Die Rockoper „Tommy“ wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Grund genug für Sänger Roger Daltrey, das legendäre Konzeptalbum von The Who mit einer orchestralen Version zu würdigen. „Tommy Orchestral“ ist soeben via Polydor/Universal Music erschienen.
„Tommy“ gilt als einer der Höhepunkte im Schaffen der britischen Rock-Ikonen. Es erzählt die traurige Geschichte von Tommy Walker. Der Junge wird taub, stumm und blind, nachdem er bezeugt, wie sein gerade aus dem Krieg heimgekehrter Vater den Lover seiner Mutter tötet. Nicht das einzige schreckliche Erlebnis, das er im Verlauf der Handlung haben wird. Und so zieht sich der Gute zunächst in seine ganz eigene Welt zurück, aus der ihm das Spielen an Flipperautomaten heraushilft. Als Tommy geheilt scheint, entwickelt er eine geradezu messianische Anziehungskraft …
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Die Platte war damals äußerst erfolgreich. Seit der Live-Premiere im Mai 1969 in Ronnie Scott’s Jazz Club in Soho, London, gab es viele verschiedene Bühnenversionen von „Tommy“. Es wurde komplett beim „Woodstock“-Festival und beim „Isle Of Wight“-Festival aufgeführt. 1970 war es Basis für ein Ballett in Kanada und 1971 gab es eine vollständige Opernaufführung in Seattle. 1972 wurde eine Orchesterversion mit dem Londoner Symphonie Orchester aufgenommen. Dabei: Künstler wie Stevie Winwood, Rod Stewart, Richie Havens, Pete Sellers und Ringo Starr. 1975 folgte noch die Filmversion von Ken Russel mit Elton John, Eric Clapton, Tina Turner, Ann-Margret, Oliver Reed, Jack Nicholson und Roger Daltrey.
Danach performte die Band den Klassiker nicht mehr bis 1989 in Los Angeles, als die Gaststars Phil Collins, Billy Idol, Elton John und Patti Labelle Teil der Show waren. 1993 startete die Musical Version am Broadway und gewann fünf „Tony“-Awards. Später wechselte es ins The West End und erhielt dort drei Olivier-Awards.
Daltrey testete im Sommer 2018 die Nachfrage
Im Sommer 2018 tourte der nimmermüde Roger Daltrey nun mit seiner Band durch die Vereinigten Staaten und präsentierte „Tommy“ mit einem amerikanischen Symphonie Orchester. Das lief so gut, dass sich Daltrey entschloss, die Platte mit einem Orchester nochmal neu einzuspielen.
Daltrey holte sich für „Tommy Orchestral“ den berühmten Komponisten und Arrangeur David Campbell mit ins Boot sowie die Produzenten Roger und Keith Levenson, die bereits an der Tour-Version des „Tommy“-Musicals arbeiteten. Zur Band zählten Simon Townshend (Vocals / Guitar), Frank Simes (Guitar), Scott Devours (Drums), Jon Button (Bass) und Loren Gold (Keyboards). Alle spielten bereits zuvor live mit The Who.
Aufgenommen wurde das Album in Budapest und in Bethel, dem Ort des ersten Woodstock-Festivals vor 50 Jahren. Keith Levenson dirigierte das The Budapest Scoring Orchester nach der neuen Orchestrierung von David Campbell.
Würdiger Umgang mit dem Erbe
Und was soll man sagen: Daltrey geht auf „Tommy Orchestral“ würdig mit dem eigenen Erbe um. Auch stimmlich ist der Gute hier voll auf der Höhe. Besonders gelungen: die neue Version von „Pinball Wizard“, bei der die Gitarren-Parts durch Streicher ersetzt wurden.
Daltrey über die Anziehungskraft von „Tommy“ nach 50 Jahren – und warum es mit Orchester besser klingt: „Die Musik von Pete (Townshend) eignet sich besonders für die Verschönerung von Sounds, die ein Orchester der Band hinzufügen kann. ´Tommy´ kann bedeuten, was immer man will. Ich benutze die Figuren darin als Teile des menschlichen Zustands. Es ist also eine Art Geschichte des menschlichen Geistes. Und obwohl es 50 Jahre später ist, gehe ich so vor, als würde ich es zum ersten Mal singen.“
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