Der Hype um „The Monkey“ war schon im Vorfeld riesengroß. Mehr als 100 Millionen Mal wurde der Trailer zu dem Horrorfilm seit seiner Veröffentlichung im Januar abgerufen. Den hohen Erwartungen wird diese Stephen-King-Verfilmung durchaus gerecht. Auch weil sie mit der literarischen Vorlage kaum noch etwas zu tun hat.
Die beiden ohne Vater aufgewachsenen Zwillinge Bill und Hal (Christian Convery spielt die beiden in ihren jungen Versionen, später hat Theo James die Doppelrolle inne) haben ein schwieriges Verhältnis. Immer wieder macht Bill seinem kleinen, eher nerdigen Bruder das Leben schwer und demütigt ihn. Eines Tages entdecken die beiden auf dem Dachboden einen seltsamen Spielzeugaffen, versteckt in einer alten, angestaubten Schachtel. Als sie den Schlüssel im Rücken des Affen umdrehen und dieser sein Trömmelchen spielt, stirbt wenig später die Babysitterin der beiden auf grausame Art und Weise. Hatte der Affe irgendetwas damit zu tun? Die Vermutung liegt zumindest nahe. Zumal es weitere skurrile Todesfälle gibt, immer dann, wenn der Affe gerade aufgezogen wurde.
anzeige
Als Hal mal wieder von Bill gedemütigt wird, dreht er den Schlüssel erneut um, diesmal verbunden mit dem Wunsch, sein Bruder möge das Zeitliche segnen. Statt des Bruders erwischt es aber die Mutter (Tatiana Maslany). Nun herrscht Gewissheit: Der Affe tötet, Wünsche oder Befehle nimmt er dabei aber nicht entgegen. Er entscheidet selbst, wer über die Wupper geht, ohne Sinn, ohne Zweck, ohne Ziel. Die beiden Brüder beschließen, den Affen auf dem Grund eines Brunnens verschwinden zu lassen. Lange Jahre ist Ruhe – bis der Affe plötzlich wieder auftaucht …
King-Verfilmungen haben Konjunktur
Kino- und TV-Adaptionen von Stephen-King-Geschichten hatten in den vergangenen Jahren Hochkonjunktur. Seit den beiden „Es“-Neuverfilmungen (2017/2019) sind sage und schreibe 16 Kinofilme und acht Serien entstanden. Weitere Projekte sind in Planung, teils bereits offiziell angekündigt. Auf der Suche nach Filmstoff werden dabei aber nicht nur die großen King-Romane herangezogen, sondern auch die Kurzgeschichten des Horror-Altmeisters abgegrast.
The Monkey“ fußt auf der gleichnamigen Kurzgeschichte, die King 1985 in „Skeleton Crew“ (deutscher Titel: Der Fornit) veröffentlichte. Eine unheimliche Erzählung über Verlust, das Unterbewusstsein und Schuldgefühle. Und über einen vom Bösen besessenen, verfluchten Spielzeug-Affen mit Glasaugen, struppigem Fell und einem unheimlichen Grinsen.
Fans des überaus erfolgreichen Horror-Thrillers „Longlegs“ (2024) waren aus dem Häuschen, dass dessen Regisseur Oz Perkins, Sohn des legendären Anthony Perkins, sich der Verfilmung von „The Monkey“ annehmen würde. Der New Yorker Filmemacher, der hier auch das Drehbuch schrieb, hat sich dabei aber so einige Freiheiten herausgenommen. So hat er die Tonalität verändert und aus der klassischen Horror-Geschichte eine Dark Comedy gemacht, sprich: komische, fast Slapstick-hafte Elemente eingebaut, die so in der Original-Geschichte nicht vorhanden waren. Die Gore-Elemente sind dabei geradezu cartoonhaft inszeniert. Da werden Menschen im Restaurant versehentlich vom Messer schwingenden Koch enthauptet, von Surfbrettern an einen Baum gespießt oder von Pferde-Herden zertrampelt.
Der Geist von Peter Jackson
Die makabere Mischung aus Gewalt und Comic erinnert stilistisch an die Horrorkomödien Peter Jacksons aus dessen Vor-„Herr der Ringe“-Zeit (am Rande: Frodo-Darsteller Elijah Wood ist in „The Monkey“ in einer Nebenrolle zu sehen).
Lob des GroßmeistersUnd dann hat auch der Plot nicht mehr viel mit dem gemein, was sich Stephen King dereinst ausgedacht hat. Sicher, der Affe und eine große Zahl an Figuren wurden übernommen, die große, kain-und-abel-hafte Bruder-Fehde, die den Film bestimmt, kommt im Buch gar nicht vor. Das alles macht aber nichts, tatsächlich wird Kings Geschichte hier auch notwendigerweise aufgepeppt, hätte ihr Plot für eine Verfilmung in Ermangelung an Twists und Turns doch eher nicht getragen.
Perkins und sein Trauma
In Perkins’ Händen wird die Geschichte, so komödiantisch sie zuweilen daherkommt, zu einer Geschichte über die willkürliche Brutalität des Lebens, in dem der Tod plötzlich kommen kann, aus dem Nichts, und dabei unheimlich ungerecht ist. Der eine oder andere sieht darin eine Verarbeitung der Anschläge des 11. Septembers, bei denen Perkins’ Mutter Berry Berenson ums Leben kam. Sie saß an Bord des American-Airline-Flugs 11; die Passagiermaschine wurde damals von Terroristen in den Nordturm des World Trade Centers gesteuert.
„The Monkey“ also als beißend sarkastischer Kommentar auf das eigene Jugend-Trauma? Ironische Distanz zur Grausamkeit des Universums als Bewältigunsmechanismus? Möglich, vielleicht aber auch ein bisschen zu viel Küchenpsychologie.
Von Stephen King gab es für die Verfilmung, trotz der vielen Umbauten in der Handlung, übrigens einen Daumen nach oben. Keine Selbstverständlichkeit, hatte sich der Autor doch in der Vergangenheit nicht immer zufrieden mit den Leinwand-Adaptionen seiner Werke gezeigt. Legendär etwa ist seine Abneigung gegenüber Stanley Kubricks Version von „The Shining“, die von vielen Kritikern als Meisterwerk gefeiert wurde. King selbst hasste den Film. V or allem, weil Hauptdarsteller Jack Nicholson den Protagonisten von Beginn an wahnsinnig anlegte und das Thema Alkoholmissbrauch, das King auch persönlich umtrieb, bei ihm und Kubrick stark in den Hintergrund rückte. Für „The Monkey“ aber: Lob vom Horror-Großmeister. „So etwas wie ,The Monkey’ habt ihr noch nie gesehen. Er ist total verrückt (batshit insane). Als jemand, der selbst ab und zu in diese totale Verrücktheit absteigt, sage ich das mit Bewunderung“, schrieb King auf der Plattform „Threads“.
anzeige