Schwer zu sagen, ob man sich in eine Stimme verlieben kann. Aber zumindest spürt man all die Symptome, die zum Verliebtsein eben dazu gehören, wenn man Skye Edwards beim Singen lauscht. Nur ein einziges Konzert haben Morcheeba in diesem Jahr in Deutschland gegeben. Wir waren dabei – in der Alten Feuerwache in Mannheim.
Und irgendwann war sie einfach weg, die singende Elfe. Alles aus, vorbei. Morcheeba waren nicht mehr. Beziehungsweise: Sie waren schon, nur halt ohne Skye, um die sich ja eigentlich alles irgendwie drehte bei dem Trio, das sich seinerzeit losmachte, den Trip Hop in den späten neunziger Jahren salonfähig zu machen. Vier Alben schenkten uns Skye sowie Ross und Paul Godfrey zwischen 1996 und 2004, bevor es zum großen Knatsch und dem Split der Band kam. Triste Jahre waren das, die da folgen sollten. Skye, die Sängerin mit der Honig ummantelten Stimme, machte solo weiter, brachte zwei gefällige Alben heraus, flog aber trotzdem irgendwie unter dem Radar des Mainstreams. (Unser Interview mit ihr könnt ihr übrigens hier lesen). Morcheeba machten derweil ohne sie weiter, verschlissen dabei zwei Sängerinnen binnen kürzester Zeit und konnten nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen – auch wenn „Dive Deep“ eine tolle Platte war. Die Tatsache, dass wir der Band in Originalbesetzung heute in Clubs wie der Alten Feuerwache wieder zujubeln dürfen, verdanken wir dem Umstand, dass sich Skye und die Godfrey-Brüder wieder miteinander vertragen haben. Seit 2010 wird wieder gemeinsam musiziert.
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Nun ist das ja immer so eine Sache mit Comebacks, selten sind sie notwendig, oft verschandeln sie das Erbe, das eine Band im Laufe ihres ersten erfolgreichen Runs hinterlassen hat. Glücklicherweise ist das bei Morcheeba aber nicht so. Sicher, den Trip Hop hat die Combo mittlerweile mehr oder weniger hinter sich gelassen und sich mit den Longplayern „Blood Like Lemonade“ (2010) und „Head Up High“ (2013) mehr in Richtung Pop orientiert. Muss man der Band nicht übel nehmen, schließlich war ja auch ihr größter Hit „Rome Wasn’t Build In A Day“ eben genau das: Pop.
Keine Frage, die Nummer war auch der Grund dafür, weshalb die meisten Zuschauer der Band in der Feuerwache überhaupt ihre Aufwartung machten. Sie wurden nicht enttäuscht. Es wurde magisch ab dem Moment, als Skye in ihrem – natürlich selbstgemachten – schwarzen Dress auf die Bühne schwebte. Der Fokus lag nicht so sehr auf den neuen Songs, vielmehr wurde den Fans eine „Greatest Hits“-Show kredenzt, die fast die komplette Diskographie der Band abdeckte. Abzüglich der beiden Alben eben, die seinerzeit ohne Skye erschienen waren. Skyes Stimme wirkte noch: „The Sea“ versetzte einen mitten im unwirtlichen November in Beach-Feeling. Cool auch „Part Of The Process“, dem die Band einen Country-Anstrich verpasste, „Over and Over“, und klar, eben „Rome Wasn’t Built In A Day“.
Nicht am Start war mal wieder Paul Godfrey (der fehlte auch schon bei den letzten Konzerten von Morcheeba in Deutschland, im Frankfurter Gibson 2013 etwa). So konnte sich Bruder Ross etwas mehr an der Gitarre austoben. Überhaupt präsentierte sich die Band in bester Spiellaune, und Skye ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Die Frau ist schlicht in Topform, und hat übrigens mittlerweile selbst Familie mit auf der Bühne: Sohnemann Diego saß an den Drums, ihr Ehemann gibt schon länger den Haus-Bassisten der Band.
Einziger Wehrmutstropfen: das Mannheimer Publikum. Das ging, möglicherweise ob des doch etwas höheren Durchschnittsalters, nun nicht wirklich in die Vollen. Schade, denn die Band hätte ein etwas energiegeladeneres Auditorium verdient gehabt. So fand die Magie an diesem Abend nur auf, und nicht vor der Bühne statt.
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