Triggerfinger (foto: diego franssens)

Live: Triggerfinger in Karlsruhe

Triggerfinger sind dieses Jahr bei europäischen Festivals allgegenwärtig. Kürzlich spielten sie in London als Vorgruppe der Rolling Stones und bewiesen dabei, dass man mit dem richtigen Gespür für gute Melodien und einer erstklassigen Live-Performance nicht nur auf immer größeren Bühnen, sondern auch in einem Wörterbuch landen kann. Wir haben die Band in Karlsruhe bei „Das Fest“ gesehen. 

Ich stehe gespannt in einer erwartungsfrohen, mittelgroßen Menschenmenge. Spätnachmittags, bei knapp über 30 Grad; auf dem „Fest“ in Karlsruhe. Bei manchen Besuchern herrscht Unsicherheit: „Wer sind Triggerfinger?“ wird gefragt. Weit hinten fängt jemand an, das Intro von „I Follow Rivers“ zu pfeifen – bei der vormals unsicheren Mehrheit fällt nun der Groschen, viele pfeifen mit, pfeifen weiter, während vor uns auf der Bühne schon der Soundcheck vonstatten geht – und alle einen Vorgeschmack auf das bekommen, was uns in Kürze erwarten wird: Rubens facettenreicher Gesang und sein gitarristisches Handwerk, Marios zappelige, aber wohldosierte Energie an den Drums, und Pauls Art, kraftvoll und ruhig zugleich die Basssaiten anzuschlagen. Und es ist genau diese Zusammenstellung, diese Chemie, die zwischen den drei Belgiern herrscht, die später die Besucher in ihren Bann schlagen wird, egal ob sie nun wussten, wer Triggerfinger eigentlich sind, oder nicht.

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Aber noch mal zurück zu „I Follow Rivers“. Durch diesen Song gelang es Triggefinger nicht nur, nach jahrelangem Erfolg im eigenen Land, einem immer größer werdenden Publikum bekannt zu werden, sondern auch ein Eintrag im „Urban Dictionary“ zu landen. Dort nämlich kann nun jeder nachlesen, was „doing a Triggerfinger“ bedeutet, nämlich: Ein Lied zu covern und damit mehr Erfolg zu ernten als das Original. Triggerfinger covern weiterhin gerne (und einfallsreich!), so zum Beispiel „Drive by“ von Neil Young, „Only Girl In The World“ von Rihanna,“ „Mad Man Blues“ (mit The BossHoss) von John Lee Hooker oder „Emily“ von Los Lobos. Mittlerweile zeichnen sich diese Spielereien allerdings nicht mehr „nur“ dadurch aus, dass die ohnehin schon eingängigen Melodien durch neue Dynamik noch mitreißender werden, sondern: Man schätzt den unverkennbaren, kraftvoll-lässigen Triggerfinger-Sound, der einen mitnimmt, ganz weit weg vom Original.

In Karlsruhe betreten Triggerfinger die Bühne. Begleitet von düsteren Bassriffs und scheppernden Percussionsounds. Und während Ruben noch seine Gitarre stimmt, Mario zu seinen Drums turnt und Pauls Bass die ersten Töne wummert, um mit „I’m Coming For You“ die Show zu beginnen, reagiert die Menge vor der Bühne teilweise irritiert. Das passt doch irgendwie nicht zu diesen drei netten Herren: die harten Gitarrenriffs, der Gesang, der zwischen butterweichem Blues und  gitarrenimitierendem Gejammer nichts auslässt, das krachende Schlagzeug und der unerbittliche Bass. Aber genau das ist es, was Triggerfinger ausmachen. Sie sind anders. Selbst – und das ist der Grund, warum ich so gespannt auf den Auftritt war, obwohl ich alle Lieder vor- und rückwärts mitsingen kann – wenn man ihre Lieder kennt, erkennt man trotzdem immer wieder Neues in ihrem Sound.  Kein Song klingt genau wie auf Platte und ihre ganz besondere Art, Musik zu machen, kommt besonders gut live rüber: Es ist eine eigenartige Mischung aus Improvisation und Konzept. Man hat das Gefühl, alle drei Musiker sind absolut frei in dem was sie spielen, andererseits kommen sie immer auf den Punkt, driften nicht übertrieben ab. Bei keinem der zwölf Songs, die sie jetzt spielen. Spätestens nach der Hälfte der Show, bei „All This Dancin‘ Around“, haben sie uns alle in der Tasche, es wird ausgelassen getanzt und mitgesungen, sogar die Security-Männer können kaum noch stillstehen. Und am Ende summen einige Besucher noch die einprägsamen Refrains von „Camaro“ und „Is It“.

So erscheint es im Nachhinein ein wenig wie ein Omen, dass eines der Gläser, die Mario bei „I Follow Rivers“ mittels zwei Messern zum Klingen gebracht hat, auf einmal während der letzten Töne zerbrochen ist. Vielleicht ist für Triggerfinger die Zeit abgelaufen, ihren Fans zu folgen. Jetzt folgen die Fans Triggerfinger.

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