Jan Plewka und Selig in Lorsch.

Live: Selig in Lorsch – Selige Nacht

Sie galten als eine der wichtigsten deutschen Rock-Bands der neunziger Jahre: die Hamburger Formation Selig. Auf dem Höhepunkt des Schaffens war dann plötzlich Schluss. Mittlerweile ziehen die Jungs wieder gemeinsam durch die Lande – am Donnerstag waren sie in Lorsch.

Rudi hat Knochenkrebs, Martin einen Hirntumor. Ihre letzten Tagen wollen die beiden keinesfalls im Krankenhaus verbringen. Und so entscheiden sie sich, aus der „Abnippelstation“, wie sie sie nennen, zu fliehen, um  noch einmal das Leben zu genießen und das Meer zu sehen.  In der Schlussszene des Roadmovies „Knockin’ On Heaven’s Door“ – Achtung, Spoiler! – sitzen Rudi (Jan Josef Liefers) und Martin (Til Schweiger) also am Meer, blicken auf das Wasser, als Martin nochmal an seiner Zigarette zieht und dann tot in den Sand fällt. Rudi bleibt neben ihm sitzen, schaut auf die Brandung, als plötzlich die Musik einsetzt. „Knockin’ On Heaven’s Door“, allerdings nicht etwa von Bob Dylan oder Guns N’ Roses vorgetragen, sondern von einer deutschen Band. Selig. 

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Wahrscheinlich war die Band nie so stark wie in diesem Jahr, 1997. Im Februar kam der „Knockin’ On Heaven’s Door“-Soundtrack raus, im Juli das Album „Blender“, das von vielen als bester Longplayer der Hamburger Kapelle um Singer-Songwriter Jan Plewka gesehen wird. Und 1997 war sie dann auch vor allem eins: Geschichte. Von jetzt auf gleich, von einem Tag auf den anderen, war plötzlich Schluss. „Alles ging zu schnell. Innerhalb von vier Jahren galten wir als so was wie Superstars, wir wurden nach New York geflogen, um eine Platte aufzunehmen. Es gab keine Gelegenheit, sich zu erholen.

Klassischen Rock-’n’ Roll-Streit

Wir haben uns zerstritten“, erzählte Plewka mal in einem Interview mit der „MAZ“. Es sei um den klassischen Rock-’n’ Roll-Streit gegangen, bestätigt Plewka den Interviewer,  um Sex, Suff, Kohle, Ruhm, Drogen. „Dazu kommt dieser klischeehafte Ärger zwischen Gitarrist und Sänger. Das war wie bei Guns N’ Roses. Wir waren alle größenwahnsinnig. Aber umso größer der Erfolg wurde, umso kleiner wurde mein Selbstbewusstsein. Identifikation fand nur noch über das statt, was die Außenwelt in mir sah. Mit der Trennung entschieden wir uns, nicht zum Kunstwerk zu werden, sondern Menschen zu bleiben. Wir krochen zu uns selbst zurück.“

Es ist vielleicht kein Zufall, dass auf dem Konzert in Lorsch kein einziger Song aus diesem turbulenten Jahr 1997 auf der Setlist zu finden ist. Seit 2008 macht die  Band wieder gemeinsam Musik, es erscheinen regelmäßig Alben, bis auf den Keyboarder Malte Neumann (stieg 2014 aus) sind alle Gründungsmitglieder noch am Start. „Wir haben uns ja leider mal getrennt, dieser Song war der Soundtrack dazu“, sagt Plewka und stimmt den Song „Bruderlos“ an. Es ist schon irgendwie voll an diesem Abend im Kloster, zu dem das Musiktheater Rex geladen hat, aber nicht so voll, wie es eigentlich einer Band zustünde, die als einer der wichtigsten deutschen Rockbands der neunziger Jahre galt. Band und Publikum ist es egal, die Atmosphäre ist launig und entspannt, Plewka konstatiert, dass er genauso schon immer mal Urlaub machen wollte.

Auch die neuen Songs funkeln

Im Gepäck haben die Jungs an diesem Abend ihre großen Hits, sieht man eben von denen aus dem Jahr 1997 ab. „Ohne Dich“ entpuppt sich dabei als der wahre Crowd-Pleaser, der große Publikumsliebling, der aber natürlich erst im Zugabenteil ausgepackt wird. Das grunge-rockige „Sie hat geschrien“, ein Hit damals, 1994, gibt dafür schon ganz zu Anfang.  Schön aber zu sehen, dass neben den Klassikern wie „Mädchen auf dem Dach“ auch das neue Material, sprich das Post-Wiedervereinigungsmaterial,  funkelt. „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ und „Myriaden“ bleiben da vor allem hängen. Am Ende: sogar zwei Zugabensets, mit „Regenbogenleicht“ machen die Hamburger einen Strich unter das rund zweistündige Konzert. Eine gelungene, seligmachende Nacht, für Band und Publikum. 

Triumph der Kids

Übrigens: Den Support für Selig bestritten an diesem Abend ein paar Pfälzer Nachwuchsmusiker: Die aus Neun- bis 13-Jährigen bestehende Schülerband De Breaks aus Frankenthal durften in Lorsch den Anheizer geben. Die Gruppe – Paul Kowollik, Tomi Reith, Tom Blanz und Matti Reith – hatte es ja schon mehrfach ins Fernsehen geschafft („The Voice Kids“, „Die Puppenstars“), trat auch beim Rheinland-Pfalz-Tag auf und ist auch für das Wormser „Jazz and Joy“-Festival gebucht. Mit ihrem Mix aus Cover-Songs und auch eigenem Material eroberten die Frankenthaler in Lorsch die Herzen des Publikums – und auch von Selig. Die Band ließ es sich nicht nehmen, den Auftritt der jungen Musiker-Kollegen aus dem Backstage-Bereich heraus mit dem Handy mitzufilmen. Während des Selig-Auftritts später gab es dann auch von Sänger Plewka auch noch mal ein extra Shout-Out: „Habt ihr diese Jungs gesehen?“

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