf eine bösartige, sondern eher auf eine niedliche Art und Weise, würde ich sagen. 

Ihr neues Album hat super Kritiken bekommen. Spielen Sie am liebsten die neuen Sachen? Oder mögen Sie nach all den Jahren auch ihre alten Hits noch?

Manche Künstler, die so lange im Geschäft sind, haben ja oft irgendwann die Nase voll von ihren erfolgreichsten Songs.Ich verstehe diese Künstler nicht. Ich möchte, dass mein Publikum am Ende des Konzerts zufrieden nach Hause geht. Und daher spiele ich natürlich auch die Songs, die sie hören wollen. Die Hits. Ich kann sie auch noch gut leiden. Dazu gebe ich aber natürlich auch ein paar neue Songs aus den neueren Alben. Eine gute Mischung.

Was steht denn nach der aktuellen Konzertreihe bei Ihnen an?

Oh, ich habe einiges in der Pipeline. Dieses Jahr könnte noch eine EP veröffentlicht werden, außerdem arbeite ich an einem Duett-Album mit KT Tunstall. Und auch sonst bastele ich an neuen Songs. Und an der Veröffentlichung meines sechsten Buchs „Through My Heart“, gleichzeitig mein zweiter Gedichtband. Ich habe also gut zu tun, mir wird nicht langweilig. bfi

Zur Person: Suzi Quatro, Jahrgang 1950, wurde in Detroit (USA) geboren, zog  1971 nach London, nachdem sie von Mickie Most entdeckt wurde. Dort entwickelte sich die Sängerin und Bassistin zu einer der einflussreichsten Rock-Musikerinnen der Siebziger, landete  Hits wie „Can the Can“ oder „If You Can’t Give Me Love“. Auch als Schauspielerin war sie erfolgreich.

Termin: Suzi Quatro tritt am Samstag, 25. Juni, 20 Uhr, beim Burgsommer Neuleiningen auf. Es gibt noch Karten.

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