Alice Merton in Worms. (Foto: Fiege)

Live: Alice Merton in Worms – Mehr als nur ein One-Hit-Wonder

Mehr als eine Milliarde Streams hat die deutsch-britische Künstlerin Alice Merton (29) in ihrer jungen Karriere schon eingesammelt. Zum Star, der auf beiden Seiten des großen Teichs auftritt, wurde sie durch einen Song, der ein Gefühl der Heimatlosigkeit beschreibt. Am Samstag hat Merton bei Jazz & Joy in Worms gespielt.

Es ist natürlich nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet ein Song über Heimat- und Rastlosigkeit zu einem solch großen Erfolg wird, dass seine Schöpferin zwangsläufig wieder zur Pendlerin zwischen den Welten wird und ständig unterwegs ist. „No Roots“, 2016 veröffentlicht, machte Alice Merton über Nacht zum Star.

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In ihrer Debütsingle verarbeitete die damals 23-Jährige ihr Nomadenleben. Geboren in Frankfurt und aufgewachsen im kanadischen Oakville, wohnte sie zwischenzeitlich in den USA und in England. Später zog es sie dann auch noch nach Berlin. Zwölf Umzüge, vier Länder. Immer wieder neu anfangen. Ausgerechnet dann, wenn man sich gerade eingerichtet und einen Freundeskreis aufgebaut hat. Das kann einen schon zermürben.

Auch die USA erobert

Genau dieses Gefühl goss Merton in eine  Upbeat-Synthie-Pop-Nummer, die bei Erscheinen so schwer einzuordnen war, dass die Plattenfirmen erstmal abwinkten. Merton setzte daraufhin auf sich selbst, gründete ein eigenes Label, veröffentlichte den Song, und der Rest ist Geschichte. Die Nummer war nicht nur in Deutschland, sondern auch im Vereinigten Königreich und den USA ein Hit, Merton durfte in der altehrwürdigen BBC und in Jimmy Fallons „The Tonight Show“ auftreten. Ein Kunststück, das nicht viele deutsche Künstler schaffen.

Klar, dass die Nummer in Worms nicht fehlen durfte. Überraschenderweise nicht im Zugabenteil, aber natürlich der gängigen Konzert-Dramaturgie folgend in der Schlussphase des Auftritts platziert. Das Publikum hatte sich auf den Song gefreut, er zog auch die meisten Reaktionen, lieferte sich dabei aber ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem ganz neuen Lied: „Charlie Brown“, erst im Juni veröffentlicht, bekam von den Wormsern ebenfalls viel Liebe.

Der Track, einem Freund der Sängerin gewidmet, der sich selbst ob eines geringen Selbstbewusstseins offenbar oft im Weg steht, ist eine süffige Indie-Pop-Nummer, in der es um Passivität geht: das Leben im Autopilot-Modus.  Der Protagonist ist in einem Alltag gefangen, der keinerlei Abwechslung bietet. Jeder Tag fühlt sich für ihn gleich an, es gibt für ihn eigentlich keinerlei Grund, morgens das Bett geschweige denn das Haus zu verlassen. Die Nummer soll eine Art Weckruf sein, eine Musik gewordene Aufforderung, an seinen Wünschen und Träumen festzuhalten und aktiv am Ball zu bleiben. Merton moderierte ihn ein bisschen zu lange an.

Neues Material in der Pipeline

Es ist übrigens ihr zweiter neuer Track 2023, nachdem sie schon zu Jahresbeginn „Waste My Life“ (das sich ebenfalls auf der  Setlist für Worms befand) veröffentlichte. Ihr erstes neues Material seit dem 2022er-Album „S.I.D.E.S.“, weiteres wird folgen, wie sie  dem Wormser Publikum versprach. Es erschien leidlich zahlreich, es war nicht ganz so viel los wie noch am Vortag bei Max Giesinger. Allerdings hatte es tagsüber stark geregnet, der eine oder andere wurde dadurch vielleicht abgeschreckt.

Schade, denn die Daheimgebliebenen verpassten eine gute Show, die mit rund anderthalb Stunden überschaubar lang geriet, was aber auch nicht weiter überraschend war, schließlich umfasst Mertons Katalog bis dato nur zwei Alben. Es scheint aber ausgemachte Sache zu sein, dass Merton kein One-Hit-Wonder bleiben wird, dafür sprachen einerseits die Reaktionen des Live-Publikums auf das restliche Material, aber auch die Qualität desselbigen.

Die in der Mannheimer Popakademie ausgebildete Merton ist eine talentierte Pop-Songwriterin, die smarte, auch doppelbödige Texte schreibt und diese auch noch mit einer wunderbaren Stimme vorträgt. Die Musik ist abwechslungsreich, ihr merkt man die verschiedenen Einflüsse an. Dem Magazin „Musikexpress“ verriet sie, dass sie durch The Killers, Regina Spektor, Queen, The Alan Parsons Project und die Beatles musikalisch sozialisiert wurde. Dennoch hat Alice Merton schon so einen speziellen, wiedererkennbaren Stil, der sich wie ein roter Faden durch ihre Songs zieht.

Am Ende wurden noch T-Shirts verteilt. Luftschlangen schossen in den Himmel. Nach „Why so Serious“ und der Zugabe „The Other Side“ machte Merton den Deckel drauf. Der Schlusspunkt einer energiegeladenen Show, die gezeigt hat: Mit Merton ist weiter zu rechnen.

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