Eurythmics (foto: lewis ziolek)

Annie Lennox

Auch wenn man Annie Lennox vor allem mit den achtziger und neunziger Jahren verbindet, die Musik, die die Schottin als Teil der Eurythmics oder später auch solo aufnahm, hat die Zeit überdauert. Und so darf man die Gute getrost als Legende bezeichnen. 

Die künstlerisch ambitionierte Kellnerin, die von der großen Karriere träumt – eigentlich ein Hollywood-Klischee. Im Falle von Annie Lennox aber Realität. Die junge Annie – geboren am 24. Dezember 1954 – hat große Pläne, als sie 1971, mit gerade mal 17 Jahren, ihr Elternhaus im schottischen Aberdeen verlässt, um sich an der Royal Academy of Music in London ausbilden zu lassen. An der renommierten Einrichtung, an der sie klassische Musik studiert, hält es sie aber nur drei Jahre. Sie hat die Nase voll vom akademischen Umfeld, es zieht sie raus in die Wirklichkeit. Und so tingelt sie mit mehreren Bands durch die Pubs der Stadt, gründet mit Joy Dey ein (nur wenige Monate währendes) Kabarett-Duo, und verdient sich ihre täglichen Brötchen durch kleinere Jobs. Unter anderem eben als Kellnerin in einem Health-Food-Restaurant. In diesem läuft ihr 1976 Dave Stewart über den Weg, ein junger aufstrebender Musiker aus dem englischen Sunderland. Der ist zwar zunächst ein schwieriger Gast, schindet aber doch Eindruck bei der guten Annie – und wird zu ihrem Lover. Er ist es auch, der das Talent der jungen Schottin entdeckt, mit ihr ein paar Songs schreibt und auf die Bühne bringt. Zunächst nennen sich die beiden The Catch, schließlich The Tourists – und haben damit nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in Europa und Australien leidlich Erfolg. Unter dem Tourists-Banner erscheinen drei Alben, zum größten Hit der Band avanciert das Dusty-Springfield-Cover „I Only Want To Be With You“.

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1979 findet die Liebesbeziehung von Lennox und Stewart schließlich ein Ende – nicht aber ihre berufliche. Die beiden beschließen noch im selben Jahr ein Duo zu gründen: Eurythmics. Das Debütalbum „The Garden“, in Köln produziert, erscheint 1981. Wahnsinnig erfolgreich ist es nicht – und dennoch der Startschuss zu einer extrem erfolgreichen Dekade für das Synthie-Pop-Gespann. Denn Lennox und Stewart lassen sich von dem Flop nicht unterkriegen, bleiben unbeirrt am Ball und veröffentlichen zwei Jahre später mit „Sweet Dreams“ ihr zweites Album. Die Platte wird ein Riesenerfolg, was natürlich vor allem dem Titeltrack und seinem cleveren Video (ein noch relativ neues Medium, das die Eurythmics für sich zu nutzen wissen) zu verdanken ist. Im UK erreicht die Single Platz zwei der Charts, in den USA sogar die Spitze. Vom einen Moment auf den anderen waren Eurythmics in aller Munde – und Annie Lennox von jetzt auf gleich eine Pop-Ikone, die auf den Titelblättern der großen Pop-Zeitschriften prangte.

Auch das dritte Album „Touch“, das das Duo 1983 schnell nachlegt, schlägt ein, und entwickelt sich sogar zum ersten UK-Nummer-eins-Album für die Band. Auf der Platte befinden sich mit „Here Comes The Rain Again“, „Right By Your Side“ und „Who’s That Girl?“ gleich drei große Hits.

Nicht nur beruflich läuft es in jener Zeit rund für die gute Annie, sondern auch privat. 1984 heiratet sie Radha Raman, einen Hare-Krishna-Mönch, und zieht mit ihm kurz darauf in die Schweiz (Spoiler: Die Ehe sollte nur ein knappes Jahr halten).

Im selben Jahr gibt es Wirbel um das Soundtrack-Album „1984 (For The Love Of Big Brother)“, das die Band für Michael Radfords filmische George-Orwell-Adaption aufnahm. Der Regisseur hat aber offenbar so gar keinen Bock auf die Band und beschwert sich öffentlich darüber, dass der orchestrale Score des Films, der von Dominic Muldowney erdacht und produziert wurde,  durch den Eurythmics-Score ersetzt wurde. Und auch die Eurythmics geben zu Protokoll, dass man ihnen gegenüber seitens der Film-Produzenten nicht mit offenen Karten gespielt habe. Von der Kritik wird das Album wenig überraschend denn auch zerrissen. Immerhin: Die Nummer „Sexcrime“ wird im UK, in Australien und Europa zu einem Top-5-Erfolg.

Große Geschütze fahren die Eurythmics schließlich für ihr Album „Be Yourself“ auf, das 1985 erscheint und etwas härter daherkommt. Mit Michael Kamen, Stevie Wonder und Elvis Costello tragen namhafte Gäste zum Gelingen bei, die große Aretha Franklin lässt sich sogar auf ein Duett mit Lennox ein: Die Nummer „Sisters Are Doin‘ It For Themselves“ wird nicht nur ein großer Hit, sondern avanciert auch zu einer feministischen Hymne. Überaus erfolgreich werden auch die Singles „Would I Lie To Yo?“, „There Must Be An Angel (Playing With My Heart“) und „It’s Alright (Baby’s Coming Back)“.

Gegen Ende der achtziger Jahre driften Annie Lennox und Dave Stewart jedoch mehr und mehr auseinander. Das Album „Revenge“ (1986) performt noch ziemlich stark, „Revenge“ (1987) nicht so ganz. In den USA nimmt man von letzterem kaum noch Notiz. Dave Stewart beginnt, mehr und mehr für andere Künstler zu produzieren und zu schreiben, bei Lennox rücken private Ziele in den Vordergrund. Und so zieht die Gute nach dem erfolgreichen Album „We Too Are One“ 1990 den Schlussstrich unter die Band und legt eine Babypause ein. Lennox hatte nach „Revenge“ den israelischen Filmemacher Uri Fruchtman kennengelernt, der auch eine Doku über die Eurythmics drehte. Nach der Heirat erleidet die Sängerin zunächst eine Totgeburt, 1990 ist sie aber erneut schwanger und wird glückliche Mutter einer Tochter.

Als Lennox aus der Baby-Pause zurückkehrt, tut sie das solo. Schon Ende der achtziger Jahre hatte sie sich hier und da mal ohne Stewart an ihrer Seite versucht, etwa 1988, als sie mit Al Green „Put A Little Love In Your Heart“ für den Soundtrack von Bill Murrays „Die Geister, die ich rief“ aufnahm, ein Jackie DeShannon-Cover.

Jetzt will Lennox der Welt aber zeigen, dass sie es auch ohne Stewart kann, will mit eigenem Material überzeugen. 1992 veröffentlicht sie ihr Debütalbum „Diva„, das sich weltweit rund sechs Millionen Mal verkauft. Mit Singles wie “Why”, “Walking On Broken Glass” und “Little Bird” zeigt die Schottin, dass sie nicht nur eine grandiose Sängerin ist, sondern dass in ihr auch eine tolle Songwriterin steckt.

Drei Jahre vergehen, ehe Lennox, mittlerweile zweifache Mutter, 1995 ihr zweites Solo-Album „Medusa“ veröffentlicht. Darauf findet sich aber überraschenderweise kein eigenes Material, sondern ausschließlich Cover von Songs, die der guten Annie viel bedeuten. Nahm ihr der eine oder andere Kritiker durchaus krumm, die Fans taten das allerdings nicht. Das Album verkauft sich rund fünf Millionen Mal, mit “No More I Love You’s” weist die Platte auch einen Riesenhit und Lennox-Signature-Tune auf.

1998 lässt sich Lennox zu einem Gig mit ihrem alten Eurythmics-Partner Dave Stewart in London überreden. Der macht offenbar so viel Spaß, dass es zu einem Kurzzeit-Comeback kommt. 1999 erscheint das Album „Peace“, die Band tourt über drei Kontinente und landet mit „I Saved The World Today“ auch einen Hit. Die Gewinne spenden die beiden unter anderem an Greenpeace und Amnesty International.

Danach legt Lennox wieder eine Pause ein, aus der sie sich 2003 mit ihrem Solo-Album „Bare“ zurückmeldet, das sich zwei Millionen Mal verkauft. Kurz darauf gibt sie das Scheitern ihrer Ehe mit Fruchtman bekannt.

Das im Oktober 2007 veröffentlichte Lennox-Solo-Album „Songs Of Mass Destruction“ wird von der Kritik wieder gefeiert. Für Aufsehen sorgt die Nummer „Sing“, auf der Lennox 23 weibliche Superstars versammelt, um auf die HIV/AIDS-Epidemie, vor allem in Südafrika, aufmerksam zu machen. Lennox setzt sich seit Jahren im Kampf gegen die Krankheit ein, inspiriert von Nelson Mandela, der die Epidemie seinerzeit mit einem Genozid verglich.

2009 ist Annie in einem Duett mit David Gray zu hören: Der Song „Full Steam“ findet sich auf dessen Album „Draw The Line“. Mit Aretha Franklin tritt sie bei der Rock and Roll Hall of Fame-Gala auf.

2010 verlässt Lennox nach 30 Jahren ihr Label RCA und unterschreibt bei Universal Music. Für Universal nimmt sie zunächst das folkig angehauchte Weihnachtsalbum “A Christmas Cornucopia” (2010) auf, 2014 lässt sie wieder ein Cover-Album – „Nostalgia“ – folgen, auf dem sie sich diesmal Jazz-Standards widmet.

 

DISCOGRAPHY

1992: Diva

1995: Medusa

2003: Bare

2007: Songs Of Mass Destruction

2010: A Christmas Cornucopia

2014: Nostalgia

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