Roger Eno - The Skies They Shift Like Chords (foto: Deutsche Grammophon)

Roger Eno – The Skies, They Shift Like Chords

Erscheinungsdatum
Oktober 13, 2023
Label
Deutsche Grammophon
Unsere Wertung
8

Die meisten seiner Stücke seien Momentaufnahmen, sagt Roger Eno. Zwölf dieser Momentaufnahmen hat Eno nun zu einem neuen Album zusammengefasst. „The Skies, They Shift Like Chords“, Enos zweites Solomachwerk für Deutsche Grammophon, ist dabei ein musikalischer Weg durch Klang und Stille, der zum Innehalten und Reflektieren einlädt.

East Angelia ist eine Region im Osten Englands, die sich zwischen der Themse, des Wellands und des Great Ouse erstreckt. Die Gegend ist geprägt von kleinen, hübschen Dörfern, in die es die Menschen aus der Großstadt, gerade aus London, gerne zum Seelebaumeln lassen zieht. Für Roger Eno ist dieser Flecken Erde aber mehr als ein Urlaubsort. East Angelia ist seine Heimat. Und „The Skies, They Shift Like Chords“ ist eine Verbeugung vor dieser Heimat. Die Stücke sind von dieser Landschaft inspiriert. Von den kleinen Städten, den mittelalterlichen Kirchen, den Weizenfeldern, Wiesen, Flüssen, dem weiten Himmel. Und auch von den dortigen Dichtern und Künstlern, der Norwich School des frühen 19. Jahrhunderts etwa. Die Melancholie, die in den Songs anklingt, ist sehr wohl Mahnung, denn die Artenvielfalt der Region ist durch intensive Landwirtschaft und den Klimawandel bedroht.

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„Im Grunde geht es um Vergänglichkeit“, sagt Eno über die neue Aufnahme, deren Momente der Stille von großer Bedeutung sind, damit die Musik atmen kann, während der Hörer erkundet, was er fühlt und was ihm in den Sinn kommt. „Es gibt viele Lücken und Pausen, überall auf dem Album, und die sind Teil des Ganzen. Endet ein Stück, ist man noch ,da‘. In der Musik. Setzt das nächste Stück im falschen Moment ein, klirrt es in dem einen oder sogar in beiden. Das Komponieren ist nur ein Aspekt des Prozesses – diese anderen, strukturellen Details sind überaus wichtig.“

Klavier und Streicher dominieren

Musikalisch knüpft „The Skies, they shift like Chorus“ dabei an den Sound von „The Turning Year“ an. Klavier und Streicher dominieren. Dazu kommen noch E-Gitarre, Klarinette, Bassklarinette, Vibrafon, Flötenorgel und Electronica.

Die meisten Stücke sind aus Improvisationen entstanden. Die musikalischen „Momentaufnahmen“, von denen Eno spricht. „Sie sind am besten festzuhalten, indem man aufs Detail verzichtet“, sagt er.

Der Opener „Chordal Drift“ ist eine Abfolge satter Streicher-Akkorde, der dabei ohne Melodie auskommt. „Tidescape“ verdankt seinen Namen einem Gedicht von Mary Markwell aus dem Jahr 1976. Eno erzählt, dass er zufällig in einer Anthologie der Suffolk Poetry Society darauf gestoßen war, einer bezaubernden Gedichtsammlung, wie er sagt: „Der Name gefiel mir, weil darin mitschwingt, wie die Gezeiten eine sich wandelnde, einzigartige Landschaft schaffen.“

Als »Tidescape« Gestalt annahm, bat er Jon Goddard, einen befreundeten Gitarristen, einen hohen Gitarren-Drone über die existierenden Flötenorgeltöne zu legen. „Jons Arbeit machte Raum für zwei weitere Elemente im Stück, die wunderbare Klarinette und die Bassklarinette, die wie akustischer Samt klingen. Das Stück wurde dadurch offen und vielleicht war es genau das, was meinen DG-Produzenten Christian Badzura auf den durchaus gewagten Gedanken brachte, eine verfremdete Gitarre zu ergänzen. Ich genoss es sehr, wie sich das Stück wie von selbst entwickelte, wie ein Fluss, der sich seinen Weg zum Meer bahnt.“

Vorsicht vor Fahrstuhlmusik

„Arms Open Wide“ kehrt derweil zur Einfachheit von Enos Soloklavierstücken zurück. Gleichwohl wird der Track trotz einer sanften, intimen Atmosphäre von einem Gefühl der Stärke getragen. „Es muss immer etwas Starkes und durch und durch Schönes darin sein, sonst gerät man auf das gefährliche Terrain der Fahrstuhlmusik“, so Eno.

Zu den anderen ausdrucksstarken Titeln des Albums zählen „Japanese Rain Garden“, „That Which Is Hidden“, „Mind the Gap“, „Illusion“, „Above And Below (Crepuscular)“ und „Through The Blue (Crepuscular)“. „Ich gebe den Stücken immer erst einen Namen, nachdem ich sie komponiert habe“, sagt Roger Eno. „Ich suche nach einem passenden poetischen Titel, damit sie Gefühle, Empfindungen und Gedanken auslösen, während die Musik spielt.“

Das einzige vokale Stück des Albums, „Strangely, I dreamt“, wurde von Roger Enos ältester Tochter, der Sängerin und bildenden Künstlerin Cecily Eno, mitverfasst. Sie ist es auch, die den Vokalpart übernimmt. Ein wunderbarer Kontrast zum Rest der Platte. Der Text stammt übrigens aus einem Gedicht von einem Freund Enos. Cecily hat ihn angepasst, sodass er „The Skies, They Shift Like Chords“ enthält, eine Einladung, über das Wesen der Vergänglichkeit nachzudenken.

Alles in allem: eine wunderbare Liebeserklärung Roger Enos an seine Heimat.

Anspieltipps
Chordal Drift
Tidescape
Strangely, I Dreamt
Arms Open Wide
8
Gelungene Hommage an Enos Heimat.
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