Mit „self-titled“ veröffentlicht Marcus Mumford sein erstes Solo-Album überhaupt. Dabei überrascht der Frontmann von Mumford & Sons mit einer inhaltlichen Tiefe und schwierigen Themen.
Die Gerüchte, dass Marcus Mumford ein Solo-Album herausbringen würde, gab es ja schon länger. Es lief ja zuletzt auch nicht mehr so bei den britischen Folk-Rockern Mumford & Sons. Das bis dato jüngste Album „Delta“ war nicht das gelbe vom Ei, und in der Pandemie verließ dann auch noch Gitarrist Winston Marshall die Kapelle, nachdem er sich mit Querdenkern gemein gemacht hatte. Zu allem Überfluss hatte Marcus Mumford dann auch noch monatelang eine Schreibblockade.
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Die überwand Mumford, indem er sich im Winter 2021 in das Studio seiner Farm in England zurückzog. Innerhalb weniger Stunden entstand dort „Cannibal“ – eine intime Reflexion über den sexuellen Missbrauch, den er im Alter von sechs Jahren erfahren und das Trauma, das er seitdem mit sich herumschleppen musste. Ein Track, der wirklich unter die Haut geht. Damit ebnete „Cannibal“ – logischerweise als Opener gewählt – den Weg für „(self-titled)“, das Mumford dabei half, die Jahre der Verleugnung zu überwinden, sich in Richtung Genesung zu bewegen und mit seinem ersten Solo-Album ein sehr persönliches, kraftvolles Porträt von Heilung, Vergebung und dem Losreißen von Scham zusammenzustellen. „Grace“ etwa handelt davon, wie Mumford seiner Mutter von dem Missbrauch erzählt.
Dennoch war „(self-titled)“ kein Alleingang. Produziert wurde es von Blake Mills. Außerdem holte sich Mumford Kollegen wie Brandi Carlile, Phoebe Bridgers, Clairo, Monica Martin und Julia Michaels dazu. Entsprechend bezeichnet Mumford sein neues Album wenig überraschend als „das am stärksten kollaborative Werk, das er je geschaffen hat“ – zeitgleich ist es das persönlichste. So ist es hier vor allem der Inhalt, der aufhorchen lässt, diese schmerzhafte Authentizität. Musikalisch bietet Mumford hingegen eher wenig Innovatives, Überraschendes. Dennoch: eine intensive und dadurch überaus hörenswerte Angelegenheit.
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