Ob Bushido, Helene Fischer, Lena oder Mark Forster: Sie alle haben schon die Dienste des Songwriters Nico Santos in Anspruch genommen. Der schreibt aber mittlerweile nicht mehr nur Hits für andere, sondern landet auch selbst welche. Viele davon wird man bei seinem Auftritt in Kirchheimbolanden im August live erleben können. Benjamin Fiege sprach mit ihm vorab über Vaterfreuden, sein Songwriting und den Umgang mit Kritik.
Nico, Sie haben sich zuletzt eine kleine Auszeit genommen. Der Grund war aber ein erfreulicher …
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Ja, ganz genau. Ich rede zwar nicht so gern über Privates, aber: Ich habe Nachwuchs bekommen, daher habe ich meine Tour erst auf Oktober verschoben.
Wie verändert denn die neue Rolle als Vater die Perspektive auf die eigene Karriere?
Musik ist ja nicht nur Arbeit, sondern auch ein Hobby, das ich habe seit ich denken kann. Das wird auch niemals aufhören. Ich freue mich, dass viel ansteht, dass da wieder eine Zeit folgt, in der ich viel die Band und die Crew sehen kann und viele Musikerkollegen.
Wird dann die Taktung eine andere sein? Ist man als frischgebackener Papa dann vielleicht nicht mehr so lange am Stück unterwegs?
Ich glaube, ich bin ein bisschen wählerischer jetzt, was meine Termine angeht. Und: Das Zeitmanagement ist wichtiger geworden.
Waren Sie denn ein guter Zeitmanager bisher?
Gar nicht. (lacht)
Auszeit für Songwriting genutzt
Sie haben die Auszeit auch musikalisch genutzt und Songs geschrieben.
Ja, es kommt daher jetzt viel Neues, darauf freue ich mich. Mein Song-Ordner hatte sich zuletzt prall gefüllt und irgendwann denkt man sich: Mann, das muss jetzt endlich raus. Ich bin froh, dass es jetzt bald soweit ist.
Sie werden nun auch auf Deutsch singen. Das ist neu …
Als Songwriter für Rapper habe ich damals ja schon viele Songs auf Deutsch geschrieben. Jetzt war es einfach so, dass ich für mich selbst auch ein paar Ideen für deutschsprachige Songs hatte. Da war keine Strategie dahinter, eher das Motto: Was passiert, passiert.
Fällt es Ihnen leichter, auf Deutsch oder Englisch zu schreiben?
Auf Englisch, ehrlich gesagt. Ich bin ja nicht in Deutschland aufgewachsen, daher ist es auf Deutsch für mich schwieriger, die richtigen Worte zu finden.
Familie übt Kritik
Tocotronic sagten ja mal, über Liebe und Sex kann man auf Deutsch eigentlich gar nicht singen …
Es geht, es geht. Aber man muss sich schon sehr anstrengen. Das ist nicht so einfach. An dem Chorus eines deutschsprachigen Songs habe ich mal sieben Tage lang gesessen.
Ihre Frau hört die Songs dann in der Regel zuerst?
Tatsächlich die Familie. Ich vertraue ihr da sehr.
Weil sie scharfe Kritiker sind?
Ganz genau. Mein Papa und meine Mama waren ja selbst auch Musiker. Die sehen das dann nicht so aus der Eltern-Perspektive, sondern als Zuhörer. Es macht schon Spaß, ihre Kritik zu hören.
Können Sie denn gut mit Kritik umgehen?
Doch ja, Gott sei Dank. Das liegt auch an meinem Vater, der mich wirklich immer kritisch, aber vor allem konstruktiv begleitet hat.
Und wie sieht es aus mit Kritik, die von außen kommt? Halten Sie die dann eher von sich fern?
Da kommt mir meine Vergesslichkeit zugute. Ich vergesse das einfach alles sehr schnell, daher kommt das nicht so nah an mich ran. Klar, wie das mit der Psyche dann so ist: Man sieht 100 gute Kommentare und einen schlechten und der bleibt am ehesten hängen. Aber ich bin da glücklich, dass mein Kopf ist wie er ist und ich das schnell vergesse.
Sie singen nicht nur selbst, sondern schreiben auch für andere Künstler. Wie schwierig ist es, einen guten Song aus der Hand zu geben?
Es kommt darauf an. Meist weiß man im Vorfeld, für wen man etwas schreibt und trifft da vorher entsprechende Abmachungen. Wenn ich mich dann an die Arbeit macht, male ich mir gar nicht erst aus, den Song selbst zu singen. Aber manchmal denke ich mir schon: Och, das ist jetzt eine geile Melodie geworden, die hätte ich selbst auch gut gebrauchen können. Das passiert, natürlich.
Große Bandbreite an Partnern
Und dann behalten Sie ihn doch und geben dann den aus der Schublade weiter?
Nee (lacht). Meistens schreibe ich ja dann doch mit dem Künstler zusammen. Da kann ich dann leider nicht sagen: Du, nimm mal lieber den …
Die Bandbreite der Künstler, die Sie da buchen, ist groß und reicht von Helene Fischer bis Bushido. Wie passt das zusammen?
Da muss der Spaß am Musikmachen überhand haben. Man muss frei sein, sich denken: Was würde ich gerne von dem Künstler hören? Bei Rappern wie Bushido sind es ja dann auch eher nicht die Texte, die ich mache, sondern die Beats und Melodien. Da geht es eher um die richtige Stimmung, darum, wie ein Song klingen soll.
Im HipHop geht es ja auch immer um Credibility: Glaubwürdigkeit. Haben die Rapper nicht ein Problem damit, wenn da einer kommt, der auch für Helene Fischer schreibt?
Lustigerweise ist das bei mir nie so das Thema gewesen. Weil bei mir schon immer die Musik im Vordergrund steht und nicht das Genre. Jetzt erleben wir sowieso eine Zeit, in der sich die Genres mehr und mehr vermischen. Das tut der Musik generell gut, dass die Leute nicht mehr diese Berührungsängste haben.
Werden Songwriter im Mainstream-Pop in Zukunft denn noch gebraucht? Oder übernimmt das absehbar ChatGPT?
Das ist ein Thema, auch in den Gesprächen im Studio. Ki macht im Grunde genau das Gegenteil von dem, was es soll: Eigentlich soll sie doch dabei helfen, dass man mehr Zeit hat, kreativ zu sein. Sie soll uns eigentlich nicht die kreative Arbeit abnehmen. Ich finde es schon erschreckend, wenn man sieht, dass da jetzt Songs viral gehen, für die niemand etwas geschrieben und noch nicht mal jemand etwas eingesungen hat. Das ist schon crazy.
Schon mit ChatGPT gearbeitet
Sie selbst haben ja schon für ein Video mit ChatGPT gearbeitet. Wie war da die Erfahrung?
Das hat natürlich weniger Spaß gemacht. Normalerweise reist man mit Leuten für ein Video umher, das fiel weg. Wir hatten ChatGPT als Regisseur genutzt. Und da haben wir schon gemerkt, dass das nicht so wahnsinnig innovativ war, weil ChatGPT halt nur auf Sachen zurückgreift, die es schon gibt. Es erfindet ja nichts neu. Wir haben gemerkt: Es macht einfach mehr Spaß, sich im Team kreativ den Kopf zu zerbrechen. Daher war dieser Versuch mit ChatGPT der erste und der letzte.
Ganz ohne KI, sondern live und in Farbe kommen Sie jetzt am 24. August nach Kirchheimbolanden. Gemeinsam mit Michael Schulte. Was können die Zuschauer erwarten?
Sie können sich auf eine feurige, fulminante Show freuen. Wir haben in den vergangenen Monaten fleißig geprobt, um den Zuschauern die beste Show geben zu können. Die Leute in Rheinland-Pfalz können sich also freuen.
Performt ihr dann zusammen oder hat jeder sein Set?
Jeder hat sein Set. Abe r ich bin ein großer Michael-Schule-Fan und werde da auf jeden Fall vorbeischauen. Ich bin sowieso immer gern in der Gegend, das wird auf jeden Fall toll. Sommer-Shows haben eh immer diesen speziellen Vibe …
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