Ein Album wie ein Befreiungsschlag: Mit ihrem vierten Album „No Shame“ feiert UK-Popstar Lily Allen ein furioses Comeback.
Ja, sie hat einiges durchgemacht, die gute Lily. Mitte der Nuller Jahre geht die Karriere der jungen Frau aus Hammersmith (London) zunächst durch die Decke: Background-Sängerin bei Robbie Williams‘ Album „Rudebox“, Megaerfolg mit ihrer Debütsingle „Smile“, zwei mehr als gut gehende Alben. Doch dann plötzlich: Reißleine. 2009 zeigt Allen der Musikindustrie überraschend die Mittelfinger, gibt zu Protokoll, die Schnauze voll vom Biz, vom Geldverdienen mit Musik zu haben und zieht sich ins Privatleben zurück. Und auch da läuft es leider nicht rosig. Im Januar 2008 hat sie eine Fehlgeburt, zwei Jahre später eine Totgeburt. Kurz darauf: eine lebensgefährliche Blutvergiftung, schwere Depressionen. Erst 2011, durch die Heirat mit Sam Cooper und der Geburt ihrer beiden Töchter (2011 und 2013) kehrt für kurze Zeit das Licht wieder ins Leben der guten Miss Allen zurück, die daraufhin das Album „Sheezus“ (2014) veröffentlicht.
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Danach gehen die Probleme aber wieder von vorne los. Identitätskrise, Unzufriedenheit mit dem Musik-Biz, mit den Plattenbossen, die ihr Material aufzwingen wollen, das ihr nicht zusagt. Scheidung. Wieder verschwindet Allen von der Bildfläche – um jetzt, vier Jahre später, mit einem neuen Longplayer wieder aufzutauchen, der persönlicher kaum sein könnte. In 14 Songs erzählt die Londonerin von ihren ganz persönlichen Krisen und Problemen. Manche real, manche vielleicht nur eingebildet. „I’m a bad mother, I’m a bad wife, you saw it on the socials and you’ve read it online.“ Allen geht schonungslos mit sich ins Gericht, klingt dabei nicht so sarkastisch wie früher, sondern direkter, ehrlicher.
„Family Man“ überrascht
Musikalisch bewegt sich das Album, bei dem ihr unter anderem Mark Ronson und Fryars zur Hand ging und das mit Gastauftritten von Lady Chann, Giggs und Burna Boy aufwartet, vor allem in Electro-Pop-Gefilden. Hier und da unternimmt es aber Ausflüge in Richtung Dancehall und Reggae. Besonders stark: die Single „Lost My Mind“, in der sich Allen mit ihren Depressionen auseinandersetzt. Das ebenfalls sehr reflexive „Trigger Bang“ und die im Kontext des Albums doch überraschende Piano-Ballade „Family Man“ überzeugen ebenfalls.
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