Zwei Singer-Songwriter aus Großbritannien spielen in Ludwigshafen erstmals zusammen: Reema (Mimi Müller-Westernhagen) und ihr Kollege Jon Kenzie haben im BASF-Gesellschaftshaus ausdrucksstark bewiesen, was für ein großes Potenzial in der „Face to Face“-Reihe steckt. Und spannender hätte der Kontrast kaum sein können – zur Freude des mitgehenden Publikums.
Zwei Musiker, die sich in ihren Karriere nie über den Weg gelaufen sind, für einen Abend zusammenzubringen und gemeinsam auftreten zu lassen: Das ist das spannende Konzept von „Face to Face“. Am Sonntag begegneten sich in der dritten Ausgabe der BASF-Reihe mit Reema (Mimi Müller-Westernhagen) und Jon Kenzie im BASF-Gesellschaftshaus zwei Singer-Songwriter aus Großbritannien.
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Ein bisschen nervös sei sie vorher schon gewesen, erzählte Reema, die Tochter von Marius Müller-Westernhagen, noch im Interview voran. Das merkte man der in Brighton lebenden Musikerin aber dann während der Show kaum an. Auf der Bühne ist die Frau mit der engelsgleichen Stimme in ihrem Element. „Ich hatte immer Schwierigkeiten, mit Menschen zu connecten. Auf der Bühne fiel mir das immer leichter, eine Verbindung aufzubauen. Da gibt es ein Skript, an dem ich mich orientieren kann. Da weiß ich genau, was zu tun ist“, so die Künstlerin, bei der vor noch nicht allzu langer Zeit Autismus diagnostiziert worden war.
Im Oktober in Karlsruhe
Mit ihrer Band „Mimi and the Mad Noise Factory“ hat sie zwischen 2011 und 2014 zwei Alben bei einem Major Label veröffentlicht. Mit der Musik, die sie aktuell unter dem Namen Reema macht, hat das aber wenig zu tun. Als Reema kredenzt sie hochemotionale und poetische Songs, in denen sie auch viel Autobiografisches verarbeitet. Stellvertretend sei da ein Song wie „Stargazing“ genannt, in der Reema an einen lieben, verstorbenen Menschen erinnert.
Ihre Songs kommen mal hoffnungsvoll, optimistisch oder empowernd daher (etwa „Always Enough“, „Kindness Echo“), können aber auch in düstere Täler führen. „Keine Panik, aus diesen kommen wir immer wieder raus“, so Reema schmunzelnd. Der sie begleitende Bass-Klarinettist Stefan Baumann fungierte dabei immer wieder als Übersetzer. Ein sympathischer Auftritt des Duos, der Lust auf ihre Rückkehr in die Region machte: Im Oktober kommen sie mit erweiterter Besetzung nach Karlsruhe. „Wir kommen und bringen fünf Leute mehr mit. Bitte macht das jeweils auch“, so Baumann augenzwinkernd zum rund 50 Köpfe zählenden Publikum.


Publikum als Chor
Der zweite Teil des Abends gehörte dann Jon Kenzie, der bei Reemas Set bei einem Lied als Gitarrist unterstützte. Der Musiker aus Manchester, der sich mittlerweile in Hamburg niedergelassen hat, ist ein ganz anderer Typ als Reema und als solcher ein spannender Kontrast. Eher der Typ Straßenmusiker, eine Rampensau im besten Sinne, der immer wieder versucht, das Publikum zu animieren, einzubinden. Was ihm auch immer wieder gelang. Der junge Mann, der schon Künstler wie The Dead South, Jack Savoretti, Ian Brown oder Saint Paul and The Broken Bones supportet hat und beim legendären Glastonbury-Festival aufgetreten ist, machte aus dem Ludwigshafener Publikum kurzerhand seinen persönlichen Background-Chor.
Magischer Abschluss
Das funktionierte besonders gut beim Song „Winds of Approaching Night“ aus seinem vorletzten Album „From Wanderlust“. Eine großartige Blues-Nummer, bei der die raue Soul-Röhre des Musikers so richtig zur Geltung kommt. Der Mann verfügt über ein kraftvolles Organ, das er aber auch an den richtigen Stellen sehr gefühlvoll einsetzen kann. Großes Kino.
Seine Ansagen: immer wieder witzig. So erzählte er etwa einleitend zu seinem Song „Turn Me On“ (aus seinem neuen Album „Silent Applause“), das dieser einem Kumpel gewidmet sei, der einen Strapsen-Fetisch hat. „Das hat bei ihm zu vielen Problemen in seinen Beziehungen geführt“, plauderte Kenzie aus dem Nähkästchen. Natürlich durften auch Reema und Stefan Baumann nochmal ran – wie geplant. Ungeplant: die Zugabe. Da ließen sich die drei fabelhaften Musiker auf einen Jam ein. Eine gelungene Improvisation, bei der das Motto des Abends, Musiker zusammenzubringen, die vorher nie etwas miteinander zu tun hatten, richtig aufging.
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