Es ist eine Liebeserklärung an die Clubkultur der Hauptstadt: In „Places: Vergangene Orte der Berliner Club- und Subkultur“ berichten Illustratorin Tine Fetz und Daniel Schneider, Mitarbeiter beim Archiv der Jugendkulturen, von einem Berlin, das verschwindet. Weil die Club- und Subkultur von Verdrängung betroffen ist.
Clubs sind mehr als einfach nur Lokalitäten, in denen sich Menschen am Wochenende die Nächte bei wummernder Musik um die Ohren schlagen. Sie sind echte Kulturstätten. Kulturräume, in denen Kultur nicht nur konsumiert wird, sondern auch entsteht. Weil Menschen hier die Chance haben, ihre Persönlichkeiten frei zu entfalten, auf Gleichgesinnte treffen. Viele Bewegungen, viele Moden, viele Musikstile haben in den Clubs dieser Welt ihren Ursprung. Man denke etwa an die New Romantics oder die Techno-Szene.
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Berlin ist dabei für Nachteulen schon immer ein Sehnsuchtsort gewesen. Die Stadt war und ist schon immer ein Hotspot aller möglichen Kulturen, aller möglichen Subkulturen, gewesen, die dort ihre (Frei-)Räume gefunden haben. Legendär sind etwa die Treffpunkte des Punk- und New-Wave-Untergrunds der 1980er Jahre oder die Techno-Clubs aus den 1990ern. Diese Locations, in denen entweder Parties gefeiert oder Konzerte gegeben wurden, erzählen dabei auch immer etwas über den Kontext der Zeit.
Kein verklärter Blick auf die Clubkultur
Tine Fetz und Daniel Schneider haben diesen Orten bereits mehrere Kalender und nun also auch ein Buch gewidmet. Es gehe den beiden aber nicht darum, einen verklärten Blick auf die Clubs zu werfen, erzählten die beiden neulich in einem Interview mit www.tip-berlin.de. „Es war ja nicht immer alles toll. Clubs sind nicht frei von Sexismus und Rassismus und können für manche gefährliche Orte sein, was damals aber kaum reflektiert wurde. Da sind wir heute teilweise schon weiter mit Awareness-Teams bei Partys und offiziellen Policys die ,No Racism‘, ,No Homophobia‘ und so weiter beinhalten. Also es geht eher darum, die Geschichten der Orte zu erzählen und zu verstehen, warum wir heute dort sind, wo wir sind. Und natürlich geht’s auch darum, Zeichnungen von Tine von bestimmten Orten zu sehen“, so Schneider in dem Gespräch über verschwundene Techno-Clubs der 1990er und 2000er Jahre.
Auch Fetz sagt in dem Interview, dass das Buch nicht als Nostalgieprodukt gedacht sei: „Ich fand schon immer, dass Subkultur das Interessanteste an dieser Stadt war und auch heute noch ist. In Berlin gibt es ja eigentlich, plakativ gesagt, eben wenig außer dunkle Geschichte und Subkultur. Und ich glaube, dass sich die Subkultur in Berlin irgendwie einen Weg bahnt und alles irgendwie weiter geht, auch wenn es schwieriger wird.“
Nostalgie hin oder her: 60 „Places“ hat Fetz nun also in Illustrationen verewigt, die passenden Geschichten dazu hat Daniel Schneider aufgeschrieben – sowohl in Deutsch als auch auf Englisch. Der geneigte Leser erfährt also viel Wissenswertes über berühmte Diskotheken, geheime Treffpunkte der DDR-Opposition oder subkulturelle Abenteuerspielplätze verschiedenster Couleur. Absolut lesenswert.
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