Eigentlich kennt man Steve Marion aka Delicate Steve ja vor allem als reinen Instrumental-Musiker. Ob sich das mit seiner neuen Platte „Delicate Steve Sings“ nun ändert? Wir haben reingehört. Spoiler: Nein.
Hinter dem Künstlernamen Delicate Steve verbirgt sich der Musiker Steve Marion aus dem US-Bundesstaat New Jersey, der auch eine Band gleichen Namens anführt. Seit 2011 veröffentlicht der Gute in schöner Regelmäßigkeit eigene Platten, zunächst auf dem Label Luaka Bop, seit 2017 auf ANTI-. Marion ist gefragt. Der Gitarrist arbeitete schon mit Künstlern wie Miley Cyrus und Paul Simon zusammen, trat gemeinsam mit Bands wie Amen Dunes oder den Black Keys auf. Und von Kanye West wurde er schon gesampelt.
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Mit „Delicate Steve Sings“ haut der Gute nun sein siebtes Album raus. Als Inspiration diente dabei kein Geringerer als Country-Legende Willie Nelson. Das kam so: Während einer nächtlichen Reise nach Griechenland überblickte Marion das Meer, begleitet von den Klängen von Willie Nelsons Pop-Standard-Album „Stardust“. Plötzlich: ein Heureka-Moment. Auf seinem neuen Album würde Delicate Steve versuchen, ikonische Stimmen durch seine Gitarre zu kanalisieren und so Standards auf seine ganz eigene Art und Weise zu interpretieren. Die Gitarre als Sänger sozusagen. Als Geschichtenerzähler. Das war der Plan.
Sanfte Ehrfurcht
Bei den Aufnahmen standen ihm Jonathan Rado am Bass, Kosta Galanopolous am Schlagzeug, Renata Zeiguer an den Streichern und Co-Autor Elliot Bergman zur Seite. Gemeinsam gingen sie mit einer sanften Ehrfurcht ans Werk, wie es in den Label-Infos zum Album heißt.
Am Ende sind es nicht alles Standards geworden, ein paar Eigenkompositionen hat Delicate Steve doch auf die Platte gepackt. Diese sind tatsächlich auch die Glanzlichter der Platte. Etwa die Nummer „I’ll Be There“, für die sich Delicate Steve von Bill Withers, bekannt für Hits wie „Lean On Me“ und „Ain’t No Sunshine“, inspirieren ließ. Marions Gitarrenspiel ist hier ungeheuer emotional, die Streicher von Zeiguer fügen dem Stück eine gewisse Erhabenheit hinzu. Bei „Easy For You“ stand derweil ohrenscheinlich Elvis Pate. „Cherry“ könnte unterdessen auch von Al Green sein. Spannend.
Zu wenig Risiko
Von den Coverversionen gefällt vor allem „Baby“, im Ursprung von Donnie & Joe Emerson. Eine Nummer aus dem Jahr 1979, 2012 – nach einem Cover durch Ariel Pink – von Light In The Attic Records wiederveröffentlicht und zum Underground-Hit geworden.
Auch an den Beatles-Klassiker „Yesterday“ wagt sich Delicate Steve. Viel Neues lässt sich dieser Version nicht abgewinnen, sie verkommt eher zum Easy-Listening-Hintergrund-Gedudel. Stört nicht, tut nicht weh, zieht aber auch nicht die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich. Insgesamt ein Problem, das hier vor allem die Cover-Tracks haben. Marion geht bei diesen einfach zu wenig Risiko. Und raubt ihnen manchmal gar die Seele, wie etwa bei Otis Reddings „These Arms Of Mine“.
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